Einst drohten und schimpften die Bayern gegen Österreich

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Reaktionen auf Vignetten-Einführung 1997.

Wien/München. Der bayrische Verkehrsminister Otto Wiesheu hatte kein Verständnis. Als „Wegelagerei“ bezeichnete er im März 1996 die in Österreich geplante Einführung einer Autobahnvignette.

Die Aufregung der deutschen Nachbarn war groß, als die österreichische Regierung beschloss, ab 1. Jänner 1997 für Fahrten auf heimischen Autobahnen Gebühren einzuheben. Die Tatsache, dass die Maut im Gegensatz zu den aktuellen deutschen Pläne nicht nur für Ausländer, sondern auch für Inländer gelten sollte, minderte den Ärger nicht. Von einer „Einschränkung der Reisefreiheit“ sprach der bayrische Tourismusverband. Der deutsche Verkehrsminister Matthias Wissmann ortete trotz der generellen Einführung eine Diskriminierung von EU-Bürgern und drohte damit, die EU-Kommission einzuschalten. Begründet wurde das damit, dass österreichische Autofahrer in Deutschland keine Autobahnmaut zu entrichten hätten.

Die CSU schoss besonders scharf gegen die Mautpläne. „Österreich überspannt den Bogen“, ärgerte sich Bayerns Verkehrsminister Wiesheu. Er kritisierte den „Alleingang“ Österreichs, der den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ verletze. Der damalige CSU-Generalsekretär, Bernd Protzner, sah die Freizügigkeit in Europa gefährdet und forderte den umgehenden Verzicht auf die Vignette.

Infolge der letztlich nicht verhinderten Einführung der Autobahnmaut in Österreich forderten CSU-Politiker in den Jahren darauf eine Einführung von ähnlichen Straßenbenutzungsgebühren in Deutschland. Sie setzten sich aber bisher nicht durch. Vor allem die Schwesterpartei CDU sträubte sich lange gegen solche Pläne. Auch die rot-grüne Koalition (1998–2005) setzte sie nicht um. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2013)

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