Schwarz, weiß und hundert

Am 21. Dezember 1913 beginnt der Siegeszug eines Gitters: In einer Weihnachtsbeilage der „New York World“ wird das erste Kreuzworträtsel abgedruckt.

Ein Raubtier mit vier Buchstaben? Ein Fluss, der sich durch Russland schlängelt? Und wie nennt sich das, was man an Küsten findet – und ebenfalls aus nur vier Lettern besteht? Diese und weitere Fragen begegneten den Lesern der Weihnachtsbeilage der „New York World“ am 21. Dezember 1913. Dazu geliefert wurde ein Gitter in Diamantform, wobei an manchen Ecken Zahlen angeführt waren. Und ein Wort stand da: „Fun“.

Auf die Idee, nach Wörtern zu fragen und diese in Kästchen einzutragen, war Arthur Wynne gekommen. Der damals 51-Jährige leitete die Abteilung „tricks and jokes“ des US-Blattes. Seine Hauptaufgabe bestand darin, jeden Sonntag die Beilage der Zeitung mit Rätseln zu füllen. Denn die Bürger, so die Theorie, hätten am Sonntag viel Zeit, seien daheim und brauchten Beschäftigung.

Spinnt man die These weiter, steigert sich die ungenützte Zeit an Feiertagen, weshalb Wynne sich daranmachte, ein Rätsel zu erarbeiten, das seine Lösungswilligen möglichst lange in den Bann zog. Fündig wurde er in seinen Kindheitserinnerungen, hatte er als Junge doch mit seinem Großvater des Öfteren Wörterraten gespielt. Das Ergebnis dieser Überlegungen: ein Rätsel mit 31 Suchbegriffen, die in senkrechte und waagrechte Zeilen eingefügt werden. Schnittstellen bilden gemeinsame Buchstaben.
Auch ein Name war bald gefunden: „Word-Cross Puzzle“, Wortkreuzrätsel. Erst einige Wochenendausgaben später (aufgrund begeisterter Leserbriefe und steigender Leserzahlen wurde das Gitter zu einem fixen Beilagenbestandteil) sollte es seinen noch heute gebrauchten Namen erhalten: „Cross-Word Puzzle“, Kreuzworträtsel – begründet in einem Tippfehler beim Einrichten der Rätselseite. Das Wortgitter wurde bald von anderen amerikanischen Zeitungen kopiert, jenseits des Atlantiks blieb man zunächst kühl. So schrieb die „Times“: „Fünf Millionen Stunden gehen dem amerikanischen Volk für eine sinnlose, läppische Sache verloren.“
Doch der Sturm der Entrüstung konnte die Welle an Neugierde nicht aufhalten: Im Februar 1920 druckte das britische „Pearson's Magazine“ ein entsprechendes Puzzle ab. Am 5. März 1925 wurde das erste deutsche Kreuzworträtsel gedruckt, in der „Schweizer Illustrierten Zeitung“. Das Ergebnis waren nummerierte Kästchen, in denen die Lösungen einzutragen waren. So sollte die Antwort, wie ein altes Schriftzeichen („Rune“) genannt werden, etwa in den Feldern 47, 56, 65 und 74 zum Stehen kommen.

Einige Jahre später warteten die Schweden mit einer richtungsweisenden Idee auf: Anstatt der Zahlen wurden die Fragen in Kästchen geschrieben, wonach ein Pfeil angebracht wurde, der in jene Richtung zeigte, in die das Wort geschrieben werden sollte.
Selbst vor Rekorden blieb das rätselhafte Kind Wynnes Jahre nach seiner Geburt nicht verschont: So tüftelte Charles Cilard vier Jahre lang, um schließlich 1985 das bisher größte Kreuzworträtsel der Welt zu veröffentlichen. Die Eckdaten: eine Länge von 870 Metern, eine Breite von 30 Zentimetern und eine Kästchenzahl von 2.610.000.
Unumstritten ist bis heute die große Beliebtheit, der sich das Kreuzworträtsel erfreut. An seinen Wurzeln wird dennoch gezweifelt. So wird in Italien etwa darauf gepocht, dass der dort beheimatete Rätselmacher Giuseppe Airoldi schon 20 Jahre vor Wynne das erste Kreuzworträtsel entworfen habe. Sein Gitter war allerdings keine Raute, sondern ein Quadrat, bestehend aus vier mal vier weißen Kästchen, in die entsprechende Begriffe eingetragen wurden. Konkret handelte es sich dabei um die Wörter Ripa, Oder, Sera, Amen (waagrecht) sowie Rosa, Idem, Pere und Aran (senkrecht). Gedruckt wurde es am 14. September 1890 im Mailänder Magazin „Il Secolo Illustrato della Domenica“. Einspruch gegen Wynnes Erfolgskurs konnte der Italiener aber nicht einlegen, denn Airoldi starb acht Tage vor dessen Publikation in der „New York World“.

Das erste Rätsel zum Lösen:

2–3 What bargain hunters enjoy.
4–5 A written acknowledgement.
6–7 Such and nothing more.
10–11 A bird.
14–15 Opposed to less.
18–19 What this puzzle is.
22–23 An animal of prey.
26–27 The close of a day.
28–29 To elude.
30–31 The plural of is.
8–9 To cultivate.
12–13 A bar of wood or iron.
16–17 What artists learn to do.
20–21 Fastened.
24–25 Found on the seashore.
10–18 The fibre of the gomuti palm.
6–22 What we all should be.
4–26 A day dream.
2–11 A talon.
19–28 A pigeon.
F–7 Part of your head.
23–30 A river in Russia.
1–32 To govern.
33–34 An aromatic plant.
N–8 A fist.
24–31 To agree with.
3–12 Part of a ship.
20–29 One.
5–27 Exchanging.
9–25 Sunk in mud.
13–21 A boy.

Rätsel
RätselPresse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.