Druck auf Spindelegger steigt: Wirtschaftsrevolte wegen Steuern

Michael Spindelegger
Michael Spindelegger(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Verschärfung bei Gewinnfreibetrag und Unternehmensgründung löst Protest aus. Mitterlehner stößt mit Überlegung für eine Einstellungspflicht für Junge auf Widerstand.

Wien. Für Michael Spindelegger sind diese Jännertage kein Honiglecken. Die steirischen ÖVP-Nationalratsabgeordneten drohen dem Finanzminister und ÖVP-Bundesparteiobmann beim Budget 2014 im Parlament mit einem Boykott (siehe Bericht unten). Gleichzeitig gibt es nun einen Aufstand vonseiten der Wirtschaft gegen Teile der vorgesehenen höheren Steuerbelastungen, die speziell kleinere und mittlere Unternehmen treffen. Es geht um die Neuregelung beim Gewinnfreibetrag und um das Zurückschrauben der erst Mitte des Vorjahres eingeführten Erleichterungen bei Unternehmensgründungen (GmbH light). Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Peter Haubner, kündigt im Gespräch mit der „Presse“ an: „Da werden wir massiv Widerstand leisten.“

„Das sorgt für eine Riesenaufregung“

Beide Änderungen sind Teil des Steuerpakets, das mit dem Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz von Spindelegger in seiner Funktion als Finanzminister in der Vorwoche in Begutachtung geschickt wurde. Die Einschränkung beim Gewinnfreibetrag und die Korrektur bei GmbH-Gründungen haben bei einer schwarzen Kernklientel, kleinen und mittleren Wirtschaftstreibenden, viel Empörung ausgelöst. „Das sorgt für Riesenaufregung“, schildert Haubner, der Vizechef des ÖVP-Parlamentsklubs ist. Das ist auch der Grund, weshalb sich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) bereits öffentlich scharf gegen neue steuerliche Auflagen ausgesprochen und quergelegt hat.

Haubner schickt voraus, es sei klar, dass „die Wirtschaft einen Beitrag leisten muss“ zur Erstellung des Budgets 2014 und zum Erreichen des Nulldefizits ab 2016. Der Wirtschaftsbund streicht ausdrücklich hervor, dass es Spindelegger in den Koalitionsverhandlungen gelungen sei, Angriffe der SPÖ auf die Wirtschaft abzuwehren: durch die Absage an Vermögensteuern, durch das Verhindern einer Arbeitszeitverkürzung und durch das Abwehren der Ein-Euro-Abgabe pro Überstunde.

Für Unverständnis sorgen jedoch die nun drohenden Verschärfungen. Einen Teil des Unmuts hofft der Wirtschaftsbund-Generalsekretär mit dem Hinweis abzufangen, was tatsächlich geplant ist: Von der Änderung beim Gewinnfreibetrag, der eine Art Ausgleich für Selbstständige zum 13. und 14. Gehalt der Arbeitnehmer darstellt, bleiben alle, deren Gewinn unter 30.000 Euro pro Jahr liegt, ausgenommen. „Das bleibt unangetastet“, so Haubner. Rund 20.000 Wirtschaftstreibende seien aber davon betroffen, dass der Gewinnfreibetrag künftig nur mehr bei Realinvestitionen, nicht bei Wertpapierkäufen geltend gemacht werden kann.

Dagegen werde der Wirtschaftsbund ebenso „kämpfen“ wie gegen die derzeit im Entwurf enthaltene GmbH-Verschärfung, versichert Haubner. Für die Gründung einer GmbH ist seit dem Vorjahr ein Stammkapital von lediglich 10.000 Euro notwendig, um den Start kleiner Unternehmen zu erleichtern. Künftig sollen es nun 35.000 Euro sein. Finanzminister Spindelegger hat am Montag erklärt, dass die Anhebung dieser Grenze auf 35.000 Euro nun schrittweise innerhalb von zehn Jahren erreicht werden soll.

Aber auch damit ist der Wirtschaftsbund noch nicht einverstanden. „Vor der Einführung haben wir das hart erkämpft und hart verhandelt, weil wir Neugründungen forcieren wollen“, erläutert Haubner. Er warnt vor negativen Folgen durch die Diskussion über eine Anhebung des notwendigen Stammkapitals: „Neugründer dürfen nicht verunsichert werden.“ Nachsatz Haubners: „10.000 Euro Stammkapital, das ist genug.“ Eines stellt er aber klar: Es gehe nicht darum, damit Umgründungen bestehender Firmen zu erleichtern, „wir wollen neue Unternehmen“.

Wirtschaftskammer wehrt sich

Seit Donnerstag gibt es weitere Differenzen zwischen Wirtschaft und ÖVP rund um die bei der Regierungsklausur angekündigte Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18. Diese wird zwar von Kammer-Präsident Leitl und der Wirtschaft („ein guter Ansatz“) befürwortet. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat im ORF-Radio-„Morgenjournal“ aber laut nachgedacht, dass er sich notfalls eine Einstellungspflicht für Unternehmen vorstellen könne, wenn dies sonst nicht funktioniere. Dagegen wehrt sich die Wirtschaftskammer. Der Leiter der Abteilung Bildungspolitik, Michael Landertshammer, betonte, erste Anlaufstelle für „Problemfälle“ seien nicht die Unternehmen, sondern überbetriebliche Ausbildungsstellen.

AUF EINEN BLICK

Abgabenänderungsgesetz. Der neue Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hat in der Vorwoche einen Gesetzesentwurf für ein umfangreicheres Steuerpaket (Abgabenänderungsgesetz) für zwei Wochen in Begutachtung geschickt. Damit werden unter anderem Zigaretten und Sekt teurer. Gegen zwei darin enthaltene Punkte läuft jetzt auch der ÖVP-Wirtschaftsbund Sturm. Es geht dabei um die geplante Einschränkung beim Gewinnfreibetrag und um die verschärfte Auflage beim notwendigen Stammkapital (35.000 statt 10.000 Euro) für die GmbH-Gründung von Kleinunternehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2014)

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