Nagl: "In der ÖVP ist es oft wie im Theater"

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Der Grazer ÖVP-Bürgermeister, Siegfried Nagl, will eine "fehlertolerantere Partei". Ein Problem sei auch, "dass die Souffleure so laut sprechen, dass man jenen, der die Hauptrolle spielt, nicht mehr verstehen kann".

Graz. In Bildungsfragen ist es die West-Achse, die die Linie der Bundespartei infrage stellt. Doch was den allgemeinen Zustand der ÖVP betrifft, so melden sich auch namhafte Funktionäre aus anderen Bundesländern kritisch zu Wort.

Wie nun der Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl: „Wir müssen offener, aber vor allem wieder fehlertoleranter werden“, meint er gegenüber der „Presse“. Dazu brauche man „den Wettbewerb der besten Ideen auf allen Ebenen“. Das könne man aber nur dann schaffen, wenn das System die Individualität fördere.

Die ÖVP müsse allgemein professioneller werden. „Wir leben in einer Parteiendemokratie, deshalb muss auch die Partei demokratisch geführt werden.“ Damit spricht Nagl ein Problem an, das auch Spindelegger erkannt hat. Dieser will innerhalb der ÖVP die Kommunikation verbessern, es müsse mehr miteinander diskutiert werden.

Das wünscht sich der Grazer Bürgermeister auch: „Warum lädt die Bundespartei nicht einmal zu einem dreitägigen Parteitag, um bestimmte Dinge auszureden und letztlich auch darüber abzustimmen?“ Er selbst habe dies bei dem Parteitag vor zwei Wochen in Graz bereits ausprobiert.

„Zug fährt in falsche Richtung“

Spindelegger habe es aber auch nicht immer leicht, meint Nagl weiter: „In der ÖVP ist es oft wie im Theater. Nur, dass die Souffleure so laut sprechen, dass man jenen, der die Hauptrolle spielt, nicht mehr verstehen kann.“

Eine Linie der Bundespartei – jene zur Erhaltung des Gymnasiums – verteidigt Nagl allerdings. „Das einzige Feld, wo angeblicher Reformeifer herrscht, ist die Schule.“ Doch „hier fährt der Zug in eine vollkommen falsche Richtung.“ Die Schuld wird aber auch – wie so oft – beim Koalitionspartner SPÖ gesucht: „In Österreich muss es uns gelingen, die reform- und veränderungsresistente SPÖ zu mehr Fortschritt zu drängen.“ Allen voran den „strukturkonservativen Bundeskanzler Werner Faymann“. Das Problem sei, dass „keiner weiß, wohin die Reise Österreichs mit diesem Bundeskanzler gehen soll. Von Faymann hört man dazu nichts.“

„Kirchenhasser“ im Parlament

Einen Seitenhieb Richtung Neos, der Konkurrenz für die ÖVP, kann sich Nagl dann auch nicht verkneifen: Wer die Partei gewählt hat, müsse nun zur Kenntnis nehmen, dass „ganz nebenbei die Kirchenhasser ins Parlament eingezogen sind“. Und spricht damit Niko Alm, Mitinitiator des Anti-Kirchenprivilegien-Volksbegehrens, an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2014)

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