Beim "Rosenkavalier" greift man ja doch wieder zu Vater Kleiber . . .

Die Opern von Richard Strauss, 15 an der Zahl, sind nur zum Teil wirklich bekannt, doch zumindest auf Tonträgern alle greifbar. Ein kleiner Wegweiser durch die CD-Regale soll helfen, die Qual der Wahl zu mindern.

33 CDs umfasst die Gesamtedition der Strauss-Opern (neu bei DG). Sie enthält auch das Sorgenkind „Guntram“ und die erste offizielle Ausgabe eines Berliner Livemitschnitts des frechen Frühwerks „Feuersnot“ mit Gundula Janowitz, von Erich Leinsdorf exzellent dirigiert. (Wer nur die Schlusspointe mitbekommen möchte, findet mit Christian Thielemanns Aufnahme der „Liebesszene“ – DG – das Auslangen.)

„Salome“ entfaltet ihre umwerfende Wirkung auf dem Livemitschnitt der Wiener Premiere von 1972 mit Leonie Rysanek und Eberhard Waechter, Karl Böhm zündet kräftig unter. Welche Gewalt „Elektra“ entfesseln kann, lässt sich auf dem Mitschnitt der von Dimitri Mitropoulos dirigierten Salzburger Premiere mit Inge Borkh von 1957 immerhin erahnen, technisch auf neuerem Stand ist die Studioversion unter Georg Solti, die Birgit Nilssons Strahlkraft dokumentiert (Decca).

„Der Rosenkavalier“ war gewiss die hinreißendste Leistung des Operndirigenten Carlos Kleiber, der freilich auch in diesem Fall gegen seinen Vater anzukämpfen hatte: Erich Kleibers Wiener Studioaufnahme von 1954 mit Maria Reining, Ludwig Weber, Sena Jurinac und Hilde Güden wurde nie egalisiert; und kommt ohne Kürzung aus! (Decca)

„Ariadne auf Naxos“, ebenso wie „Die Frau ohne Schatten“, kann man in Wien nicht hören, ohne sich Karl Böhms Einstudierungen in den Siebzigerjahren zu erinnern: Beide liegen (bei Orfeo bzw. DG) vor und dokumentieren Interpretationsgeschichte, die Goldtöne von Gundula Janowitz, den internationalen Durchbruch der Edita Gruberova – und den Abschied von der hochdramatischen Wucht der Nilsson.

Für die Homestory „Intermezzo“hat sich, wie für alle Strauss-Raritäten, Wolfgang Sawallisch stark gemacht – und hat Lucia Popp und Dietrich Fischer-Dieskau mit im Boot (EMI – auch in der Gesamtedition.) Die Leuchtkraft der „Ägyptischen Helena“ erblüht am schönsten auf dem Mitschnitt von Covent Garden mit Deborah Voigt unter Christian Thielemann, der aber legal nicht zu bekommen ist. So muss man sich mit der von Gwyneth Jones kraftvoll gesungenen Studioproduktion unter Antal Dorati (Decca) begnügen.


Zweimal „Daphne“. „Arabella“ klingt am schönsten doch mit Lisa Della Casa – live aus München (DG) oder Salzburg (Orfeo), beide Male mit Fischer-Dieskau, exquisit dirigiert von Joseph Keilberth. „Die schweigsame Frau“ muss man in der Aufnahme Marek Janowskis hören, die weder gesanglich noch vom Dirigat her an die Kombination Güden-Wunderlich-Böhm aus Salzburg (DG) heranreicht, aber ohne Striche hören lässt, was Strauss wirklich komponiert hat. Die Aufnahmen des „Friedenstags“ sind entweder technisch (unter Keilberth) oder interpretatorisch (unter Sinopoli) unzureichend. „Daphne“hingegen gibt es zweimal großartig (leicht gekürzt, aber phänomenal klingend) mit Güden, King und Wunderlich unter Böhm von den Wiener Festwochen (DG) oder ganz mit Renée Fleming und dem Apollo von Johan Botha unter Semyon Bychkov (Decca).

„Die Liebe der Danae“ ist als Livemitschnitt von der posthumen Uraufführung unter Clemens Krauss dokumentiert – also in jener Interpretation, deren „Generalprobe“ der Komponist noch hören konnte (Orfeo) – und seither nicht mehr ernsthaft zur Diskussion gestellt worden. Bei „Capriccio“schließlich konkurrieren zwei exzellente Studioproduktionen miteinander, die sorgfältig unter Walter Legges Augen aufgenommene EMI-Version unter Sawallisch mit Elisabeth Schwarzkopf und die Münchner Einstudierung Karl Böhms mit der Engelsstimme der Janowitz, von einem Dreamteam mit Peter Schreier, Hermann Prey und Dietrich Fischer-Dieskau „umgarnt“ (DG).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2014)

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