Heute vor... im März

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Atomangst in Japan nach Atombombenversuchen im Pazifik.

Heute vor 60 Jahren: Amerika testet Wasserstoffbomben - Fische radioaktiv?

Die Presse am 31.3.1954

Die amerikanische Atomenergiekommission teilte mit, dass im Gebiet der Marshallinseln eine zweite Wasserstoffbombe zur Explosion gebracht wurde. Verteidigungsminister Wilson erklärte, bei dem jüngsten Atombombenversuch seien keine Menschen zu Schaden gekommen. Die Auswirkungen dieser Explosion  seien jedoch genauso „unglaublich" gewesen wie die des vorangegangenen Versuches. Im weiteren Verlauf teilte Wilson mit, dass die Vereinigten Staaten die Atom- und Wasserstoffwaffen als Abschreckungsmittel ansehen. In Japan hat die Meldung große Unruhe hervorgerufen. Auf den Fischmärkten ist ein Preissturz eingetreten, weil die Bevölkerung fürchtet, dass die im Pazifik gefangenen Fische radioaktiv sein könnten. Japanische Fachleute haben mehrere Schiffsladungen von Fischen als hochradioaktiv und ungenießbar erklärt.  Die Zahl jener, die radioaktive Fische gegessen haben, ist unbekannt.

Heute vor 100 Jahren: Österreich und Russland sollten gut miteinander auskommen

Der Balkan sollte nicht Grund für Feindseligkeiten sein.

Neue Freie Presse am 30.3.1914

Der Balkan soll den Balkanvölkern gehören. Das ist nicht ohne Rückwirkung auf das Verhältnis zwischen Österreich-Ungarn und Russland. Eine Nebenbuhlerschaft, die sinnlos geworden ist, muss sich abstumpfen; sie ist sinnlos geworden, weil Eroberungen auf dem Balkan nach dessen Teilung unmöglich geworden sind. Österreich-Ungarn hat auf dem Balkan nur ein Ziel: die Verbesserung seines stark vernachlässigten Handels. Dieser Zweck lässt sich am besten erfüllen, wenn die Sympathien gepflegt werden und überall dort, wo sich Verdrossenheit gegen uns zeigt, der Hebel angesetzt wird, um wieder Vertrauen zu gewinnen. Österreich-Ungarn und Russland gehören zu verschiedenen Mächtegruppen, wären jedoch nach dem Ablauf einer historischen Entwicklung auf dem Balkan in Verlegenheit, die Gründe einer unmittelbaren Feindseligkeit anzuführen. Natürlich, die Rüstungen werden nicht aufhören, das müssen wir hinnehmen wie ein von den Verhältnissen der Gegenwart nicht mehr zu hemmendes Element, mit dem sich die Völker abzufinden haben. Einen anderen Frieden als den Rüstungsfrieden können wir nicht haben.

Heute vor 100 Jahren: Ein Studentenduell mit tödlichem Ausgang

Tragischer Vorfall an der Hochschule in Leoben.

Neue Freie Presse am 29.3.1914

Heute Morgen haben zwei Hörer der Montanistischen Hochschule in Leoben ein Pistolenduell ausgetragen, bei dem einer der Duellanten gleich durch den ersten Schuß tödlich verletzt wurde und wenige Stunden später starb. Die beiden Gegner, Polen aus Russland, waren beim Kartenspiel in Streit geraten. Sigismund Ritter v. Karpinski, der schon seit zehn Jahren in Leoben studierte, hatte seinen Landsmann Kasimir Wicherkiewicz bei einer Kartenpartie Schuft genannt. Wicherkiewicz antwortete mit demselben Schimpfwort und forderte Karpinski, der schon eine Reihe von Säbel- und Pistolenduellen ausgetragen hatte, zum Zweikampf heraus. Die Sekundanten waren durchwegs aus Russisch-Polen gebürtige Studenten. Sie sind ebenso wie Wichiewicz aus Leoben verschwunden und man vermutet, dass sie versuchen, die russische Grenze zu erreichen. Die Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl gegen sie erlassen.

Heute vor 100 Jahren: Österreichs Frauen wollen auch Jus studieren

Eine Frauendelegation will die volle Studienberechtigung erreichen.

Neue Freie Presse am 28.3.1914

Die Damen wiesen darauf hin, dass die Frauen bereits seit Jahren vollen Zutritt zum philosophischen und medizinischen Studium haben und auf diesen wissenschaftlichen Gebieten auch praktisch mit Erfolg tätig sind. Man könne den Frauen umso weniger die Aufnahme in die Rechtsfakultät verwehren, als ja die volle Erschließung der Universität die unvermeidliche Konsequenz der Zulassung der Frauen zur Maturitätsprüfung sei. Den Frauen sollen schließlich wie in vielen Staaten Europas und Amerikas auch in Österreich die rechtsgelehrten Berufe eröffnet werden, ja es wäre geradezu ein Bedürfnis, da heute viele weibliche Dienst- und Arbeitskräfte im Erwerbsleben stehen, zumal man den Frauen nicht ohne weiteres die Qualifikation für den Staatsdienst im allgemeinen absprechen könne. Das Argument, dass die Frauen den Männern dadurch Konkurrenz machen, könne schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil viele Frauen infolge der von den Männern heute bevorzugten Ehelosigkeit genötigt seien, dauernd im Erwerbsleben zu stehen.

Heute vor 30 Jahren: Wer wählt eigentlich die neue grüne Partei?

Erstaunlich: Die Grün-Alternativen haben sich eine Stammwählerschaft erobert.

Die Presse am 27.3.1984

Selten hat es ein politisches Phänomen gegeben, das sich so sehr traditionellen Beurteilungen entzogen hat wie das grüne. Voll der Diskrepanzen, voll der inneren Widersprüche macht die diffuse Masse der „Grün-Alternativen" den alten Parteien mehr Angst als alles andere. Sie können in zwei drei Gruppierungen zerfallen wie in Österreich, die Wähler sind dennoch da. Da sind einmal die von der Sorge um die vernachlässigte Umwelt Beherrschten; sie stammen aus allen Lagern, nicht zuletzt aus dem christlichen. Da sind zweitens die traditionellen Protestwähler, die vor allem „dagegen" sind; da sind drittens aber die Linken, die Alternativen, die die neomarxistische Renaissance der 68er Generation nun mit einem neuen Firmenschild fortsetzen wollen; sie waren bisher unter dem weiten Mantel der Sozialdemokratie daheim, lassen sich aber offenbar nicht mehr von der linken Rhetorik vom Wechsel zu den Grünen abhalten.

Heute vor 30 Jahren: Ein Wiener Volksfest namens Marathon

In Wien findet zum ersten Mal der Frühlingsmarathon statt.

Die Presse am 26.3.1984

Rund 100.000 Zuschauer waren gestern gekommen, neben etwa 1140 Marathon- und 2400 Volksläufern. Der erste Wiener Frühlingmarathon: viel Sport, natürlich. Viel Politik, ganz klar. Und eine prächtige Kulisse unter strahlendem Himmel: Popcorn, Blasmusik, heiße Würstel. Eine Militärkapelle, fünf Fallschirmspringer, sechs Karatekämpfer.  Genau 749 Läufer erreichten innerhalb von 4:15 Stunden das Ziel. Gut eine Stunde später, die Ringstraße war wieder für den Verkehr freigegeben, sah man noch immer müde Gestalten auf dem Gehsteig in Richtung Heldenplatz taumeln, auf Parkbänken rasten und sich dann weiterquälen, stets mit dem ihnen unvorstellbaren Traum vor Augen, das Ziel zu sehen. Hundertmal wollten sie aufgeben, hundertmal liefen sie weiter.

Heute vor 100 Jahren: Deutschland steht im Kriegsfall auf Österreichs Seite

Lob für den deutschen Kaiser, auf den sich Österreich-Ungarn verlassen kann.

Neue Freie Presse 25.3.1914

Das Verhältnis der beiden Mächte hat unter Kaiser Wilhelm sozusagen ein anderes Gesicht bekommen. Bismarck hatte es, obwohl das Bündnis sein Werk war, mit seinem politischen und persönlichen Gewissen vereinbar gefunden, den Geheimvertrag mit Russland abzufassen. Das war eigentlich kein Verrat, es war nur ein Mangel an Vertrauen zur österreichisch-ungarischen Monarchie. Kaiser Wilhelm, der gereifte Politiker, handelt ganz anders. Ohne Frage, ohne Zögern hat er in jenem Moment, als Russland eine ernstlich drohende Haltung gegen uns einzunehmen schien, im Reichstag bündig erklären lassen, dass ein Angriff auf Österreich-Ungarn unter allen Umständen die Mobilisierung aller deutschen Truppenkörper zur Folge hätte. Es ist evident - und wäre es auch ohne den Bündnisvertrag gewesen - dass Deutschland gegebenenfalls nicht anders hätte handeln können.

Heute vor 100 Jahren: Skandalöse Staatsverschuldung Österreichs

Das „Hochgebirge von Millionen“ Staatsschulden ist eine arge Belastung.

Neue Freie Presse 24.3.1914

Wo in der Welt kostet eine Anleihe von einer halben Milliarde gar nichts, ist ganz umsonst oder verursacht nur vorübergehende finanzielle Beschwerlichkeiten in den Ausgaben des Staates. Das große Dienst der Erfindung, wie eine halbe Milliarde ohne dauernde Belastung aufgenommen werden könne, gebührt unserem Reiche, und damit ist ein solcher Höhepunkt in der Verfeinerung des Kreditwesens erreicht, dass wir nicht fürchten müssen, übertroffen zu werden. Die Staatsschuldenkommission hat beschlossen, Urkunden über Kreditgeschäfte, von denen der größte Teil keine Unterlage in gesetzlichen Bestimmungen hat und sich auf Notverordnungen stützen muss, mit ihrer Unterschrift zu fertigen. Daraus ergibt sich mit zwingender Folgerichtigkeit, dass sie die Ansicht habe, das Hochgebirge von Millionen werde das Budget nicht dauernd belasten und Papiere mit einer Umlaufzeit bis zur Grenze von fünfzehn Jahren seien eine schwebende Schuld. Diese Ausreden springen in die Augen und verletzen durch ihre Geringschätzung des Volkes.

Heute vor 100 Jahren: Der deutsche Kaiser zu Besuch in Wien

Grandioser Empfang des Kaisers Wilhelm II. am Penzinger Bahnhof.

Neue Freie Presse am 23.3.1914

Seit vielen Jahren schon brachte die Wiener Bevölkerung keinem Monarchenbesuch so viel sympathisches Interesse entgegen wie dem diesmaligen Besuch Kaiser Wilhelms. Der kleine Penzinger Bahnhof war mit rot-weißen Tüchern in grünen Girlanden und Fahnen in den österreichisch-ungarischen und den deutschen Farben reich geschmückt. Der deutsche Kaiser, der die österreichische Marschallsuniform trägt, springt aus dem Wagen. Die beiden Kaiser schütteln einander die Hände, und es erfolgt der beiderseitige Bruderkuss auf die Wange. Der deutsche Kaiser spricht impetuos, rasch, temperamentvoll und mit lebhaftem Mienenspiel. Dann verlassen die Monarchen den Bahnhof, um bei strömendem Regen dem Schlosse Schönbrunn zuzufahren.

Neue Freie Presse am 22.3.1914

Ein ungemein lebhaftes Gewoge erfüllt die Räume vom frühen Vormittag an. Künstler machen ihren Bekannten die Honneurs, erklären und erläutern, und das Konterfei mancher schönen Frau lächelt von der Wand auf sein lebendiges Urbild herab, das es sich gefallen lassen muss, Vergleich und Kritik auszuhalten. Bald konzentriert sich die Aufmerksamkeit ausschließlich auf die Vorgänge, die sich beim Rundgang des Monarchen abspielen. Jedes längere Verweilen vor einem Bilde wird bemerkt und besprochen, von Saal zu Saal eilt man dem feierlichen Zug nach. Besonders fiel dem Kaiser das Porträt der Frau Reinau-Adler des Malers Heinrich Rauchinger auf. Der Kaiser sagte zu dem Künstler. „Das Bild ist sehr schön!", und fragte, wen es darstelle.

Heute vor 50 Jahren: Das neue Vienna Intercont - Architektur wie in Murmansk

Architekturkritiker Friedrich Achleitner wirft kritischen Blick auf ein neues Hotelgebäude.

Die Presse am 21.3.1964

Amerikareisenden soll manchmal die Frage gestellt werden, ob sich eigentlich Wien hinter oder vor dem Eisernen Vorhang befindet. Angesichts der Architektur des Monsterhotels beim Eislaufverein könnte man fragen, ob von Chikago die Pläne, die eher für Murmansk oder Wladiwostok bestimmt scheinen, nicht irrtümlich nach Wien gesandt wurden. Bei uns ist man aber an Architekturleid gewöhnt. Schon städtebaulich ist der Koloss ein Fremdkörper, der soviel wie gar keine Beziehung zur Umgebung zeigt. Allein die Höhe wäre fragwürdig, auch wenn es sich um das empfindsamste bauliche Gebilde handeln würde. Zur Höhe kommt aber noch die Masse, die nach jeder Seite hin brutal und abweisend erscheint. Die Farbe der Kunststeinverkleidung tut ein übriges. Ein Rückfall in eine Geisteshaltung, die die danebenstehende Stadtbahnhaltestelle schon vor 70 Jahren überstanden zu haben glaubte.

Heute vor 30 Jahren: Neue Direktoren für Burgtheater und Staatsoper

Unterrichtsminister Zilk ernennt Claus Peymann und Claus Helmut Drese als Bundestheaterdirektoren.

Die Presse am 20.3.1984

Claus Peymann, der indessen ja älter geworden ist, sollte sich nicht daran stoßen, dass man in den Archiven nachgelesen und seine mehr als unorthodoxen Aktionen als Stuttgarter Direktor ausgegraben hat. Er hat seinen Ruf als großer Animator und Regisseur, und man erwartet ihn hier weder als Opfer einer Hexenjagd noch als Terroristensympathisanten, ist vielmehr äußerst neugierig darauf, wie er ein in zwei Häusern zehn Monate allabendlich spielendes Ensemble leiten und animieren wird. Wien ist gewiss das, was man ein heißes Pflaster nennt, wenn es um Theaterdirektoren geht. Intrige ist freilich auch ein in Bochum oder Boston geläufiges Wort. Wer aber lebhafte Anteilnahme und Intrige verwechselt, der sollte sich des Urteils über diese Stadt enthalten.

Heute vor 50 Jahren: „Gott ist ein Schwarzer" - die Black Muslims in den USA

Eine radikale Sekte will in den USA einen autonomen Staat für die Schwarzen.

Die Presse am 19.3.1964

Die „Black Muslim" sind wieder einmal in aller Munde, seitdem Cassius Clay nach seinem Sieg über Sonny Liston bekanntgab, dass er ein Mitglied dieser Organisation schwarzer Nationalisten ist. Die „Black Muslim" oder - wie sie sich offiziell nennen - die „Nation des Islam in Amerika" wollen keine Integration und keine Segregation. Sie wollen die totale Separation von Schwarz und Weiß. „Ich bin zwar der Weltmeister im Schwergewicht", sagte Cassius Clay, „aber es gibt Gegenden, in denen ich nicht wohnen kann. Ich bleibe daher in meiner Nachbarschaft. Denn wenn jemand mich nicht mag, dann kann ich ihm eben nicht helfen. Bleibt unter euresgleichen! Ich glaube nicht, dass die erzwungene Integration uns nützt."

Heute vor 100 Jahren: England gewinnt Wettrüsten zur See

Marineminister Churchill zieht positive Bilanz des Flottenprogramms.

Neue Freie Presse am 18.3.1914

Marineminister Churchill führte schließlich aus, die Wirksamkeit der britischen Diplomatie hänge größtenteils von der maritimen Stellung Englands ab. Die Stärke der britischen Flotte sei der einzige große Ausgleichsfaktor, den England zur eigenen Sicherheit und für den Weltfrieden stellen könne. England habe nicht umhin können, regelmäßig in die Angelegenheiten Europas und der Welt einzugreifen, und große Vorteile für den europäischen Frieden waren die Folge. Obwohl die Grundlagen des Friedens unter den Großmächten befestigt seien, seien die Ursachen, die zu einem allgemeinen Krieg führen könnten, nicht besieitgt. Nicht die geringste Verminderung der maritimen und militärischen Rüstungen habe stattgefunden, vielmehr rüste die Welt wie nie zuvor.

Heute vor 100 Jahren: Ehefrau des französischen Finanzministers erschießt Zeitungsherausgeber

Die Frau "vermochte nicht die Besinnung zu bewahren", schreibt die "Neue Freie Presse".

Neue Freie Presse am 17.3.1914

Die Frau des französischen Finanzministers Caillaux hat mehrere Schüsse gegen den Herausgeber des „Figaro", Gaston Calmette, abgefeuert. Der Herausgeber des „Figaro" ist schwer verwundet worden, und es ist nur zu hoffen, dass diese jammervolle Katastrophe wenigstens kein Menschenleben kosten werde. Der „Figaro" führt seit Wochen und Monaten den heftigsten Kampf gegen Herrn Caillaux. Die Frau konnte es nicht ertragen, dass ihr Mann täglich zum Gegenstand schauerlicher Anklagen gemacht wurde. Sie vermochte nicht die Besinnung zu bewahren, und ihre Rache hat ihm sicherlich keinen guten Dienst erwiesen. Aber wenn jemals eine Frau tiefstes Bedauern verdient, so ist es sie, die, einem wütenden Hasse folgend, das Leben eines politischen Gegners ihrem Gatten zum Opfer bringen wollte. Sie dachte sich: Aug um Auge, Zahn um Zahn!

Die Presse am 16.3. 1964

Innerhalb von acht Tagen ist Österreich nun zum zweitenmal aufgefordert worden, durch Entsendung eines Kontingents an der Friedensaktion der Vereinten Nationen auf Zypern teilzunehmen. Zypern ist natürlich kein Problem, das den Österreichern an die Haut geht. Doch ein Land wie dieses, das zwischen den großen Blöcken sich zu behaupten hat, ist mehr als andere darauf angewiesen, dass die Weltorganisation den Weltfrieden zu sichern vermag. Davon könnte eines Tages die eigene Unabhängigkeit, Neutralität und damit die Existenz des Staates und das Wohlergehen seiner Bürger abhängen. Österreichs Neutralität hat nicht nur den Vorteil, uns aus den Zwistigkeiten der großen Mächte herauszuhalten, sondern weist uns die Rolle eines Helfers und, da und dort, vielleicht auch eines unverdächtigen Wächters zu.

Heute vor 125 Jahren: Bald wird das Naturhistorische Museum eröffnet

Bauarbeiten an der Ringstraße sind in wenigen Monaten abgeschlossen.

Neue Freie Presse am 15.3. 1889

Die Eröffnung dieses großartigen Instituts ist somit für heuer in Aussicht gestellt, und zwar heißt es, dass die Bau-Arbeiten binnen wenigen Monaten zum gänzlichen Abschlusse gebracht sein werden und dass die außerordentlichen Aufgaben, welche die Aufstellung der Sammlungen mit sich bringen, in befriedigendster Weise ihrer endlichen Lösung entgegengehen. Die Arbeiten, welche im verflossenen Jahr ausgeführt wurden, beziehen sich zumeist auf das große Stiegenhaus, dessen architektonische Ausführung im vorigen Jahr begonnen wurde und an dessen Vollendung noch gegenwärtig gearbeitet wird. Die Ausstellung der Tierreste ist in voller Arbeit begriffen. Saal X, Knochenreste und ganze Skelette von tertiären und diluvialen Säugetieren und Vögeln, ist der Vollendung ganz nahe.

Vor 125 Jahren: Nein zu einer tschechischen Schule in Wien

Ist die neue tschechische Schule in Wien Favoriten eine Agitationsanstalt?

Neue Freie Presse am 14.3. 1889

Der Magistrat beriet heute über das Ansuchen des Vereins „Komensky" an den Wiener Gemeinderat um Subventionierung der in Favoriten errichteten tschechischen Schule. Man sprach sich einhellig dafür aus, das Gesuch des Vereins abweislich zu bescheiden. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Zweck des Vereins „Komensky" nach dessen Statuten die Gründung und Erhaltung tschechischer Schulen in Niederösterreich sei; es sei also klar, dass der Verein durch seine Schulgründungen ausschließlich nationale Tendenzen verfolge, wobei das deutsche Element in den Hintergrund gedrängt werden soll. Die tschechische Schule in Favoriten zeige den Charakter einer Agitations-Schule, um den Beweis zu erbringen, dass die tschechische Sprache in Wien zweite Landessprache sei. Es müsse aber der Grundsatz festgehalten werden, dass einwandernde fremde Elemente sich die deutsche Sprache, welche in Niederösterreich alleinige Landessprache sei, aneignen, umso mehr, da sie damit leichter ihr Fortkommen finden.

Heute vor 100 Jahren: Der Wiener Westbahnhof wird umgebaut

Neuartiges Konzept eines Etagenbahnhofs wird realisiert.

Neue Freie Presse am 13.3.1914

Das neue Aufnahmsgebäude ist als Etagenbahnhof mit zwei Geschoßen geplant. In das untere Geschoß sollen die für die Abfertigung des Personen- und Gepäcksverkehrs nötigen Räume Aufnahme finden, in das obere, in die erste Etage, das eigentliche Bahngeschoß, die Abfahrt und Ankunftshalle mit acht Geleisen für den Fern- und Lokalverkehr, welch letzterer übrigens im Westbahnhof seit der Herstellung der Stadtbahn ja mehr und mehr an Bedeutung zurücktritt. Diese Etagenbauweise, bei der der Vorplatz im Niveau entsprechend tiefer gelegt werden wird, hat den großen Vorteil der Raumersparnis. So werden für die Bahnorgane wie für das Publikum ungleich günstigere Bedingungen für den Bahnhofverkehr geschaffen werden.

Heute vor 125 Jahren: Offener Antisemitismus in der Wiener Gesellschaft

Die Zeitung empört sich über ungenierte Judenfeindlichkeit.

Neue Freie Presse am 12.3.1889

Als die ersten Spuren des Antisemitismus in Österreich auftauchten, hielten ihn viele Leute für eine Sonderbarkeit, welche nur die Juden interessiere. Männer mit achtbarer Gesinnung  und ehrenhaftem Charakter, die zu Tode erschrecken würden, wenn die Szenen sich wiederholen sollten, deren blutiges Andenken das Mittelalter verdüstert, begannen dennoch mit dem Feuer zu tändeln, spotteten über die Eigentümlichkeit der Juden, plauderten im Salon und im Wirtshause über die schöne Theorie von den Gastvölkern und zeigten selbst im Verkehre eine Zurückhaltung, die beleidigend war oder eine Liebenswürdigkeit, die sich wie Großmut gab. Durch diese laue Stimmung ist der Antisemitismus riesig angeschwollen. Wer hat diesen Zustand, der in solcher Schärfe selbst in der Zeit der Krise nicht hervorgetreten ist, verschuldet?

Heute vor 100 Jahren: Beredsamkeit in der Politik geht verloren

Was ist schuld daran, dass das rhetorische Niveau im Parlament immer schlechter wird?

Neue Freie Presse am 11.3.1914

Das moderne Parlamentsmitglied hat keine Zeit, ein Rhetoriker zu sein. Metapher, Alliterationen, kunstvolle weithergeholte Bilder, alle diese Schnörkel und Blumen scheinen ihm bei seiner Rede hindernd und seinen Zuhörern, die ebenso geschäftsmäßig, nüchtern denken wie er, geradezu verdächtig. Seitdem in den Parlamenten die Stenographen sitzen, die Wort für Wort (auch jedes unvorsichtige und alberne Wort) aufnehmen und der ganzen Welt bekanntgeben, haben die Redner ihre Phantasie in die Zügel genommen und die Flüsse ihrer Beredsamkeit eingedämmt. Der Rhetoriker braucht Zeit und die Zeitung braucht ihren Raum, und da der moderne Redner sehr bald fand, dass seine Reden nur im Extrakt in Druck erschienen, befleißigte er sich ein nächstes Mal selbst, möglichst nur Extrakt zu reden.

Heute vor 50 Jahren: Formel 1 Rennen in Zeltweg

Ein kostspieliger Traum geht in Erfüllung.

Die Presse am 10.3. 1964

Am 23. August geht ein Traum der österreichischen Motorsportfreunde in Erfüllung: auf dem Militärflughafen Zeltweg wird der Große Automobil-Preis von Österreich als Lauf zur Formel-1-Weltmeisterschaft gefahren. Es ist ein kostspieliger, ein teurer Traum. Nach den bisherigen Berechnungen wird die Veranstaltung mehr als eine Million Schilling kosten. Der größte Teil der Kosten ergibt sich aus den Fahrergagen. Das Problem der Fahrerverpflichtung ist diesmal nicht so brennend, weil ja alle Werkställe mit ihren besten Fahrern zum Kampf um das Weltchampionat anrücken werden. Lotus, Cooper, BRM, Ferrari und wahrscheinlich auch ATS sind die großen Asse für Zeltweg.

Heute vor 125 Jahren: Die Glocke des Parlamentspräsidenten

Undisziplinierter Lärm im Plenum? Die Glocke schafft Abhilfe.

Neue Freie Presse 9.3.1889

Im parlamentarischen Leben ist das musikalische Instrument der Glocke einer der wichtigsten Behelfe der constitutionellen Bühne geworden. Die Glocke des Präsidenten übertönt den Lärm der Parteien und schafft Ruhe in den empörten Gemütern; sie ruft die Säumigen herbei, wenn die Regierung Gefahr läuft, von ihrer Majorität im Stich gelassen zu werden. Jeden Moment hört man es im ganzen Haus läuten. Ein parlamentarisch geübtes Ohr weiß genau, was dieses Geklingel zu bedeuten hat. Wenn die Glocke durch die weiten Hallen des Hauses tönt, springen alle Türen auf, die Raucher in den Couloirs legen ihre Cigarren zur Seite, aus den Schreibzimmern stürzen die Abgeordneten herbei, in der Restauration werden die Speisen zur Seite geschoben, und unwillig, noch mit dem letzten Bissen im Munde, stürmen alle zur Saaltür, um ihrer Pflicht rasch zu genügen und dann ebenso rasch wieder zu ihren verlassenen Schüsseln zurückzukehren. Was wäre der ganze parlamentarische Apparat ohne die Glocke?

Heute vor 30 Jahren: Genozid an den Kärntner Slowenen?

"Die Presse" klagt über "Kärntner Ur-Töne".

Die Presse am 8.3.1964

In längst vergangen geglaubte Zeiten des Nationalitätenstreits der Monarchie fühlt sich der Beobachter zurückversetzt, vernimmt man die gegenwärtigen Ur-Töne aus Kärnten. Ein Sprachen- und Schulstreit tobt am Fuße der Karawanken, wobei jede der beiden Seiten - Deutschkärntner und Slowenen - gute Argumente ins Treffen führen. Die Ausschließlichkeit, mit der der Kärntner Heimatdienst einerseits und die Slowenen andererseits den Kampf führen, ist es, die betroffen machen muss. Hier gibt es offenbar keine Gesprächsbasis, keinen guten Willen zur Verständigung, zum Kompromiss. Die deutschsprachige Mehrheit fühlt sich beim Volks- und Hauptschulunterricht von der kleinen Minderheit diskriminiert, die slowenische Volksgruppe wiederum spricht vom „Genozid", sollten Heimatdienst und FPÖ ihre „dunklen" Absichten durchdrücken.

Heute vor 50 Jahren: Habsburg-Frage und kein Ende

Die Politik streitet darüber, ob Otto Habsburg in Österreich einreisen darf.

Die Presse am 7.3. 1964

Jenseits der Grenzen Österreichs befasst man sich mit der Zukunft, in Österreich kommt man aber nicht einmal bis zur Gegenwart, weil da immer noch die Vergangenheit im Weg steht. Es zählt eben zu den Paradoxen dieses Landes, in manchem den anderen voraus zu sein, in anderem aber hinter der Entwicklung einherzuhinken wie ein „China" Europas. Es geht darum, aus einem Labyrinth auszubrechen, in der es den Parteien möglich wird, das politische Problem so zu lösen, dass endlich und endgültig die Vergangenheit als Geschichte, und zwar als gemeinsame Geschichte verabschiedet wird. Denn darüber sollte man sich nicht täuschen: In der Person Otto Habsburg-Lothringen geht es letzten Endes um die Frage, ob dieses Land und seine Politiker fähig sind, zum Frieden mit sich selbst zu kommen.

Heute vor 50 Jahren: Audrey Hepburn inspiriert Wiens Meistercoiffeure

Die „neue Welle“ ist die Welle.

Die Presse 6.3.1964

Die neue Welle“ der Wiener Meisterfriseure ist die Welle. Sollten sich die Damen dem Modediktat der Coiffeurs für das Frühjahr und den Sommer bedingungslos unterwerfen, müssen sie vor allen Dingen ihr langes Haar opfern. „Mini-tete“ nennt sich nämlich die neue Modefrisur, weil die Grundform ein kleiner Kopf ist. Nach all den großen und ausladenden Frisuren der letzten Saisonen, denen die Friseure schon seit langem den Kampf angesagt haben, dürfte ihnen diesmal der Sieg sicher sein. Nicht nur, weil auch Paris in diesem Jahr kleine, gelockte und gewellte Damenköpfe vorschreibt, sondern weil in der kommenden Jahreszeit Spiel und Sport dominieren. Die Wellung, auf die besonderer Wert gelegt wird, ist Ausgangspunkt jeder Frisur. „Springende Wellen“ werden von den Wiener Figaros besonders bevorzugt, und zwar dominieren die Ohrenwelle und der leicht gelockte Hinterkopf.

Heute vor 100 Jahren: Katastrophale Folgen eines Krieges für Europa

Warnung vor dem Zusammenstoß der „furchtbaren Kräfte“

Neue Freie Presse am 5.3. 1914

Wir alle haben das Gefühl, dass jeder Tag des Friedens ein Geschenk des Himmels sei und dass der Gedanke an die unermessliche Verantwortung, die ein Krieg auferlegt, vielleicht noch lange und gewiss in diesem Frühjahr die Segnungen der Ruhe den unter schweren Lasten sich fortschleppenden Völkern erhalten werde. Denn die einzelnen Großmächte wissen ziemlich genau, in welcher militärischen und politischen Verfassung sie den Krieg beginnen können, aber keine von ihnen vermag auch nur zu ahnen, was sich zutragen würde, wenn einmal die furchtbaren Kräfte der führenden Kulturvölker von Europa wirklich aufeinander stoßen sollten. Da versagt das Vorstellungsvermögen, und niemand kann mit Deutlichkeit wissen, welche grundstürzenden Veränderungen sich auf der Landkarte vollziehen würden, wenn dieser Ansturm der Giganten vorüber wäre.

Heute vor 100 Jahren: Russland probt Mobilisierung seiner Armee

Was hat Russland vor? Gerüchte um russische Kriegsvorbereitungen.

Neue Freie Presse am 4.3.1914

Allgemeine Probemobilisierungen in Russland im Frühjahr nach der Schneeschmelze mit einem Kostenaufwand von mehreren hundert Millionen Kronen, das wäre eine militärische Übung, die keinem Nachbarn gleichgültig sein könnte. Wenn die Nachricht sich bestätigen sollte, würde Russland etwas durchführen, was dem Ernstfall so nahe käme, als dies nur möglich ist, wenn nicht geschossen wird, die Botschafter ihre Koffer nicht packen und Kanonen und Gewehre nur blind geladen sind. Sonst würde alles geschehen, was am Beginn eines Feldzugs angeordnet werden muss. Viele hunderttausend Soldaten müssten von Haus und Feld zu den Waffen eilen, die Truppenkörper würden auf volle Kriegsstärke gebracht werden, und die Arbeitsverluste durch die Stockung des Verkehrs wären riesig. Ein Kriegsspiel um den Preis von hundertfünf Millionen Rubel wäre noch nicht dagewesen in der Geschichte der soldatischen Erziehung. Der Eindruck bleibt, dass Russland seinen diplomatischen Einfluss durch militärische Vorkehrungen unterstützen will und dass es dieses machtvolle Auftreten braucht um die innere Reizbarkeit durch die Öffnung eines Ventils nach außen verdampfen zu lassen.

Heute vor 30 Jahren: Der ORF schafft keine spannende Opernballübertragung

Zu glattes Parkett: Hilflose ORFler.

Die Presse am 3.3. 1984

Das war er also wieder, der mit denkbar viel Skepsis versuchte Neuanlauf, das Ereignis „Opernball" mit TV-Kameras doch noch sachgerecht einzufangen. Die Feststellung, er sei erneut misslungen, möglicherweise kläglicher als zuletzt, ist leider ebenso trefflich wie unoriginell. Es erhebt sich die Frage, ob den Fernsehleuten nicht schlicht zu viel zugemutet wird mit der Forderung, ein so augenscheinlich der überwiegenden Mehrzahl der Anwesenden wenig Vergnügen bereitendes Fest vergnüglich, kurzweilig und amüsant „medial aufzubereiten." Könnte - andererseits - der Opernball in Abwesenheit von Scheinwerfern, Fernsehkameras und emsigen ORF-Helfern nicht ein bei aller Feierlichkeit doch auch ausgelassenes Fest sein, wie er es vermutlich in prätelevisionären Zeiten war? Möchte nicht jede Partygesellschaft unter sich bleiben? Der ORF sollte sich von diesem spiegelglatten Parkett zurückziehen, ein Vorschlag ohne Häme: Der Mythos „Opernball" könnte so intakt bleiben.

Die Presse am 2.3.1984

Die Landeshauptstadtkommission arbeitet unbeirrt. Die Städte Sankt Pölten, Wiener Neustadt, Baden, Mödling, Klosterneuburg, Krems und Herzogenburg kamen in die Auswahl. Diese Städte sollen nun mitteilen, ob in ihrem jeweiligen Gemeindegebiet eine zusammenhängende Baufläche von 40 Hektar für ein Landeszentrum zur Verfügung stehe. Halboffiziell wird die Traisenstadt für den künftigen blaugelben Sitz favorisiert. Während aber die SP-Bürgermeister der beidem größten Städte, St. Pölten und Wiener Neustadt, keine erkennbare Freude zeigten, reagierten Krems und Baden schon mit mehr Begeisterung. „Der neue Standort kann nur neben Wien liegen, schon wegen der Verkehrsverbindungen", weiß ein Hauptstadtbefürworter im Landhaus. Auch Sankt Pölten liege in Wirklichkeit chancenlos im Rennen.

Neue Freie Presse am 1.3.1914

Der eifrige Besucher von Kinotheatern hat gewiss schon den einen oder anderen Film gesehen, dessen Zustandekommen ihm einfach unerklärlich schien. Kein Märchen ist so seltsam und keine Phantasie so kühn, dass sie nicht die Kinematographie im lebenden Bilde verwirklichen könnte. Zauberhafte oder komische Wirkungen erzielt man auf einfachste Weise zum Beispiel durch Rückwärtsdrehen des Filmbandes bei der Wiedergabe. Pferde rennen rückwärts, Steine rollen bergauf. Bei den im Kino so beliebten „Verfolgungsrennen" wird die Geschwindigkeit der Personen und Gegenstände oft noch künstlich vergrößert. Dadurch wird der komische Effekt, welcher so schon in der Hast liegt, noch mehr vergrößert. Ein beliebter Trick, der sich wie Zauberei ausnimmt, ist die Verwandlung von Personen. In dem Moment, wo die Verwandlung einer Person vor sich gehen soll, wird die Aufnahme unterbrochen. Nun wird in aller Ruhe die zu verwandelnde Person mit einer anderen vertauscht. Daraufhin wird das Objektiv wieder geöffnet und weiter gedreht.

''Heute vor...''

Mit 1. Jänner 2014 hat DiePresse.com eine neue Serie gestartet. Was bewegte Österreich vor 50, 100 oder 150 Jahren? Unser Archivchef Günther Haller wühlt sich durch die Zeitungen der letzten 165 Jahre und sucht heraus, worüber die Österreicher gelacht oder sich geärgert haben, wann sie Geschichte gemacht haben und wann sie von ihr überrollt wurden.

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