Abzocke statt Anreiz: Für 4.400 Euro bekommen Sie 206 Euro

Wer nach der Pensionierung als Selbstständiger weiter arbeitet bekommt einen "Tinnef" (© Andreas Khol). Christoph Leitl nannte das "staatlich legitimierte Abzocke". Dagegen unternehmen die Drei von der Pensionsfront, Khol für den ÖVP-Seniorenbund, Karl Blecha für die SPÖ-Pensionisten und Peter McDonald für die SVA nun einen gemeinsamen Vorstoß.

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, nennt es „staatlich legitimierte Abzocke", der Vertreter der Seniorenbundes der ÖVP, Andreas Khol, „Ungerechtigkeit", der Vorsitzende des SPÖ-Pensionistenverbandes, Karl Blecha, „Bestrafung" und der geschäftsführende Obmann der SVA, Peter McDonald leistungsfeindlich. Die Rede ist von den Mehrfachbeiträgen zur Pensionsversicherung.
Das heißt zum Beispiel: Wer nach einer ASVG-Pensionierung als Selbstständiger weiter arbeitet, muss zusätzlich nochmals Pensionsversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung und bis vor kurzem Eigenvorsorge zahlen. Dazu kommt dann noch die Einkommenssteuer (Pension plus Erwerb). Stellt er die Arbeit ein, weil sie sich unter diesen Umständen nicht rentiert, verliert der Staat die höhere Einkommenssteuer plus die Umsatzsteuer aus der selbstständigen Arbeit. Die Suche nach der Logik dieses Systems endete zuletzt (siehe: „Die Presse"/Quergeschrieben vom 10.1.2014) im Nichts.
Nach Angaben von Khol und Blecha ist ihnen die Unsinnigkeit dieses System seit Jahren bekannt, weshalb sie auch schon seit Jahren Änderungen verlangen. Nun unternahmen die Drei von der Pensionsfront (McDonald als dritter im Bunde) am Donnerstag zum ersten Mal gemeinsam einen Vorstoß zur Abschaffung dieser Mehrfachbeiträge.

Khol brachte das Rechenbeispiel: Wer nach seiner Pensionierung etwa 20.000 Euro im Jahr durch selbständige Tätigkeit verdient, muss 4.400 Euro pro Jahr, also 18.5 Prozent, an zusätzlichen Pensionsbeiträgen an die SVA abliefern, wofür dann genau 206 Euro pro Jahr zu seiner Pension dazu bekommt. Khol in gewohnt griffiger Art: „Er kriegt einen Tinnef". Außerdem sei es ungerecht, weil Unselbständige weniger zahlen, nämlich nur 10,25 Prozent und der Dienstgeberbeitrag entfällt.
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz warf sich Karl Blecha nicht besonders ins Zeug, was möglicherweise daran lag, dass die SPÖ-dominierte Gewerkschaft kein Interesse an einem Aus der „staatlich legitimierten Abzocke" hat. Aber immerhin meinte auch Blecha: Wer nach der Pension weiter arbeiten wolle, dürfe beim „Wiedereintritt ins Erwerbsleben nicht bestraft" werden.


Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft will laut McDonald auch deshalb den Anreiz für den Verbleib im Erwerbsleben erhöhen, weil arbeitende Selbständige um ein Drittel weniger krank sind, zwei Jahre später in Pension gehen und länger leben. Erwerbstätigkeit insgesamt sei für ältere aus all diesen Gründen besser. Leistung und längeres Arbeiten müsse sich also lohnen und das tue sie bei den geltenden Gesetzen und den fehlenden Anreizen eben nicht.
Khol zusammenfassend: Wer länger arbeite, zahle mehr Steuern und sei gesünder.
Daher wurden folgende Forderungen aufgestellt, nachdem entsprechende Vorstöße bei den letzten Regierungsverhandlungen offenbar auf taube Ohren und, wie zu erfahren war, auf den Widerstand der SPÖ-Gewerkschafter gestoßen sind:

Transparenter Bonus für späteren Antritt der Alterspension

Anreizsystem für Arbeit über das Regelpensionsalter hinaus

Keine Beiträge zur Pensionsversicherung für aktive Alterspensionisten (60/65) sowie Pensionskonto und Pensionskontorechner für frühzeitigen Überblick und mehr Transparenz.
Wer mit 60 oder 65 in Pension geht soll unbegrenzt dazu verdienen dürfen, für diesen Zuverdienst keine Beiträge zur Pensionsversicherung mehr zahlen, während der Zuverdienst wie bisher gemeinsam mit der Pension versteuert wird.
Im Gesamtkontext der Pensionssystems wurde am Donnerstag vorgerechnet, dass ein Pensionsantritt mit 67 Jahren statt mit 62 Jahren eine um 43,8 Prozent höhere Pension ergibt. Selbständige arbeiten jetzt schon um zwei Jahre länger als Unselbständige. Würden alle so lange arbeiten wie Selbständige, gäbe es im Pensionssystem keine Bedenken, so die offizielle Version. Würde jeder Österreicher nur zwei Wochen später als jetzt in Pension gehen, würde das 50 Millionen Euro erwirtschaften.
Auch darin waren sich die Drei von der Pensionsfront einig und wollen nun gemeinsam ein neues Gesetz erreichen.

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