Theresia Leitinger: „Die ÖVP muss aufhören, sich vor den Neos zu fürchten“

Theresia Leitinger
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ÖVP-Kandidatin Theresia Leitinger sagt, warum ihr Wahlkampf auf dem Motorrad nicht peinlich ist und sie auf das Parteilogo verzichtet.

Die Presse: Sie touren im Wahlkampf mit einem Motorrad durch Lokale, um junge Wähler anzusprechen. Das wirkt wie die Fortsetzung der missglückten „Geilomobil“-Kampagne der ÖVP Wien.

Theresia Leitinger: Nein, ganz im Gegenteil. Das Motorrad gehört mir – ich verwende es vor und nach dem Wahlkampf genauso. Wir wollten etwas Unkonventionelles machen, aber dennoch authentisch sein.

Eine Frau auf dem Motorrad ist höchstens innerhalb der ÖVP unkonventionell. Warum wirkt es immer so aufgesetzt, wenn Ihre Partei jugendlich sein will?

Die Idee kommt bei den Jungen sehr gut an, darum besuchen wir jetzt nach Wien auch die Bundesländer. Und mein Auftritt ist ein Signal, dass junge Politiker anders sind und Dinge anders angehen als ältere. Ich kreide an, dass im EU-Parlament lediglich vier von 766 Abgeordneten jünger als 30 Jahre sind, während ein Drittel der EU-Bevölkerung in dieser Altersgruppe ist.

Jung zu sein ist doch nicht per se ein Qualitätsmerkmal für einen Politiker.

Nein, aber wir brauchen beides: junge Politiker mit frischen Ideen und ältere Politiker, die Erfahrung mitbringen.

Mit Inhalten gelingt es der ÖVP nicht so gut, jung zu wirken.

Das Gegenteil ist der Fall. Denken Sie an unseren EU-Abgeordneten Paul Rübig, der sich für die Abschaffung der Roaminggebühren starkgemacht hat. Ich setze mich vor allem für das Thema Jugendarbeitslosigkeit ein. Die EU darf sich nicht länger darauf ausreden, dass sie hier keine Kompetenzen habe. Natürlich liegen die Kompetenzen im Bildungsbereich bei den Nationalstaaten, aber die EU muss auch ihren Teil beitragen. Etwa was die Förderungen von Praktika anlangt. Es kann nicht sein, dass sich gut ausgebildete junge Menschen mit miserabel bezahlten Praktika über Wasser halten müssen.

Die Politik „darf nicht jeden kleinsten Lebensbereich reglementieren“, lautet eine weitere Forderung. Das klingt nach Kritik daran, dass immer mehr Kompetenzen nach Brüssel wandern.

Was auf lokaler und auf nationaler Ebene besser entschieden werden kann, muss dort bleiben. Da soll die obere Ebene nicht drüberregieren. Ein Beispiel ist die Saatgutverordnung, die wir abgelehnt haben. In diesem Bereich braucht es Vielfalt, nicht Verordnungen von oben. Die EU soll sich nicht in die Herstellung nationaler und regionaler Spezialitäten einmischen. Ich will die EU dort stärken, wo wir sie brauchen. Etwa bei der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Der Friede in Europa ist eines der ganz zentralen Themen für uns junge Menschen. Es reicht ein Blick in die Ukraine, aber etwa auch nach Lampedusa, um zu sehen, dass da viele Herausforderungen auf uns warten.

Haben Sie keine Angst, dass gerade junge Menschen die Neos als bessere Alternative zur ÖVP wahrnehmen?

Hören wir auf, uns ständig vor den Neos zu fürchten. Die ÖVP hat eigene Ideen.

Warum findet sich dann auf Ihrer Wahlkampf-Homepage nirgendwo ein Parteilogo? Auch Spitzenkandidat Othmar Karas verzichtet darauf. Ist Ihnen die Partei unangenehm?

Nein. Wir verzichten auf das Logo, weil es nicht um Parteien oder um österreichische Innenpolitik geht. Sondern darum, Menschen für Europa zu begeistern. Daher verstehe ich auch nicht, warum die FPÖ mit Heinz-Christian Strache wirbt. Das ist eine glatte Themenverfehlung. Was hat Strache im EU-Parlament verloren?

Spüren Sie die Begeisterung bei den jungen Menschen schon?

Ich bin überrascht, wie interessiert sich die Jugendlichen zeigen. Bei meiner Tour diskutiere ich in den Lokalen oft bis halb eins in der Nacht über politische Themen.

Sie betonen, wie wichtig es ist, dass mehr Frauen in das EU-Parlament einziehen. Die ÖVP-Listenzweite, Elisabeth Köstinger, wurde mit den Worten präsentiert, sie sei „nicht nur optisch herzeigbar“. Ist das eine Kategorie, nach der man als Frau in der ÖVP beurteilt wird?

Man muss sich nicht schämen, gut auszusehen. Dennoch halte ich die Aussagen für eine Themenverfehlung. Die Arbeit von Elisabeth Köstinger spricht für sich. Die ÖVP hat ihre Liste im Reißverschlusssystem erstellt. Das zeigt, wie wichtig die Frauen sind.

ZUR PERSON

Theresia Leitinger (25) ist Generalsekretärin der ÖVP-Frauen und kandidiert für ihre Partei auf dem 13. Listenplatz für das EU-Parlament. Im Wahlkampf macht die Grazerin durch ihre „Mix up Brussels“-Tour auf sich aufmerksam, bei der sie auf ihrem Motorrad Clubs und Bars in ganz Wien besuchte. Ab 1.Mai setzt Leitinger die Tour in allen Bundesländern fort. www.mixupbrussels.eu [ Roßboth ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2014)

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