Salzburg: Opposition will Volk zu Wohnbau befragen

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Mit der Idee einer Volksbefragung über den möglichen Verkauf der Salzburger Wohnbaudarlehen bringen SPÖ und FPÖ die seit fast einem Jahr regierende Dreierkoalition unter Druck.

Salzburg. Leicht hat es die vor knapp einem Jahr angelobte Koalition unter Salzburgs ÖVP-Chef Wilfried Haslauer in den vergangenen Monaten ohnehin nicht gehabt. Grüne Vorzeigeprojekte wie Tempo 80 auf der Westautobahn mussten von der ÖVP aus Koalitionsraison mitgetragen werden. Der nach dem Finanzskandal nötige strenge Sparkurs zwang die Grünen von der politischen Träumerei in die Niederungen der leeren Kassen. Sozial- und Kulturinitiativen hatten sich von der Ökopartei mehr Großzügigkeit erwartet. Und zu verteilen gibt es im von Spekulationsverlusten gebeutelten Salzburg ohnehin nichts. Doch jetzt ist die Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach erstmals echtem Gegenwind vonseiten der Opposition ausgesetzt.

Die SPÖ, die vor einem Jahr abgewählt worden und lange weitgehend in der Versenkung verschwunden war, ist aufgewacht. Sie fordert eine Volksbefragung zum möglichen Verkauf der Wohnbaudarlehen des Landes Salzburg und hofft, dass die Bevölkerung gegen einen solchen stimmt. Die Freiheitlichen bringen am Mittwoch zum gleichen Thema einen dringlichen Antrag im Landtag ein. Die Volksbefragung ist in Salzburg ein Minderheitenrecht, ein Drittel der Abgeordneten muss zustimmen. Weil SPÖ und FPÖ über 15 von 36 Mandaten verfügen, ist die Befragung so gut wie sicher. SPÖ-Chef Walter Steidl will den – nicht bindenden – Volksentscheid noch vor dem Sommer abhalten und durchkreuzt damit die Pläne der Koalitionspartner nach einer in Ruhe überlegten Entscheidung gewaltig.

Der Verkauf der Darlehen ist nämlich eine heikle und sehr umstrittene Sache. Der Fonds hat an Salzburger Häuslbauer und gemeinnützige Bauträger derzeit günstige Kredite in der Höhe von 1,76 Milliarden Euro vergeben. Salzburger Banken wären bereit, dem Land die aushaftenden Darlehen abzukaufen. Das würde nach den bisherigen Schätzungen 1,3 Milliarden Euro in die Landeskasse spülen. Eine Summe, die das Land dringend brauchen könnte, um die nach dem Finanzskandal auf 2,2 Milliarden Euro angewachsenen Schulden zu reduzieren. Das Land wäre damit zwar nicht schuldenfrei, hätte aber wieder einen einigermaßen überschaubaren finanziellen Spielraum. Immerhin schlagen derzeit allein die jährlichen Zinszahlungen mit 60 Millionen Euro zu Buche. Je länger die Diskussion dauert, desto positiver stand Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) dem Deal mit den Banken gegenüber. Allerdings: Das Land bekommt dann auch keine Rückzahlungen mehr, die wieder in die Förderung des Wohnbaus investiert werden könnten.

Sanierung auf Rücken der Häuslbauer?

Sehr emotional wird aber ein ganz anderer Aspekt diskutiert: Was kommt auf die Familien zu, die ihr Eigenheim über günstige Landesdarlehen finanziert haben, wenn sich die Zinslandschaft ändert? Die Opposition spricht von einer Budgetsanierung auf dem Rücken der Häuslbauer und warnt vor steigenden Mieten und einem massiven Rückgang beim sozialen Wohnbau. „Nur die Banken würden profitieren“, schimpfte AK-Chef Siegfried Pichler: „Für Wohnungssuchende im Hochpreisland Salzburg ist die Maßnahme ein Schlag ins Gesicht.“

Die mögliche Volksbefragung hat jedenfalls bei den Regierungsparteien dazu geführt, dass sie Tempo aus der Diskussion nehmen. Die Entscheidung über Verkauf oder Teilverkauf soll erst fallen, wenn die Wohnbauförderung insgesamt auf neue Füße gestellt wird.

Experten suchen Vor- und Nachteile

Das jetzige System führt nämlich dazu, dass die anfangs günstigen Mieten in geförderten Wohnungen relativ schnell steigen und die Objekte für junge Familien so teuer werden, dass sie wieder ausziehen. Ziel einer Reform sei ein System, das langfristig erschwinglich bleibe und sicherstelle, dass das bisherige Bauvolumen gehalten werde, betonte Landeschef Wilfried Haslauer (ÖVP) nach einer Sitzung der Koalitionspartner.

Erst wenn das neue System der Wohnbauförderung – denkbar ist sowohl ein Zuschussmodell als auch ein Mischsystem mit Zuschüssen und Darlehen – feststeht, will die Regierung über die Zukunft der Wohnbaudarlehen entscheiden. Unterdessen arbeiten Experten die Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten aus. „Wichtig ist, dass sich an den bestehenden Verträgen nichts ändert und sich keine Verschlechterungen ergeben“, wird der für den Wohnbau zuständige Landesrat Hans Mayr (Team Stronach) nicht müde zu betonen. Gemeinsam mit seinen Koalitionspartnern tourt er derzeit zur Bürgerinformation und -diskussion durch die Gaue.

Die Angst der Wohnungskäufer vor höheren Zinsen und steigenden Mieten könnte bei einer Volksbefragung nämlich der Opposition das entscheidende Argument im Kampf um die Stimmen der Wähler liefern. Ein Nein der Bevölkerung für den – noch nicht entschiedenen – Verkauf der Wohnbaudarlehen wäre ein Volltreffer der Opposition gegen die Regierung, die seit einigen Wochen vorsichtig in Richtung Verkauf segelt.

AUF EINEN BLICK

In Salzburg regiert eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach. Die SPÖ, die vor einem Jahr abgewählt wurde, ist in Opposition und sorgt nun erstmals für Gegenwind. Sie fordert eine Volksbefragung zum möglichen Verkauf der Wohnbaudarlehen des Landes. Die FPÖ wird am Mittwoch zu diesem Thema einen dringlichen Antrag einbringen. Die Volksbefragung ist damit quasi fix. In Salzburg ist diese ein Minderheitenrecht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

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