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Thementag „Mobilität der Zukunft“

„Menschen wollen unterwegs sein“

Andreas Matthä, CEO der ÖBB, Vera Hofbauer, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Hanna Kordik, „Die Presse“, Annette Mann, CEO Austrian Airlines, und Oliver Schmerold, Direktor ÖAMTC (v. l.).
Andreas Matthä, CEO der ÖBB, Vera Hofbauer, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Hanna Kordik, „Die Presse“, Annette Mann, CEO Austrian Airlines, und Oliver Schmerold, Direktor ÖAMTC (v. l.).Roland RUDOLPH
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Werden wir auf der Schiene unterwegs sein, auf der Straße oder in der Luft? Experten diskutierten beim Thementag „Mobilität der Zukunft“ darüber, wie wir uns in Zukunft bewegen werden.

Das Reise- und Verkehrsverhalten der Menschen ist wieder auf einem Niveau wie vor der Pandemie angelangt. Darüber waren sich Andreas Matthä, CEO der ÖBB, Vera Hofbauer vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Annette Mann, CEO von Austrian Airlines, und Oliver Schmerold, Direktor des ÖAMTC, einig. Sie diskutierten im Rahmen des Thementags „Mobilität der Zukunft“ im „Presse“-Studio mit Hanna Kordik, der stellvertretenden Chefredakteurin der „Presse“.

Dabei waren Transportunternehmen durch die Pandemie schwer gebeutelt worden. Annette Mann: „Es war eine existenzielle Krise. Es war knapp, dass es die AUA nicht mehr gegeben hätte, ohne Staatshilfe wäre das nicht gegangen. Die Staatshilfe konnten wir nun drei Jahre früher als geplant zurückzahlen, was zeigt, dass wir nach der Pandemie erfolgreich durchstarten und Passagierrekorde brechen.“ Auf der Kurzstrecke befindet sich die AUA bereits über dem Vor-Corona-Niveau, die Langstrecke hinkt noch hinterher.

»Ich wäre sogar ein Fan einer europäischen Klimaabgabe auf Flugtickets.«

Annette Mann

CEO Austrian Airlines

Ähnlich erging es den ÖBB. Andreas Matthä erinnert sich, dass beim ersten Lockdown innerhalb eines Tages mehr als 90 Prozent der Passagiere verloren gingen und der Betrieb zurückgefahren wurde. „Für bestimmte Personengruppen musste die Mobilität aber aufrechterhalten werden“, sagt der ÖBB-CEO. Im April 2022 gab es noch ein Minus von 15 Prozent gegenüber dem Niveau von 2019, innerhalb von vier Wochen drehte sich die Entwicklung. „Heuer sind wir im Fernverkehr jeden Monat mit 20 Prozent im Plus gegenüber dem Rekordniveau von 2019. Beim Nahverkehr sind die Passagierzahlen gleich geblieben, das ist unter anderem ein Effekt des Home-Office“, skizziert Matthä den Status quo.

Das Verkehrsaufkommen auf den Straßen dürfte in Zukunft nicht zurückgehen. Das untermauert die Anzahl von 144.000 Pkw-Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2023. Das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Oliver Schmerold: „Die relevantere Vergleichsgröße ist aber, dass das ein Drittel weniger ist als in den Jahren 2018 und 2019. Der Pkw-Neuzulassungsmarkt liegt also weit unter dem Niveau vor der Pandemie. Unsere Prognose ist, dass das auch so bleiben wird.“ Die Spitze in den Neuzulassungen führt Schmerold darauf zurück, dass nach den Lieferengpässen der vergangenen Jahre längst bestellte Autos nun ausgeliefert werden konnten. Der Fahrzeugbestand bleibe insgesamt stabil, könnte sich aber sogar noch leicht erhöhen und werde jedenfalls auch älter.

Im Klimaschutzministerium sieht man eine positive Entwicklung, vor allem was die vermehrte Nutzung des öffentlichen Verkehrs und die Neuzulassung von E-Autos betrifft. Vera Hofbauer: „Das Mobilitätsverhalten kann nicht von einem Tag auf den anderen geändert werden, die Menschen wollen reisen, sie wollen fliegen, wollen unterwegs sein.“

»Bei Fahrzeiten von vier bis fünf Stunden kann die Bahn eine gute Alternative zum Flugzeug sein.«

Andreas Matthä

CEO ÖBB

Was die Pkw-Neuzulassungen betrifft, befinden sich darunter bereits 20 Prozent E-Autos, bis zum Jahr 2030 sollen es 100 Prozent sein. Zudem werde im Flugbereich viel geforscht und in moderne, kraftstoffsparende und leisere Flugzeuge investiert. „Es gibt Zuwächse beim öffentlichen Verkehr“, sagt Hofbauer. „Es tut sich was, aber wir sind noch lang nicht dort, wohin wir wollen.“ Ein Schritt zum Erfolg sei das Klimaticket, von dem heuer bereits 250.000 Stück verkauft wurden. „Wo es ein Angebot gibt wie Mikro-ÖV, Sharing-Themen und ÖV-Versorgung, geht der Motorisierungsgrad auch am Land zurück“, stellt Hofbauer fest, die vom Run auf das Klimaticket überrascht war.

Allerdings findet gerade ein Wandel in der Mobilität statt, unterstreicht Schmerold, der Klimaklebern und der Forderung nach Tempo 100 auf den Autobahnen nichts abgewinnen kann: „Das bringt maximal zwei Prozent an CO2-Einsparungen des gesamten Verkehrssektors. Hier stelle ich mir schon die Frage der Verhältnismäßigkeit.“ Bedingt durch die Inflation sieht der ÖAMTC-Direktor eine Verteuerung des Autoverkehrs, zudem seien die Durchschnittspreise für neue Fahrzeuge noch deutlicher gestiegen.

Die Verteuerung von Flugtickets ist eine lang gehegte Forderung, um den Klimawandel zu bekämpfen. „Ich wäre sogar ein Fan einer europäischen Klimaabgabe auf Flugtickets“, bekennt AUA-Chefin Mann, aber sie müsste EU-weit einheitlich gestaltet sein. Viel erhofft sie sich von einer verpflichtenden Beimischquote von nachhaltigen Kraftstoffen: „Es muss aber so umgesetzt werden, dass für Austrian und grundsätzlich für europäische Airlines keine Nachteile im globalen Wettbewerb entstehen.“ Dafür sieht Vera Hofbauer derzeit keine politischen Mehrheiten in der EU: „Es herrscht aber Einigkeit, dass Flugtickets zu billig sind.“

»Tempo 100 auf Autobahnen bringt maximal zwei Prozent an CO2-Einsparungen des gesamten Verkehrssektors.«

Oliver Schmerold

Direktor ÖAMTC.

Wo bei Airlines bezüglich des Einsatzes von E-Fuels noch Luft nach oben wäre, verweist Schmerold auf deren Einsatz im Straßenverkehr: „In Österreich wurde der Anteil von Bioethanol im Benzin von fünf Prozent auf zehn Prozent erhöht.“ Auch Lkw können mit bis zu 100 Prozent pflanzlichem Treibstoff (HVO 100) betrieben werden, der allerdings teurer ist als Diesel.

Ein Problem bei der internationalen Fairness sieht Matthä beim Schienenverkehr, da es im internationalen Zugverkehr noch immer Länder gibt, die eine „volle Mehrwertsteuer auf Tickets“ verlangen – das sei wettbewerbsverzerrend. Fakt sei, dass das Fliegen oft wesentlich günstiger ist als Bahnfahren. „Bei Fahrzeiten von vier bis fünf Stunden kann die Bahn eine gute Alternative zum Flugzeug sein“, unterstreicht Matthä. „Aber wenn ein Flug nach Mallorca um 9,90 Euro angeboten wird, kann sich das nicht ausgehen. Dazu kommen Gebühren wie bei der Gepäckabgabe, dann sieht das schon anders aus. Wir wollen ein ganzheitliches Produkt verkaufen, und wer bei uns in den Nachtzug steigt, muss für sein Gepäck nicht extra bezahlen.“

Bei den Billigflugtickets sei auch zu hinterfragen, wer die wirklichen Kosten trägt: „Ich glaube, da sind die Steuerzahler schon gut dabei und das ist von der Fairness ein gutes Stück weg.“ Annette Mann schränkt ein, dass beinahe alle Passagiere auf sehr kurzen Flügen wie Wien-Graz Umsteiger auf die Langstrecke sind.

Unter anderem durch das Klimaticket findet derzeit ein Run auf die Züge statt, sodass sich die Beschwerden wegen deren Überfüllung häufen. Matthä erklärt: „Nach Corona dachte man, es würde drei, vier Jahre dauern, bis sich die Bahnen wieder erholen. Es waren aber nur vier Wochen, bis wir über dem Niveau des Rekordjahres 2019 lagen. Das hat uns an die Kapazitätsgrenzen gebracht.“

Zusätzliche Kapazitäten

Außerdem sei das Klimaticket deutlich erfolgreicher, als sich das der ÖBB-CEO in seinen „kühnsten Träumen gedacht hätte“. Die Kapazitätsgrenzen würden vor allem zu den Stoßzeiten und an den Wochenenden erreicht.

»Wo es ein Angebot gibt wie Mikro-ÖV, Sharing-Themen und ÖV-Versorgung, geht der Motorisierungsgrad auch am Land zurück.«

Vera Hofbauer

Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Neue Züge sind längst bestellt, es wird viel investiert und bis zum Jahr 2030 sollte sich die Sitzplatzkapazität um 40 Prozent erhöhen, doch es gibt derzeit Lieferverspätungen bei Zügen von bis zu zwei Jahren. Zu noch mehr Bahnreisen soll demnächst ein gemeinsamer Nachtzugverkehr mit der Deutschen Bahn, der Schweizerischen Bundesbahn und der französischen SNCF in Europa führen, blickt Matthä in die Zukunft: „Ab Dezember fahren wir von Berlin nach Paris und Brüssel und die Tagzugverbindungen zwischen Deutschland und Österreich werden verstärkt, wie mit einer ICE-Verbindung von Wien nach Berlin.“

Bis zum flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos und der transparenten, einheitlichen Abrechnung beim Energietanken und dem Ersatz von Kerosin durch SAF (Sustainable Aviaton Fuel) ist der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und die Eisenbahn am effektivsten.

Information

Dieser Beitrag der „Presse“ ist eine entgeltliche Einschaltung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und erscheint mit finanzieller Unterstützung der ÖBB sowie Siemens Mobility.

Alle Keynotes, Expertinnengespräche und Diskussionen zum Thementag „Mobilität der Zukunft“ sind nachzusehen unter diepresse.com/mobilität

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