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Dmitry Glukhovsky: „Russland ist eine tödliche Gefahr“

Schriftsteller Dmitry Glukhovsky: „Der, dessen Zeit abläuft, ist Putin.“
Schriftsteller Dmitry Glukhovsky: „Der, dessen Zeit abläuft, ist Putin.“ Henrik Montgomery
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Der russische Schriftsteller Dmitry Glukhovsky, dem in seiner Heimat acht Jahre Haft wegen »Verleumdung der Streitkräfte« drohen, spricht in der »Presse« darüber, wie sein Land in eine Zeit der Raserei verfallen ist und warum sie nicht unter den herrschenden Verhältnissen enden kann.

Wer Ihre „Metro“-Trilogie und zuletzt „Outpost“ gelesen hat, muss überzeugt sein, dass Sie die Zukunft kennen. Bitte verraten Sie uns, wie es in Russland und mit dem Ukraine-Krieg weitergehen wird.

Dmitry Glukhovsky: Wenn ich eine Vorhersage wagen soll, dann jene, dass es mit Sicherheit keinen Atomkrieg geben wird. Russland wird von Menschen ­regiert, die massive materielle Interessen haben. Sie behaupten zwar, ideo­logisch motiviert zu sein, aber – verdammt noch mal! – sie sind es nicht. Sie wollen um jeden Preis leben und überleben. Mit dem Atomkrieg drohen sie nur, weil sie überzeugt sind, dass der Westen weich und verwöhnt ist und von Schwächlingen regiert wird. 

Was wird stattdessen geschehen?

Das russische Regime ist auf Lügen ­aufgebaut. Russland hat der Welt heute nichts zu bieten. Es verbreitet im ­Westen widersprüchliche Botschaften, um Konflikte zu schüren. Zu Hause schüren sie Ressentiments und Nostalgie und versprechen den Russen, ihr Imperium wiederherzustellen. Alles falsch, alles Lügen ohne moralische Grundlage. Eine kleine Gruppe hat die ganze Macht und beutet alles zu ihrem alleinigen Nutzen aus. Aber der Krieg ist sehr teuer, und die ökonomische ­Basis ist schwach. Das größte Land der Welt ist wirtschaftlich ein Kleinstaat und produziert heute keine zwei Prozent des weltweiten Wirtschaftsprodukts mehr. Der Zusammenbruch Russlands, wie wir es kennen, ist unausweichlich. Das ist auch gut so, denn Russland ist eine tödliche Gefahr für seine Nachbarn und seine eigene ­Bevölkerung. Der ­russische Staat muss neu erschaffen werden, genauso wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

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