Mein Samstag

Aber bitte mit Bröseln!

Was in der Causa Marillenknödel gar nicht ausreichend gewürdigt werden kann: die Brösel. Sind die nicht in ausreichender Menge vorhanden und nicht in der richtigen Bräune, kann man die Speise, egal welche, ohnehin vergessen.

Unter den Speisen, die die Menschheit polarisieren, liegen vermutlich Innereien ganz oben. Das Pendant unter den Kräutern ist mit ziemlicher Sicherheit der Koriander, der – ich meine, zu Unrecht – bei vielen Menschen auf Ablehnung stößt, nur weil er ein bisschen (okay, sehr viel) intensiver als seine optische Zwillingsschwester, die Petersilie, schmeckt.

Eher umstritten ist auch die Frage, ob Marillenknödel und Kaiserschmarren legitime Hauptspeisen sind oder doch nur Nachspeisen (in meiner versöhnlichen Art sage ich: beides, nur halt nicht gleichzeitig). Mein Kollege Erich Kocina, Sie haben es bestimmt gelesen, hat die sensible Causa neulich an dieser Stelle aufgegriffen und über das im Obstknödel befindliche Obst geklagt.

Ist Obst also ein Dessert? Das Kind findet: eher nein. Wenn es vom Mittagessen in der Schule berichtet, spricht es gern davon, dass es „keine Nachspeise gegeben hat, sondern nur Kompott“. Hatte es früher Freundinnen zu Besuch, hat es meine liebevoll gestalteten Früchteteller mit einem „Gib uns schnell das Obst, damit wir dann was Süßes essen können“ kommentiert.

Was jedenfalls in der Causa Marillenknödel gar nicht ausreichend gewürdigt werden kann: die Brösel. Sind die nicht in ausreichender Menge vorhanden und nicht in der richtigen Bräune (es ist ein sehr schmaler zeitlicher Grat zwischen zu bleich, ideal und verbrannt), kann man die Speise, egal welche, ohnehin vergessen. Als Kind waren die Bröselnudeln mein Lieblingsgericht, eine hochinteressante Erfindung.

Bröselgebirge

Überhaupt – meine Erinnerung mag mich täuschen – wurden mir sehr viele Gerichte mit Bröseln serviert: Karfiol mit Bröseln (ich kenne überhaupt nur zwei Personen, denen das außer mir schmeckt, und beide sind mit mir verwandt) oder Fisolen mit Bröseln. Bei uns wurden und werden die Brösel nicht nur dezent darüber gestreut, die jeweiligen Speisen versinken bis zur Unkenntlichkeit unter einem Bröselgebirge. Da ist es dann völlig egal, ob die Knödel mit Marillen, Nougat oder gar nicht gefüllt sind. In diesen Sinne: Kochen Sie etwas Gutes, aber vergessen Sie nicht die Brösel!

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

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