Expedition Europa

Auf der Suche nach den slowenischen Linken

Nova Gorica ist seit 1995 Uni­ver­si­täts­stadt und steigt 2025 zu­sam­men mit Go­rizia zur Europäischen Kul­tur­hauptstadt auf.
Nova Gorica ist seit 1995 Uni­ver­si­täts­stadt und steigt 2025 zu­sam­men mit Go­rizia zur Europäischen Kul­tur­hauptstadt auf.Mira Drozdowski via www.imago-im
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Expedition Europa: Im Parteilokal der Bewegung Freiheit! wurde seit Ewigkeiten niemand mehr gesehen.

Slowenien unterscheidet sich von allen anderen post­sozialistischen Staa­ten dadurch, dass sehr häufig linksliberale Parteien regieren. In den Neunzigern dominierte die Liberaldemokratie Slo­we­ni­ens, 2011 erhielt das soeben ge­grün­dete „Positive Slowenien“ fast 29 Pro­zent, 2014 die ­so­eben ge­grün­dete „Partei des mo­der­nen Zentrums“ fast 35 Prozent und 2022 die soeben gegründete Be­wegung „Frei­heit!“ über 34 Pro­zent. Da ihr Grün­der, der heutige Pre­mier­mi­ni­s­ter Ro­bert Golob, lange Jahre nur in der Lo­kal­po­litik ge­wirkt hat­te, mach­te ich mich in seine Heimatgegend auf.

Nova Gorica, das auch zu­sammen mit Golobs Vor­ort Šem­pe­ter nur 19.000 Seelen zählt, ist nur deshalb entstanden, weil Titos Par­ti­sa­nen 1945 bis an den Ison­zo vorrückten. Italien trat schließlich ein Stück der altehrwürdigen Stadt Go­ri­zia (Görz) beim Bahn­hof an Ju­go­sla­wien ab – und die Ti­to­is­ten bauten dort eine neue so­zia­li­s­ti­sche Stadt. Nova Gorica ist seit 1995 Uni­ver­si­täts­stadt und steigt 2025 zu­sam­men mit Go­rizia zur Europäischen Kul­tur­hauptstadt auf.

Von Norden kommend, bezirzten mich die paar Palmen und Reb­stöcke, weniger die Casinos. Die Wohnblöcke wurden vom Zentrum aus­gehend immer höher, und dank einer großen zentralen Zir­kus­wie­se, auf de­ren weitläufigen Gratisparkplätzen auch um fünf Uhr mo­r­gen noch Dis­comusik widerhallt, können hier große Partys stei­gen.

Noch in Slowenien oder schon Italien?

33 Fahrminuten ans Meer, ich konnte nicht widerstehen. Ich fuhr durch ei­nen slawisch-romanischen Karst, in dem ich mich dauernd frag­te, ob ich mich noch in Slo­wenien oder schon in Italien be­fand, und sprang unter der Spitzfenster-Burgruine von Duino ins Meer. An diesen scharfen Klip­pen soll eine Stimme im Wind Rilke den ersten Vers der „Dui­ne­ser Ele­gi­en“ ein­ge­sagt ha­ben: „Wer, wenn ich schrie, hörte mich denn aus der Engel Ord­nun­gen?“ Das Publikum am Felsstrand war schön hochnäsig, ein weißer, anämischer Upper-Class-Englisch spre­chender Jüng­ling besorgte den Rilke-Touch.

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