Nahost-Konflikt

Hochgerüstete Miliz an Israels Nordgrenze: Wie mächtig ist die Hisbollah?

Eine Beerdigung eines Hisbollah-Kämpfers, der bei Zusammenstößen mit dem israelischen Militär an der Südgrenze des Libanon getötet wurde,
Eine Beerdigung eines Hisbollah-Kämpfers, der bei Zusammenstößen mit dem israelischen Militär an der Südgrenze des Libanon getötet wurde,
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„Größer, finanzstärker, professioneller, kampferprobter, besser ausgerüstet und besser bewaffnet“ als die Hamas: Was ist über die Hisbollah bekannt? Und greift sie in den Krieg im Nahen Osten ein?

Soziale Bewegung, politische Partei und radikale Miliz: Die libanesische Hisbollah ist nicht leicht zu fassen. Unter der Bevölkerung im Libanon genoss die schiitische Bewegung jahrelang hohes Ansehen, mit den von ihr verübten Anschlägen und Geiselnahmen jedoch reiht sie sich in die Gruppe gewaltbereiter extremistischer Organisationen ein.

Gegen Israel hat die mit dem Iran und der Hamas verbündete Hisbollah wiederholt Krieg geführt. International wächst derzeit die Sorge, dass die schlagkräftige Miliz der israelischen Armee im Krieg gegen die Hamas eine zweite Front aufzwingt.

Einfluss iranischer Revolutionsgarden

Gegründet wurde die Hisbollah (deutsch: Partei Gottes) während des libanesischen Bürgerkriegs 1982 als Zusammenschluss schiitischer Milizen. Eine zentrale Rolle bei der Gründung spielten die iranischen Revolutionsgarden, welche die Hisbollah in den folgenden Jahren mit Ausbildern und Waffen unterstützten. Auch die islamistische Ideologie der Hisbollah wurde stark vom Iran beeinflusst.

Schon kurz nach ihrer Gründung machte die Gruppe mit mehreren folgenschweren Anschlägen auf die US-Botschaft in Beirut und die internationalen Truppen im Libanon auf sich aufmerksam. Seitdem wurden ihr eine Reihe weiterer Anschläge zugeschrieben, darunter 1994 auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires. In den 80er Jahren nahm die Hisbollah westliche Ausländer als Geiseln und ermordete mehrere von ihnen.

Großen Rückhalt erlangte die Hisbollah in der verarmten schiitischen Bevölkerung in der Hauptstadt Beirut und im Südlibanon durch ihr Netz an sozialen Einrichtungen. Darüber hinaus erwarb sie sich in der libanesischen Bevölkerung Respekt, als sie die israelische Armee im Jahr 2000 zum Abzug aus dem Libanon zwang.

„Verlängerter Arm des Iran und Syriens“

Die Hisbollah war schon in mehreren Kabinetten der Regierung in Beirut vertreten, doch auch im Libanon ist sie umstritten. Ihre Gegner werfen ihr vor, der verlängerte Arm des Iran und Syriens zu sein. Für eine tiefe Krise sorgte das Attentat auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri 2005, das der syrische Geheimdienst und die Hisbollah verübt haben sollen. Die folgenden Proteste zwangen Syrien damals zum Abzug seiner Truppen aus dem Libanon.

Viel Unterstützung kostete die Hisbollah, dass sie 2012 aufseiten des syrischen Machthabers Bashar al-Assad in den Syrien-Konflikt eingriff. Viele Libanesen nahmen ihr den Einsatz gegen die syrische Opposition übel. Proteste im Libanon im Jahr 2020 richteten sich auch gegen die Hisbollah, die viele Menschen für die soziale Misere im Land mitverantwortlich machten.

„Größer, kampferprobter, professioneller als Hamas“

Militärisch stellte sich die Hisbollah nach ihrem Krieg gegen Israel 2006 neu auf und begann „ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise auszubauen und zu verbessern“, wie die Expertin Eva Koulouriotis sagt. Die Miliz soll inzwischen über bis zu 200.000 Raketen unterschiedlicher Reichweiten verfügen, neben sowjetischen Katjuscha- und Grad-Raketen auch iranische Shabab-Raketen. Hinzu kommen iranische Drohnen, darunter auch Shahed-136-Drohnen, die Russland in der Ukraine einsetzt. 2021 gab die Hisbollah selbst an, über 100.000 Kämpfer zu verfügen.

Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel kommt es im Südlibanon an der Grenze zu Israel immer wieder zu Gefechten, was international die Sorge vor einer Ausweitung des Krieges schürt. Eine zweite Front im Norden des Landes wäre für Israel ein großes Problem. Im Vergleich mit der Hamas sei die Hisbollah „größer, finanzstärker, professioneller, kampferprobter, besser ausgerüstet und besser bewaffnet“, sagt der Militärexperte Lucas Webber. (APA/AFP)

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