Geschichte

Dollfuß-Museum: Das Ende einer Pilgerstätte

Aus der Neugestaltung des Museums wird eine „konstruktive Auflösung“, die fünf Jahre lang dauert. Das Museum sei von Beginn an als Gedenkstätte für den Diktator konzipiert gewesen, das lasse sich nicht umgestalten.

Wien. Mit einer Neukonzeption des Dollfuß-Museums war der Verein „MerkWürdig“ aus Melk beauftragt worden. Wie bereits berichtet wird aus der Neukonzeption eine Schließung des Museums, der Verein MerkWürdig und die Gemeinde Texing stellten am Freitag das Konzept offiziell vor.

Mit der Berufung des früheren Texinger Bürgermeisters Gerhard Karner (ÖVP) zum Innenminister war das Dollfuß-Museum in seiner Heimatgemeinde in den Fokus gerückt. Dieses sei mehr Pilgerstätte für Personen, die dem 1933 bei einem Attentat von Nationalsozialisten ums Leben gekommenen Diktator Positives abgewinnen können, denn ein Museum, lautete die Kritik, der sich die beauftragten Historiker voll anschlossen.

„Das Haus war mehr ein Huldigungsort für Dollfuß als ein kritisches Museum“, sagte Christian Rabl, Mitglied des Kuratorenteams, bei der Präsentation des Konzepts. Er verwies etwa auf unkommentierte Merchandising-Artikel wie Dollfuß-Kaffeehäferln oder auf ein Kistchen mit Grabeserde samt Echtheitszertifikat, die ausgestellt waren. Außerdem seien bei vielen Objekten weder Provenienz noch Authentizität bekannt.

Keine Erklärungstafeln

Das Kuratorenteam, unterstützt von einem Beirat mit prominenten Historikern, entschloss sich dazu, den „problematischen Erinnerungsort nicht mit Erklärungstafeln zu entschärfen“, sondern einen klaren Schritt zu setzen. Und der besteht darin, das Museum innerhalb von fünf Jahren aufzulösen. Jedes Jahr wird ein Teil der Ausstellungsgegenstände quellenkritisch analysiert und erforscht und danach weiter gegeben – entweder an andere Museen oder zurück an die Leihgeber, zumeist die Familie Dollfuß.

Dieser Prozess soll gemeinsam mit Bewohnern der Region – Erwachsene, aber auch Schülern – erfolgen. Mit ein Grund für diese Lösung ist wohl die Immobilie selbst: Das Geburtshaus von Dollfuß, bis 2028 an die Gemeinde Texing verpachtet, weist schwere Bauschäden auf.

Hinter dem Konzept steht auch der Texinger Bürgermeister Günther Pfeiffer (ÖVP). Dollfuß sei in seiner Gemeinde immer noch ein Thema für die Bevölkerung, allerdings „nicht das Thema Nummer eins“. Die Finanzierung für das Projekt ist allerdings noch nicht komplett unter Dach und Fach. Projektleiter Alexander Hauer rechnet mit jährlichen Kosten von rund 50.000 Euro. Man sei aber in guten Gesprächen mit diversen Förderstellen und insofern „sehr optimistisch, dass wir die recht überschaubaren Mitteln gut aufstellen können“. Die Gemeinde selbst wird laut Pfeiffer jedenfalls „unseren Beitrag leisten“, auch wenn dieser wegen begrenzter Budgetmittel nicht allzu groß sein könne.

Historiker Ernst Langthaler vom wissenschaftlichen Beirat, der das Projekt begleitet, zog Vergleiche zum Umgang mit dem Hitler-Geburtshaus in Braunau. „Man könnte meinen, das Ausräumen eines Museums und der Umbau des Hitler-Hauses (im Auftrag des Innenministeriums in eine Polizeistation, Anm.) laufe am Ende auf das gleiche hinaus. Aber die Unterschiede könnten nicht größer sein.“ Hier werde nicht neutralisiert, sondern reflektiert, nicht obrigkeitsbestimmt, sondern partizipativ, nicht nach dem Motto „red ma nicht drüber“, sondern „kommen wir ins Gespräch“ vorgegangen. (maf)

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