Am Herd

Shoppen – aber richtig

Die Läden sind billig, die Auswahl ist riesig, dafür hapert’s an der Qualität und man ist nach dem Einkaufen völlig erschöpft, unter anderem, weil man sich zwischen zehn Sorten glattem Mehl entscheiden musste.

Ich habe neulich Pullis gekauft. Aber richtig. Falsch ist, das weiß ich jetzt, wie ich das früher gemacht habe: In irgendeinen Hunderte Quadratmeter großen Laden einer internationalen Kette rein, auf dem Weg zur Umkleide schnell zehn Pullover an mich raffen, in der Kabine über irreführende Größenangaben fluchen, alle zehn davon wieder zurückgeben, eine Runde drehen, noch einmal zehn schnappen, dieses Mal neun zurückgeben, einen bezahlen und das Gefühl haben, ich sei einen mentalen Marathon gelaufen. Overload.

Oder: Im Netz etwas bestellen, in der Arbeit sein, wenn die Lieferung kommt, eine Viertelstunde vor dem Schalter stehen, alles nach Hause schleppen, dort Pullis aus dem Plastik fitzeln, probieren, probieren, probieren, alles wieder zurücklegen außer dem kuscheligen Pyjama, Retourenschein ausfüllen, Klebeband suchen, Paket verschließen und eine Woche lang jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, denken: Verflixt, ich sollte zur Post.

Die Selbstbedienungskassa und der Alkohol

Und so geht es einem ja nicht nur mit Kleidung. Auch die Supermärkte sind zu groß, dafür sind sie billig, die Auswahl ist riesig, allerdings hapert es an der Qualität. Sobald man sie betreten hat, will man wieder raus, weshalb man durch die Gänge rennt, als sei man auf der Jagd, und so schnell wie möglich seine Beute in den Einkaufswagen schmeißt. Dann geht man, damit man erstens niemanden grüßen muss und um zweitens der Schlange auszuweichen, zur Selbstbedienungskassa, wo man trotzdem warten und grüßen muss, weil man Wein gekauft hat und eine Verkäufer:in braucht, die eh nur mehr dazu da sind, Alkohol zu erlauben und Waren einzuschlichten.

Und dabei rede ich noch nicht einmal von all jenen, die am Land leben und ein Auto brauchen, um irgendwo im Nirgendwo auf einem riesigen und trotzdem überfüllten Parkplatz zu halten, in dessen Mitte einer dieser Supermarkt-Container steht.

Wir wollen Geld sparen, Zeit und Energie, aber in Wirklichkeit sind wir nach dem Einkaufen so erschöpft davon, dass wir allein deshalb ein Wochenende brauchen und am besten eine Yoga-Stunde. Das ist ja nicht einmal effizient! 

Wie ich es jetzt gemacht habe? Also mit den Pullis? Ich bin in einen kleinen Laden gegangen. Es gab dort eine Verkäuferin, die beraten durfte. Die Auswahl hat mich nicht überfordert. Ich habe in einer gemütlichen halben Stunde alles gefunden, was ich für diesen Herbst brauche. Dazwischen habe ich ein bisschen geplaudert – die Bedeutung von Small-Talk für das Wohlbefinden wird unterschätzt – und dabei Tipps für die Farbe der Strumpfhose bekommen. Viel teurer war es auch nicht. Im Frühling geh ich wieder hin.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com diepresse.com/amherd

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