Europa Leagu

Sturm Graz ruft die „Göttin“ aus Bergamo

Davide Zappacosta verteidigt geschickt.
Davide Zappacosta verteidigt geschickt.Imago / Speed Media/icon Sportswire
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Gian Piero Gasperini formte Atalanta zu einem Serie-A-Spitzenclub, sorgte in der Champions League für Furore. Der Rekordtransfer von Rasmus Höjlund zeichnete Spuren nach Graz, Sturm ist am Donnerstag Gegner in der Europa League.

Als Gian Piero Gasperini im Sommer 2016 bei Atalanta Bergamo übernahm, war der Club in der Serie A nicht unbedingt ein Favoritenschreck. „La Dea“ („Die Göttin“) galt als Mittelständler, der größte Erfolg - der Gewinn der Coppa Italia vor über 50 Jahren (1963) - war verblasst. Dreieinhalb Jahre später sorgte Atalanta in der Champions League für Aufsehen, Gasperini wurde für eine taktische Revolution in Italien gefeiert. Sturm Graz darf im Europa-League-Duell aber hoffen.

Zwar haben die Lombarden vor dem Auftritt in Graz (18.45 Uhr/live ServusTV, Sky) in der Europa League ihre bisherigen zwei Auftritte gewonnen und liegen nach einem 2:0 gegen Genoa am Sonntag auch in der Meisterschaft als Sechster auf Schlagdistanz zur Spitze, auswärts läuft es für die „Göttin“ aber noch nicht rund. In fünf Partien in der Ferne gab es drei Niederlagen. 15 geschossene Tore in neun Runden täuschen darüber hinweg, dass in der Offensive noch kein Angreifer in die Fußstapfen von Rasmus Höjlund treten konnte.

Der im August 2022 von Sturm nach Bergamo gewechselte Däne zog kein Jahr später zu Manchester United weiter. 20 Millionen Euro kassierte Sturm am Ende für den Mittelstürmer, Atalanta lukrierte nicht weniger als 75 Millionen. Der Großteil des clubinternen Rekordtransfers wurde in zwei Angreifer reinvestiert. Der italienische Internationale Gianluca Scamacca kam um 25 Mio. Euro von West Ham United, der Malier El Bilal Toure um die Club-Rekordsumme von 30 Mio. Euro von Almeria.

Toure fällt aufgrund einer in der Vorbereitung erlittenen Oberschenkelverletzung jedoch noch länger aus. Scamacca war Ende September ebenfalls verletzt und konnte sich noch nicht als echte Verstärkung präsentieren. Für Italien schrieb der 1,95-m-Mann in der EM-Qualifikation gegen England (1:3) an. Gasperini hoffte auf ein „gutes Omen“ für sein Team. „Er hat gut begonnen, aber ein paar kleinere Verletzungen haben ihm zu schaffen gemacht. Wir arbeiten daran, dass er sein volles Potenzial ausschöpfen kann“, sagte Atalantas Chefcoach.

Der 65-Jährige selbst ist in seiner nun schon über siebenjährigen Tätigkeit beim Club zu Italiens aktuell längstdienendem Coach in der Serie A avanciert. Den nach der griechischen Jagdgöttin Atalante benannten Verein - für den von 2008 bis 2010 mit György Garics (65 Einsätze) ein Österreicher einlief - hat er erfolgreich geformt. Seine Spielphilosophie: Offensive mit Mut zum Risiko. „Verteidigen macht dich unbesiegbar, aber wenn du gewinnen willst, musst du angreifen“, sagte „Gasp“ über seine Herangehensweise. Atalanta überraschte Italiens Schwergewichte aus Mailand, Rom und Turin mit einem in Italien nicht gekannten Bekenntnis zum Pressing. Anstatt Tore zu verhindern, wollten die Schwarzblauen einfach mehr erzielen als der Gegner.

98 Tore schoss Atalanta in der Saison 2019/20. Zum Vergleich: Die 100-Tore-Marke haben bisher nur Torino, Juventus, Milan und Inter zwischen 1947 und 1951 geknackt. Dank kluger Schachzüge im Scouting gelang es dem Club vorzüglich, vermeintlich „gescheiterte“ Akteure sowie aufstrebende Talente nach Bergamo zu holen. Atalanta wurde zwischen 2019 und 2021 dreimal Dritter der Serie A, 2020 war in der Champions League erst im Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain Endstation. Gasperini, der als Spieler großteils in der Serie B agierte, wurde gefeiert und zweimal (2019, 2020) zu Italiens Trainer des Jahres gewählt. Ins Lob stimmte auch Arrigo Sacchi ein. Italiens Trainer-Ikone sagte 2020: „Wenn in Italien in allen Bereichen jeder das geben würde, was Atalanta im Fußball gibt, wären wir besser dran.“

In der Vorsaison blieb die Champions League-Teilnahme als Fünfter außer Reichweite. Beobachter attestierten Atalanta eine defensivere Herangehensweise als noch die Jahre davor. Aufsehen erregten im September Aussagen des ehemaligen Atalanta-Profis Joakim Maehle. Der dänische Internationale bezeichnete den Stil von Gasperini als diktatorisch. „Man fühlt sich nicht als Mensch, sondern als Nummer“, sagte der nunmehrige Wolfsburger Maehle. „Höjlund und ich sind zum Beispiel immer zusammen zum Training gefahren. Aber er wollte nicht, dass wir zusammen fahren. Denn dann konnten wir auf dem Weg zum Training zusammensitzen und uns unterhalten, Spaß haben.“ Wenige Tage später ruderte Maehle wieder zurück: Dies sei keine Kritik am „großartigen Trainer“ Gasperini gewesen.

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