Wissenschaft

Soll man klimabedrohte Tierarten übersiedeln?

Schwarzfußalbatrosse werden wegen des Anstiegs der Meere auf Inseln mit höher gelegenen Stränden evakuiert.
Schwarzfußalbatrosse werden wegen des Anstiegs der Meere auf Inseln mit höher gelegenen Stränden evakuiert. Kevin Schafer/Picture Alliance/picturedesk
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Erste Tierarten, die den Folgen der Erwärmung aus eigener Kraft nicht trotzen können, werden in assistierter Migration in neue Habitate transferiert. Es ist umstritten.

Noch halten sich die Tuataras, Brückenkopfechsen, die einst halb Neuseeland bewohnten und dann vor Hunden, Katzen und Ratten, die mit den Europäern kamen, nur noch auf Inseln im Norden sicher waren, dort in so hohen Zahlen, dass sie laut Internationaler Naturschutzorganisation IUCN als nicht gefährdet gelten. Aber seit einiger Zeit droht eine neue Gefahr: Vor zehn Jahren zeigten erste Populationen einen derartigen Überhang an Männchen, dass Sorgen aufkamen, der Klimawandel könne dieser Art ein Ende bereiten. Denn die Tuataras sind Reptilien, und bei denen entscheiden nicht die Gene über das Geschlecht des Nachwuchses, sondern die Temperaturen: Wärme bringt Weibchen.

Deshalb spielte Nicola Mitchell (University of Western Australia) 2013 an Tuataras hypothetisch durch, ob man die Art, die vom Klimawandel bedroht ist, dadurch retten könnte, dass man einige ihrer Mitglieder in den kühleren Süden Neuseelands übersiedeln würde. Es ging vor allem darum, ob sie das dortige Ökosystem durcheinanderbringen oder gar ruinieren könnten, wie es so viele Arten getan haben, die von Menschen mit oder ohne Absicht irgendwohin gebracht (und dann „invasiv“ genannt) wurden: Ohne Absicht waren das etwa Schlangen, Braune Nachtbaumnattern (Boiga irregularis), die im Zweiten Weltkrieg mit dem US-Militär auf die Insel Guam kamen und dort fast alle Vögel ausrotteten, mit Absicht waren das in Australien etwa Kaninchen oder Zuckerrohrkröten.

In Australien versucht man es mit von Trockenheit bedrohten Schildkröten

Deshalb ist man vorsichtig geworden, deshalb Mitchells Durchspielen einer Tuatara-Übersiedelung: Sie konnte Entwarnung geben (PLoS One 8, e75814). Und mit denselben Vorsichten im Hinterkopf ging sie 2016 an die erdweit erste echte Übersiedlung – „assistierte Migration“ oder auch „assistierte Kolonisierung“ – eines Wirbeltiers aus Klimagründen, die der Falschen Spitzkopfschildkröte (Pseudemydura umbrina) in Australien: Die galt eingangs des 20. Jahrhunderts als ausgestorben, in den 50er-Jahren sichtete man sie doch, nun ist das wirkliche Aussterben absehbar: Es gibt in der freien Natur gerade noch 70 Exemplare in einem geschützten Feuchtgebiet nördlich von Perth.


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