Geplant. Pfeiler, Pergolen, raumhohe Fenster: Hommage an Richard Neutras Architektur.
Architektur

Richard Neutra neu entdeckt

Architekten wie Alfred Preis und Richard Neutra erlangten in den USA einen Ruhm, der ihnen in Österreich verwehrt bliebt. Das könnte sich jetzt zumindest für Neutra durch ein neues Projekt in Wien ändern.

Adolf Loos, Otto Wagner, Friedensreich Hundertwasser, Wolf Prix: Die Liste der Namen von Architekten ganz unterschiedlicher Stilrichtungen, die man sofort mit Österreich verbindet, ist lang. Aber wer weiß schon, dass zu den führenden Architekten Kaliforniens und Haiwaiis ebenfalls zwei Wiener gehören? Letzterer war Alfred Preis, der an der Technischen Universität studiert hat und in den Nachkriegsjahren eine beeindruckende Karriere in Honolulu machte.

Dort entwarf er unter anderem das Mahnmal für die 1945 beim Angriff auf Pearl Harbor versenkte USS Arizona, dessen Bedeutung für Hawaii ungefähr mit jener des 911-Memorials für New York City vergleichbar ist. Auch der Eingang zum Zoo der Inselhauptstadt und weitere 180 Projekte stammen aus seiner Feder-Von  1966 bis 1980 war er sogar Direktor der Hawai‘i State Foundation on Culture and the Arts und initiierte in dieser Funktion ein Kunst-am-Bau-Programm, das vorschreibt, bei staatlichen Bauaufträgen mindestens ein Prozent des Budgets für Kunst in öffentlichen Gebäuden auszugeben ist.

Vom Loos-Studium nach Hollywood

Ein paar Flugstunden weiter nördlich machte noch eine Weile vor Preis ein anderer Österreicher Karriere: Richard Neutra war ebenfalls nach dem Abschluss an der Technischen Hochschule Wien 1923 zunächst nach New York und später nach Chicago gegangen – mit einem Umweg über Wisconsin, wo er in Taliesin seinen Entwurf für den Wettbewerb zum Bau der Hietzinger Synagoge in Wien umsetzte, der es daheim nur zur einer Anerkennung brachte. Wirklich berühmt wurde der Wiener allerdings erst, als er 1925 mit seiner Frau Dione einem Werbeplakat mit der Aufschrift „California calls you!“ folgte und im Architekturbüro von Rudolph Schindler anheuerte, mit dem er gemeinsam in Wien bei Adolf Loos studiert hatte.

Wegweisend. Mit dem „Lovell House“ setzte Richard Neutra 1929 einen Maßstab.
Wegweisend. Mit dem „Lovell House“ setzte Richard Neutra 1929 einen Maßstab.Picturedesk.com

Dort begann seine Karriere wirklich abzuheben: In den Hollywood Hills (dort, wo bis heute das berühmte Hollywood-Sign steht, das zu dieser Zeit aufgestellt worden war, um Käufer für die Häuser in dieser „neuen“ Gegend zu begeistern) stellte er 1929 das „Haus Lovell“ fertig, in dem er seine architektonischen Ideen erstmals umsetzen konnte. Das Haus hatte eine damals noch ungewöhnliche Stahlkonstruktion aus vorgefertigten Teilen, große Glasflächen und ineinander übergehende Innen- und Außenräume – ein Konzept, mit dem Neutra in Fachkreisen auf beiden Seiten des Atlantiks bekannt wurde. Was unter anderem zu einer Einladung von Josef Frank führte, an der Werkbundsiedlung Wien mitzubauen, die er gerne annahm.

Glas, Metall und die Pergola

Seine wirklich großen Erfolge feierte aber weiterhin in Kalifornien: Dort entwickelte er damals den modernen, kalifornischen Stil weiter: Verknüpfte Metallkonstruktionen mit Stuckelementen und viel Glas, die für helle, luftdurchlässigen Ensemble sorgten, und versah seine Häuser im Bungalow-Stil mit einer Pergola. Die ihnen nicht nur ihren typischen Look verliehen, sondern auch den Übergang zu Neutras zweiter großen Liebe schufen: der Gartenarchitektur.

Kalifornisch. Das „Kaufmann Desert House“ in Palm Springs, eine Art Prototyp.
Kalifornisch. Das „Kaufmann Desert House“ in Palm Springs, eine Art Prototyp.Alan Weintraub/Picturedesk.com
Transparent. Das schwebend wirkende Objekt passt in die Wüstenumgebung.
Transparent. Das schwebend wirkende Objekt passt in die Wüstenumgebung. Picturedesk.com

Das Wissen darüber hatte er einst bei Gustav Ammann in Zürich erlangt, und seine Häuser in entsprechend schöne Gärten eingebettet. Zu seinem berühmtesten Gebäude wurde schließlich das „Kaufmann Desert House“, das er 1946 in der Wüstenlandschaft nahe Palm Springs erbaute und das bis heute als eines der bekanntesten Einfamilienhäuser des 20. Jahrhunderts gilt. Neutra wurde dadurch endgültig zu einem der wichtigsten Vertreter des Klassischen Moderne; sein Wunsch, als solcher auch in Wien wieder Fuß zu fassen, erfüllte sich aber bis zu seinem Tod im Jahr 1970 nicht.

­­­­­­(Wieder-)Entdeckung im Museum

50 Jahre später passierte hier allerdings etwas, das der Architektur-Ikone sicher gefallen hätte: Der junge Wiener Projektentwickler Franz Rumpler, dem unter anderem 50 Prozent der Habau Group gehören, hatte zwischen zwei Terminen ein wenig Zeit und entschloss sich spontan, auf einen Sprung ins Wien Museum zu schauen – in dem 2020 Neutras Arbeit eine Ausstellung gewidmet war. Aus dem „Sprung“ wurden dann eineinhalb Stunden, denn die Architektur Neutras hatte es Rumpler nachhaltig angetan.

„Dort habe ich die Antwort auf die Frage, wie bringt man Luxus und Gemütlichkeit zusammen, gefunden. In dieser Kombination aus raumhohen Verglasungen, die viel Natur, Sonnenlicht aber auch Stimmungen hereinlassen, aber auch Rückzugsorte schafft und nicht einfach endlose Sichtachsen“, beschreibt er seine erste intensive Begegnung mit der kalifornischen Moderne. Zur gleichen Zeit wartete ein Grundstück an der Hohen Warte, das sich schon länger im Besitz seines Unternehmens Neuraum befand, auf ein Projekt, das dieser besonderen Lage auch gerecht würde.

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