ATP Finals

Warum Alexander Zverev das Rampenlicht meidet

Die Krönung einer komplizierten Comeback-Saison: Alexander Zverev im Pala Alpitour von Turin.
Die Krönung einer komplizierten Comeback-Saison: Alexander Zverev im Pala Alpitour von Turin. Reuters
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Ein starker Auftakt unter dem Radar: Während er in der Heimat wieder mit Gewalt-Vorwürfen konfrontiert ist, fühlt sich Alexander Zverev in Turin als Außenseiter sichtlich wohl.

Turin. Die großen Themen im Pala Alpitour von Turin sind eigentlich andere: Wird Novak Djokovic mit seinem siebenten Titel bei den ATP-Finals zum alleinigen Rekordsieger? Gelingt Carlos Alcaraz noch ein versöhnlicher Saisonabschluss? Trumpft Jannik Sinner in der Heimat auf? Und wie präsentiert sich Jungstar Holger Rune nun mit Trainer Boris Becker an seiner Seite?

Alexander Zverev interessierte da nur am Rande. Gerade noch konnte sich der 26-jährige Deutsche für das Finalturnier der besten acht Spieler des Jahres qualifizieren, die Leistungen zuletzt waren durchwachsen, er war gesundheitlich angeschlagen. Und selbst nach seinem doch überraschenden Auftaktsieg in Turin über Alcaraz (6:7 (3), 6:3, 6:4), ein Match, das nach Abwehr eines Breakballs zu Beginn des zweiten Satzes klar in Zverevs Richtung lief, wurde vielmehr die Kritik des unterlegenen Alcaraz diskutiert, der sich über den schnellen Belag in Turin beschwerte.

Tatsächlich aber ist Zverev neben Djokovic der einzige derzeit aktive Spieler, der das Finalturnier schon mehr als einmal gewann, hier brachte er immer Topleistungen und hier schlägt seine ansonsten negative Bilanz gegen Top-Ten-Spieler (45:61) plötzlich ins Positive um (12:8). Bei seinem ersten Triumph 2018 besiegte er nacheinander Roger Federer und Djokovic, 2021 erneut Djokovic und im Endspiel Daniil Medwedew. Gegen den Russen bestreitet Zverev am Mittwoch in Turin sein zweites Gruppenspiel (21 Uhr, live Sky).

Auf dem Weg zur Nummer eins

Noch fühlt sicher der Deutsche sichtlich wohl in der Außenseiterrolle, zumal seine Comeback-Saison lange nicht in Fahrt kommen wollte. Nach einem mehrfachen Bänderriss im rechten Sprunggelenk (French Open 2022) tat sich die einstige Nummer zwei der Welt schwer, den Rhythmus zu finden. Erst Mitte des Jahres spielte Zverev wieder richtig gutes Tennis. Das erreichte Halbfinale in Roland Garros war der Wendepunkt, es folgten Titel in Hamburg und Chengdu, ehe er wieder ausgelaugt wirkte, Auftakt-Niederlagen in Shanghai und Tokio kassierte und nur mit Mühe noch das Ticket für Turin löste.

„Sicher, ich habe keinen Grand-Slam-Wettbewerb gewonnen und auch nicht die Turniere, die ich in den vergangenen Jahren für mich entscheiden konnte, aber ich kann zufrieden sein“, erklärte Zverev. „Vor den French Open im Mai habe ich noch gar keinen Gedanken an Turin verschwendet.“ Vor allem: „Vor der Verletzung stand ich kurz vor der Nummer eins und das wurde mir genommen. Auf einmal war ich Nummer 27 der Welt. Zurück bei diesem Turnier zu sein, ist also sehr besonders für mich.“

Prozess droht

Belastend hinzu kam die juristische Auseinandersetzung mit seiner Ex-Freundin und Mutter seines Kindes. Ende Oktober verhängte das Amtsgericht Tiergarten in Berlin einen Strafbefehl gegen Zverev. Er soll 450.000 Euro Geldstrafe wegen Körperverletzung zahlen. Zverev weist die Vorwürfe zurück und legte Einspruch ein. Damit drohen im kommenden Jahr ein Prozess und große Schlagzeilen.

Schon einmal aber ließ sich der Hamburger von solchen Vorwürfen zumindest auf dem Tennisplatz nicht beeindrucken. Eine andere Ex-Freundin ging schon 2020 mit einer ähnlichen Geschichte von häuslicher Gewalt an die Öffentlichkeit, zeigte Zverev, der auch diese Vorwürfe bestritt, aber nicht an. Die ATP sprach keine disziplinarischen Maßnahmen aus, könnte die Sache nach dem aktuellen Berliner Verfahren aber neu bewerten.

Zverev will sich dazu nicht äußern, auch in Turin nicht. Dort soll wieder nur das Tennis im Vordergrund stehen, und dazu bleibt er lieber unter dem Radar. Wie schon bei seinen beiden Titelgewinnen zuvor, als er ebenfalls nur als Außenseiter angereist war. (joe)

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