EM-Qualifikation

Schicksalsspiel: Italiens wiederkehrender Albtraum

Auf Luciano Spalletti ruhen die letzten Hoffnungen der italienischen Fußballnation.
Auf Luciano Spalletti ruhen die letzten Hoffnungen der italienischen Fußballnation. Reuters/Alessandro Garofalo
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Mit einem Angstgegner vor Augen muss die Squadra Azzurra schon wieder um die Teilnahme an einem großen Turnier zittern. Unruhe herrscht auch neben dem Platz.

Es ist eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle, die die stolze italienische Fußballnation in der jüngeren Vergangenheit durchleben muss. Zwei Jahre nach dem Gewinn des EM-Titels droht das Nationalteam nach zwei Weltmeisterschaften (2018, 2022) auch die Europameisterschaft 2024 zu verpassen. Es brodelt, und ausgerechnet jetzt heißt der Gegner wieder Nordmazedonien. Jener Gegner, der in den Köpfen der „Tifosi“ böse Erinnerungen weckt: Das kleine Balkanland hat Italien schon mehrmals geärgert, in bisher vier Duellen setzte sich der vierfache Weltmeister nur einmal durch.

Besonders schmerzhaft war die 0:1-Heimniederlage in der jüngsten WM-Qualifikation, die Italien im Vorjahr um die Teilnahme beim Turnier in Katar gebracht hatte. Vor rund eineinhalb Jahren hatte Aleksandar Trajkovski erst in der 90. Minute den alles entscheidenden Treffer im Playoff-Halbfinale erzielt. Der Vorwurf damals: Der große Favorit Italien sei mit den Gedanken schon in einem Finale mit Portugal gewesen.

Heute (20.45 Uhr, live, Dazn) benötigt die Squadra Azzurra im Stadio Olimpico von Rom jedenfalls einen Sieg, um mit den in der Gruppe C zweitplatzierten Ukrainern an Punkten gleichzuziehen. Zum Abschluss der Qualifikation am Montag steht das Gipfeltreffen mit den Osteuropäern in deren Ausweichquartier Leverkusen auf dem Programm. Den ersten Vergleich mit der Ukraine hat Italien mit 2:1 gewonnen. Gruppe-C-Spitzenreiter England hat dank fünf Siegen aus sechs Partien das EM-Ticket bereits gelöst.

Wie mit der Angst umgehen?

Luciano Spalletti gab sich vor dem Wiedersehen mit Nordmazedonien betont gelassen. „Angst? Die treibt uns nur an“, sagte Italiens Teamchef, der vergangene Saison Napoli zum ersten Meistertitel in der Serie A seit über 30 Jahren geführt hatte. Dabei bekam Spalletti die nordmazedonische Unbeugsamkeit bereits zu spüren: Das 1:1 in Skopje im ersten Duell im September war sein Einstand als „Commissario Tecnico“ der Nationalauswahl und Nachfolger von Roberto Mancini.

Mittelfeldspieler Giacomo Bonaventura, der bei der 1:3-Niederlage gegen England vor einem Monat sein erstes Tor für Italien erzielen konnte, warnt nun vor dem Schicksalsspiel gegen die Nordmazedonier, deren Kadermarktwert nur rund einem Zehntel von jenem der Italiener entspricht (54,40 Mio. Euro bzw. 582 Mio. Euro). „Wenn man gewinnen muss, ist es nie einfach. Wir müssen stark beginnen und ein Zeichen setzen“, sagte Bonaventura. Wobei der 34-jährige Fiorentina-Profi auch die gescheiterten Qualifikationen für Russland 2018 und Katar 2022 ansprach. Sein Fazit: „Wir dürfen uns nicht mit Druck und Angst belasten.“

Überall Störgeräusche

Noch haben die Italiener alles in den eigenen Händen. Außerdem gibt es auch noch die Möglichkeit zur Qualifikation über das Playoff der Nations League im März 2024. Jedoch haben sich dunkle Wolken aufgetürmt über der Squadra, die bei der vergangenen EM mit ihrem untypisch spektakulären, nach vorn gerichteten Spielstil noch die Fans weltweit verzückt hat.

Doch Europameister-Coach Roberto Mancini trainiert „aus persönlichen Gründen“ plötzlich lieber Saudiarabien als sein Heimatland. Die beiden Nationalspieler Sandro Tonali und Nicolò Fagioli wurden wegen illegaler Wetten gesperrt. Gegen Nicolò Zaniolo stehen ähnliche Vorwürfe im Raum, und italienischen Medienberichten vom Mittwoch zufolge hat die Staatsanwaltschaft von Turin nun auch gegen Alessandro Florenzi Ermittlungen wegen des Verdachts auf illegale Sportwetten aufgenommen. Zaniolo soll gar aktiver Teil eines Glückspielrings sein.

Auf Spalletti lastet also erheblicher Druck. Der 64-Jährige gab sich im Trainingslager nahe Florenz dennoch recht entspannt. „Ein Sieg im ersten Spiel wäre im zweiten Spiel ein schöner Vorteil“, kommentierte er die Lage lakonisch. Trotz der schwierigen Lage hat Spalletti zwei Neulinge nominiert: Mittelfeldspieler Andrea Colpani, 24, aus Monza und Verteidiger Andrea Cambiaso, 23, von Juventus Turin. (red.)

EM-Qualifikation

Gruppe C, 9. Spieltag: Freitag: England – Malta, Italien – Nordmazedonien (je 20.45 Uhr, Dazn). 10. und letzter Spieltag: Montag: Nordmazedonien – England, Ukraine – Italien (je 20.45 Uhr). Tabelle: England (16 Punkte) vor Ukraine (13), Italien (10), Nordmazedonien (7) und Malta (0). Playoff-Turnier über Nations League: 21. bis 26. März 2024.

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