<strong>Klassisch.</strong> Typisch 1950er-Jahre: Plastic Chairs von Charles und Ray Eames (von Vitra).
Interior

Das kleine Universum im Esszimmer

Der Essplatz ist mehr als ein Platz zum Essen. Von der kompakten Lösung bis zur großen Tafel, vom Trend bis zum Klassiker, vom optischen Ankerpunkt bis zur hierarchiefreien Fläche vereint er viele Funktionen.

Hier wird nach allen Regeln der kulinarischen Kunst groß aufgetischt oder auch nur ein schneller Snack eingenommen, hier wird zeitweise intensiv gearbeitet oder auch in gemeinsamer Runde gespielt, hier wird gelacht und manchmal gehen die Wogen ordentlich hoch: Der Essplatz ist ein eigenes kleines Universum. Ob elegante Spielfläche für den Dinnerabend oder temporärer Arbeitsplatz – er nimmt eine zentrale Bedeutung im Raumgefüge ein. „Der Essbereich hat eine der wichtigsten Funktionen, nach dem Schlafzimmer ist es für mich der zweitwichtigste Raum im Haus“, sagt Innenarchitektin Nina Klimova von Home Interiors. „Es ist der Ort, an dem die Familie täglich zusammenkommt, Gäste empfängt und an Feiertagen gemeinsam feiert“.

Was Tischformen und Sesselvariationen betrifft, ist die Auswahl groß und vieles Geschmacksache. Wesentlich ist: Sitzmöbel sollten nicht nur schön, sondern auch bequem sein und Tische im besten Fall eine flexible Anzahl von Personen versammeln können. „Es gibt eine Vielzahl von Modellen – klassisch, modern, mit Metallbeinen oder Holz, mit Drehmechanismus oder Armlehnen. Bei der Polsterung kann man Leder oder natürliche Materialien wie Leinen und Baumwolle wählen. Sie liegen in dieser Saison besonders im Trend liegen“, so Klimova.

Ikonen einbeziehen

Auch Klassiker spielen immer eine Rolle. Der von Charles und Ray Eames in den 1940er Jahren entworfene Dining Chair Wood DCW ist Zeugnis ihrer frühen Experimente mit dreidimensional verformtem Schichtholz und wirkt noch immer zeitgemäß. Die zu Beginn der 1950er-Jahre entwickelten Plastic Chairs sind zu Ikonen des amerikanischen Mid-Century geworden. Insbesondere der Dining Height Armchair Rod Base mit seinem so genannten Eiffelturm-Untergestell verbindet formale Leichtigkeit und konstruktive Stabilität. Den legendären Panton Chair wiederum entwarf Verner Panton im Jahr 1960 und entwickelte ihn zusammen mit Vitra zur Serienreife.

»Es ist ein Ort an dem die Familie zusammenkommt.«

Nina Klimova

Innenarchitektin

In offenen Wohnkonzepten sind Koch-, Ess- und Wohnbereich meist eine räumliche Einheit. Martin Aigner von Handgemacht, Gestaltungsbüro samt Tischlerei, plädiert aber dafür, klare Zonen zu schaffen und den Essplatz näher an die Küche und vom Sofa weiter weg zu rücken: „Am besten schafft man eine räumliche Trennung durch architektonische Akzente.“ Auch Teppiche fassen Bereiche optisch ein. Küche und Essplatz gehören inhaltlich zusammen. „Der Essplatz folgt im Gesamtkonzept gleich der Küche, auch in den Alltagsabläufen ist das zu berücksichtigen. Er kann als zweite Insel im Raum fungieren“, sagt Matthias Prödl von der Tischlerei Prödl und spricht sich nicht zuletzt auch für eine gute Abstimmung der Materialien aus. Die Positionierung des Tisches im Raum gehorcht eigenen Gesetzen. „Welche Abläufe sind zu berücksichtigen, wie verlaufen die Gehwege, wo wird das Geschirr verstaut?“, verweist Prödl auf relevante Fragestellungen.

Chaos ausklammern

Für ein eigenes Esszimmer im Raumgefüge spricht, dass Gerüche und Geräuschpegel so besser kontrolliert werden können. Und: „Wenn richtig groß aufgekocht wird, kann man das Chaos in der Küche auch optisch ausklammern“, gibt Aigner zu bedenken. Freilich sind mit dieser Variante längere Wege zu bewältigen, Sideboards leisten immer gute Dienste, Gewürze und Co. sollte man lieber in doppelter Ausführung in Reichweite haben. Wer einen eigenen Raum für kulinarische Momente sein Eigen nennt, hat oft einen zweiten informelle Essplatz direkt in der Küche, weiß Prödl zu berichten.

„Es ist gut, wenn der Zugang zum Essbereich von beiden Seiten, der Küche und dem Wohnzimmer, in einer durchgangsähnliche Anordnung erfolgt. Wenn der Raum es zulässt, ist es am besten, den Essbereich getrennt zu platzieren. Dies ist aus praktischer Sicht vorteilhaft, da Gäste oder Familienmitglieder nach dem Essen nicht auf Töpfe und Pfannen starren müssen, die nicht in die Spülmaschine passen. Gleichzeitig können Sie sich nach dem Essen mit Ihren Gästen ins separate Wohnzimmer begeben, ohne den Esstisch sofort abräumen zu müssen, um das Erscheinungsbild zu bewahren“, bekräftigt auch Klimova.

Vielfalt nutzen

Für den Esstisch reicht die Materialvielfalt von Holz über lackierte Flächen bis hin zu Stein. Die Form der Tischfüße kann zu einem durchaus komplexen Thema werden, vielfach stehen organisch geformte Untergestelle und Kombinationen von Holz mit Edelstahl im Fokus, berichtet Prödl. Es gilt zudem zu bedenken, ob Personen nur an der Längsseite oder auch an der Stirnseite sitzen sollen. Für eine größtmögliche Gestaltungsfreiheit wird der Esstisch zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die gesamte Planung mit einbezogen.

»An einem runden Tisch gibt es keine Hierarchie.«

Martin Aigner

Gestaltungsbüro und Tischlerei Handgemacht

Ob er als kompakte Lösung funktionieren soll oder als lange Tafel glänzen kann, hängt freilich von den Möglichkeiten des Raumes ab – und nicht zuletzt von der geplanten Intensität von Familien- und Freundesbesuchen. Bänke laden dazu ein, zusammenzurücken und sich einen Platz zu teilen. Sie fördern die Geselligkeit. Allerdings schränken sie durch die unmittelbaren Sitznachbarn auch die Bewegungsfreiheit etwas ein.

Was die Form der Tischplatte betrifft, gilt: „An einem runden Tisch gibt es keine Hierarchie“, sagt Aigner, zudem befindet sich dann jeder Gast in etwa gleich weit von zur eigenen Entnahme aufgetragenen Speisen entfernt. Um den gesamten Platz gut in Szene zu setzen, ist auch die Wahl des Lichts bedeutsam: „Mit ausgewählten Leuchten kann man verschiedene atmosphärische Stimmungen schaffen“, sagt Aigner und meint die Bandbreite vom hochfunktionellen Arbeitslicht bis zur sanft gedimmten Variante für gesellige Abende. Ausdrucksstarke Hängelampen über dem Tisch sind auch optische Ankerpunkte im Raum.

Apropos, Tischkultur, die muss auch sein. Society Limonta schmückt Servietten mit tierischen, geometrischen und floralen Mustern, verziert Tischdecken mit feinen Perlen und lässt sich von Handzeichnungen aus den historischen Archiven inspirieren, entwirft Serviettenringe und Kerzenständer aus Wallnussholz, Eiche oder Zeder. Die Karaffen-Sets der „Vesele“ Kollektion wiederum sind aus dem Glas der Vöslauer Glas-Mehrwegflaschen produziert, um nachhaltige Impulse zu setzen. Hinter dem Design steht das Designstudio Ursula Futura. Ob Bubble, Organic oder Shape – jede Karaffenform ist ein Einzelstück.

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