Ost-West-Forschung

Die Eurasische Wirtschaftsunion und der Ukraine-Krieg

Kasachstan konnte sich als Vermittler zwischen Russland und dem Westen profilieren und die Warenströme noch ausbauen (im Bild: der kasachische Präsident Qassym-Schomart Toqajew mit Wladimir Putin).
Kasachstan konnte sich als Vermittler zwischen Russland und dem Westen profilieren und die Warenströme noch ausbauen (im Bild: der kasachische Präsident Qassym-Schomart Toqajew mit Wladimir Putin).Imago / Pavel Bednyakov
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Der Ukraine-Krieg durchkreuzte ein EU-Projekt zur Wirtschaftslage zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion. Wiener Forschende waren dennoch in beiden Regionen unterwegs.

Abseits politischer Interessen und gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Verbindungen: Wie sehen und beurteilen wirtschaftliche Institutionen, im Export tätige Unternehmungen und der Handel die Gegebenheiten und Chancen zwischen Ost und West? Die Fachhochschule des BFI Wien ist diesen Fragen mit drei Partnerunis im Rahmen des EUCON-ProjektsThe European Union (EU) and the Eurasian Economic Union (EEU): Between Conflict and Competition, Convergence and Cooperation“ nachgegangen.

Der Ukraine-Krieg hat den beteiligten Forschenden einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das im Rahmen von EU-Erasmus gestartete Projekt lief 2020 an, also schon nach der Krim-Annexion Russlands, aber doch zwei Jahre vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine. „Die Idee war, dass wir auch die Kooperationsmöglichkeiten untersuchen, jetzt ist von Kooperation und wirtschaftlichem Wettbewerb keine Rede mehr“, sagt der Politikwissenschaftler Hannes Meißner. Jetzt stehe der Konflikt im Vordergrund.

Kasachstan als Gewinner

Meißner ist Senior Researcher an der FH und Lektor am BFI-Kompetenzzentrum für Schwarzmeerraumstudien. Die FH hat in den vergangenen Jahren einen ihrer Forschungsschwerpunkte in der Schwarzmeerregion gesetzt und Netzwerke aufgebaut. Unter anderem beteiligte man sich am EU-Projekt „Nemesis“, bei dem es in dieser Region um Strategien und die Erinnerungskultur ging. Auch mit den russischen Wissenschaftlern der Universität in Rostow am Don bestanden gute Beziehungen. „Aber die mussten wir jetzt abbrechen“, sagt Meißner. Die Uni, so verfügte die EU, wurde aus der EUCON-Forschung ausgeladen, weil sie eine staatliche Institution ist.

Der Eurasischen Wirtschaftsunion gehören das dominierende Russland sowie Belarus, Kasachstan, Armenien und Kirgistan an, die eine Zollunion bilden. „Es war nach Beginn des Ukraine-Krieges nicht mehr möglich, von zwei Seiten in den geografischen Raum zu blicken“, sagt Meißner. Er selbst führte Erkundigungen in wirtschaftlichen Institutionen in Kiew und Armenien durch. Wobei vorerst Kontakte in Minsk geplant waren. Aber nach der Niederschlagung der Proteste 2020/21 war die Befürchtung zu groß, dass der belarussische Geheimdienst auch Wirtschaft und Handel infiltriert hat.

Netzwerke bestehen weiter

Die von der Wiener FH vorgenommene Bestandsaufnahme zeigte, dass die ukrainischen Wirtschaftstreibenden Vorsorge gegen eine steigende russische Einflussnahme trafen, aber auch noch kurz vor dem 24. Februar 2022 nicht mit dem russischen Überfall rechneten. Während dann der ukrainische Warenaustausch zum Erliegen kam, gab und gibt es in der EEU auch Gewinner. Das ist vor allem Kasachstan, das sich als Vermittler zwischen Russland und dem Westen profilieren und die Warenströme noch ausbauen konnte.

Das EUCON-Projekt ist nach dreijähriger Laufzeit nun abgeschlossen. „Es gibt immer Konflikte, die Forschung zieht sich nicht zurück“, betont Meißner. Die aufgebauten Netzwerke würden weiter bestehen, dies würde bei weiteren Forschungen auch honoriert werden. Jetzt werden die mit den Partnerinstitutionen erbrachten Ergebnisse in einem Schlusspapier zusammengefasst, sie sollen auch bei Konferenzen zu diesem geografischen Raum zur Sprache kommen.

In Zahlen

5 Staaten bilden die Eurasische Wirtschaftsunion: Russland, Kasachstan, Kirgistan, Armenien und Belarus.

4 Institutionen waren am EU-Projekt zu den Beziehungen zwischen der EU und der EEU beteiligt: die FH des BFI Wien, die Uni Passau, die Corvinus Uni Budapest und die Armenian State University of Economics.

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