Interview

Ex-Fußballprofi Baumgartlinger: „Niemand ist darauf vorbereitet, von eineinhalb Millionen Menschen gebasht zu werden“

Julian Baumgartlinger, Gustav Klimt und die Liebe zum Fußball. „Er hat mir einen guten moralischen Kompass mit auf den Weg gegeben.“
Julian Baumgartlinger, Gustav Klimt und die Liebe zum Fußball. „Er hat mir einen guten moralischen Kompass mit auf den Weg gegeben.“Clemens Fabry
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Julian Baumgartlinger, ehemaliger Kapitän der österreichischen Nationalmannschaft, und sein kritischer Blick auf den Fußball. Ein Gespräch über Druck, mentale Gesundheit, die Sucht nach der Bühne – und goldene Steaks.

Herr Baumgartlinger, Sie haben Ihr letztes Spiel als Profi vor acht Monaten bestritten, vor einem Monat Ihr Karriereende verlautbart. Sind Sie schon in dieses ominöse Loch gefallen?

Julian Baumgartlinger: Nein, gar nicht. Ich sehe auch kein Loch, weil ich mir schon in den vergangenen Jahren über die Zeit nach dem Fußball Gedanken gemacht habe. Ich wusste, dass ich als Fußballer ein Ablaufdatum habe.

Nicht bei jedem ist der Übergang so fließend.

Was ich auch nachvollziehen kann. Nach dem Schlussstrich gibt es mehrere Ebenen, die einwirken: Die emotionale, die finanzielle und die gesellschaftliche. Wenn Fußball 30 Jahre lang dein Lebensinhalt, deine Identität war und du dich plötzlich neu erfinden musst, ist das schon eine riesige Herausforderung. Viele Profis sind sehr früh finanziell sehr gesegnet, aber nicht alle haben jemanden, der ihnen beratend zur Seite steht. Und was die Aufmerksamkeit und das Rampenlicht betrifft: Einer braucht es mehr, der andere weniger. Es gibt schon einige potenzielle Löcher, in die man fallen kann.

Wie hat es sich angefühlt, jedes Wochenende unter Beobachtung zu stehen?

Du wächst brutal mit den Erlebnissen und findest Mechanismen, damit dich dieses Geschäft nicht erdrückt. Druck war meine ganze Karriere über ein großes Thema.

Julian Baumgartlinger im Gespräch mit „Presse“-Sportredakteur Christoph Gastinger.
Julian Baumgartlinger im Gespräch mit „Presse“-Sportredakteur Christoph Gastinger.Clemens Fabry

Wann haben Sie ihn erstmals verspürt?

Schon in der Jugend, da ist es los gegangen. Als ich in der Salzburger Landesauswahl gestanden bin, habe ich zum ersten Mal diese Erwartungshaltung wahrgenommen. Jetzt, wo ich zurückblicke, merke ich, was da schon in jungen Jahren für ein Druck am Kessel war. Rückblickend hätte ich vermehrt mit einem Mentalcoach arbeiten sollen. Diese Sparte ist aber leider nur ein verkümmertes Ärmchen im Profifußball.

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