Buch der Woche

Christine Lavant: Schreiben ist eine heilende Salbe

„Ich bin wie eine Verdammte, die von Engeln weiß“, schrieb Christine Lavant (1915 bis 1973) an Werner Berg.
„Ich bin wie eine Verdammte, die von Engeln weiß“, schrieb Christine Lavant (1915 bis 1973) an Werner Berg. Foto: Franz Hubmann/Picturedesk
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Bisher unzugängliche Briefe von Christine Lavant und Werner Berg, die Klaus Amann im Band „Ich bin maßlos in allem“ versammelt hat, werfen ein neues Licht auf das gesamte Schaffen der großen österreichischen Dichterin.

Dass Christine Lavant eine große und außergewöhnliche Prosa-Autorin war, weiß man erst seit der vierbändigen Werkausgabe, die Klaus Amann zusammen mit Doris Moser herausgegeben hat; aber auch der Blick auf ihre Lyrik hat sich durch diese Ausgabe völlig verändert, denn viele Gedichte waren bis dahin ungedruckt geblieben. Jetzt hat Klaus Amann unter dem Titel „Ich bin maßlos in allem“ eine Sammlung von Texten und Bildern über und vor allem von Christine Lavant selbst herausgegeben, die ein neues Licht auf ihr Leben wirft. Das Buch ist, wie er im Vorwort schreibt, „weder eine Biographie noch eine Edition. Es ist ein Mosaik chronologisch angeordneter und eingepasster Briefe und Briefauszüge, Texte und Dokumente, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie etwas über Christine Lavants Leben und ihren Alltag als Frau und als Dichterin erzählen.“ So sieht man erstmals die starke autobiografische Basis ihres Schreibens und begreift, welchem Leben dieses Werk abgetrotzt war. „Schreiben ist halt das Einzige was ich habe. Es ist eine schmerzhafte Stelle u. zugleich die heilende Salbe“, schrieb sie 1946 an eine Freundin.

Mein Himmel und mein Paradies

Da von Christine Lavant keine Tagebücher oder Aufzeichnungen existieren, kommt den hier veröffentlichten Briefen eine immense Bedeutung zu. Leider kann der Band fast nur Briefe von, aber nicht an Christine Lavant präsentieren, da sie diese verbrannt hat – mit einer ganz entscheidenden Ausnahme: den Briefen des Malers Werner Berg. Ihn hat sie bei den St. Veiter Kulturtagen im November 1950 kennengelernt. Und schon in den ersten Briefen und Fotos spürt man: Hier sind sich zwei Menschen sofort und unmittelbar nahegekommen, deren sprachliche und bildnerische Kunstwerke miteinander korrespondieren. „. . . drei Ihrer Gedichte sind mir in die Herzmitte gedrungen und wollen es schier auseinandertreiben“, schrieb Werner Berg an die Dichterin. Und sie nennt die drei Tage in St. Veit „mein Himmel und mein Paradies“, um dann eine bemerkenswerte Selbstaussage zu formulieren: „Aber ich will weder im Paradies noch im Himmel wohnen bleiben, weil ich die Erde der Armut und Unscheinbarkeit not habe. Unser armseliges Stüberl, meine Strickarbeit und meine alltäglichen Sorgen, das ist der Rahmen, in den ich hineingehöre.“

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