Culture Clash

Bless you!

Die Kirche wird das Thema „Segen für Homosexuelle“ nicht los – nun hat sie ihre jüngste Erklärung offiziell erläutert. Lassen Sie mich diese Erklärung ihrer Erklärung erklären!

In der Erklärung vom 18. Dezember zur Segnung nicht verheirateter Paare hatte der Präfekt der Glaubenskongregation noch geschrieben, dass der Text ausreichend sei und „keine weiteren Antworten erwartet werden sollten“. Dass der Präfekt trotzdem 17 Tage später eine offizielle Erklärung der Erklärung abgegeben hat, zeigt die Brisanz und Komplexität der eigentlich doch simplen Materie: Der Papst will keine Segnungsfeiern, die wirken, als wären sie ein Hochzeitsersatz für gleichgeschlechtliche Paare oder Geschiedene (deren erste Ehe nach katholischem Verständnis immer noch besteht). Gleichzeitig will er ein Missverständnis beseitigen, das die schroffe Sprache des vatikanischen „Segensverbots“ von 2021 ausgelöst hat: Homosexuelle dürften nicht gesegnet werden.

Die zwei letzten Erklärungen haben nun klargestellt: Homosexuelle Katholiken haben dieselbe Würde wie alle anderen, und die Mutter Kirche soll keinem ihrer Kinder den Segen verweigern. Genauso bleiben aber auch zwei Punkte der kirchlichen Lehre unverändert: Sex hat seinen Platz nur in der unauflöslichen, treuen Ehe von Mann und Frau; und der einzige Bund, den die Kirche segnen kann und soll, ist eben diese Ehe von Mann und Frau.

Hochzeitsähnliche Segensfeiern finden trotz­dem längst statt – und werden tatsächlich als eine Art Vermählung verstanden. Als eine Schauspielerin vor zwölf Jahren in einer Wiener Kirche einen solchen Segensgottesdienst feierte, schrieben die Medien, sie habe dort geheiratet. Die Hochzeit habe, weil ihr Ehemann geschieden war, „ohne Eucharistiefeier“ stattgefunden bzw. „ohne Vermählungsspruch und Ringtausch“, wie es eben „bei katholischer Wiederverheiratung“ üblich sei.

Viele Jahrhunderte lang hat der „Segen der Kirche“ eine Verbindung von Mann und Frau erst zur Ehe gemacht. So einen Segen kennt weiter nur die klassische Ehe. Ein kurzer, improvisierter Segenswunsch für zwei Menschen, ohne Zeremonie, ist aber etwas anderes. Da hat sich gar nicht so viel geändert, außer atmosphärisch.

Manchen ist das zu wenig: Die Menschen des 21. Jahrhunderts machten doch keine Unterschiede mehr zwischen hetero- und homosexuell und sehen Ehescheidung als Faktum. Manchen geht das zu weit: Gleichgeschlechtliche Paare überhaupt zu segnen, dazu fehle in der heimischen Kultur – etwa in Afrika – jedes Verständnis. In beiden Fällen soll die Kirche die Menschen in ihrer kulturellen Prägung bestätigen. Aber besteht das Wesen einer Offenbarungsreligion nicht vielmehr darin, herauszufordern und das Eigene, auch Unangepasste, der Welt anzubieten?

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

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