Bundesliga

Leverkusen: Deutschlands neue Nummer eins ist reif für den Titel

Leverkusens Exequiel Palacios (Nummer 25) jubelt über sein Goldtor gegen Augsburg – und Leverkusen über die Hinrundenmeisterschaft.
Leverkusens Exequiel Palacios (Nummer 25) jubelt über sein Goldtor gegen Augsburg – und Leverkusen über die Hinrundenmeisterschaft.Reuters
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Als ewiger Vizemeister gebrandmarkt, besteigt Bayer Leverkusen nach der Hinrunde den Bundesliga-Thron. Über die wundersame Wandlung des Werksklubs.

Xabi Alonsos Jubel hatte etwas Meisterliches. Das Quäntchen Glück von Bayer Leverkusen hatte etwas Meisterliches. Und auch die Mentalität von Florian Wirtz und Co. im Eisschrank des FC Augsburg hatte etwas Meisterliches. Doch zu einer Ansage in Richtung des deutschen Fußballrekordmeisters FC Bayern München ließen sich die Leverkusener Last-Minute-Gewinner nicht hinreißen. Auch das hatte etwas Meisterliches, egal ob man es nun meisterliche Zurückhaltung oder meis­terliches Selbstvertrauen nennen will.

„Das interessiert mich überhaupt nicht. Wir haben immer gesagt, dass wir uns auf uns konzentrieren. Der Sieg bringt uns drei Punkte und das andere ist uns egal“, verkündete Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes nach dem in der Nachspielzeit herausgeschossenen 1:0 am Samstag zum Jahresstart. Zum dritten Mal in ihrer Vereinsgeschichte krönte sich die Werkself damit zum inoffiziellen Hinrundenmeister – und blieb dabei wettbewerbsübergreifend in 26 Pflichtspielen ungeschlagen. Nach der Halbzeitkrone 2009/10 waren die Leverkusener schließlich nur Vierter geworden, 2001/02 Zweiter. Doch weil Bayer damals auch im Finale der Champions League und des DFB-Pokals das Nachsehen hatte, war der Verein als „Vizekusen“ gebrandmarkt worden.

Xabi Alonso impfte Leverkusen als Trainer das Siegergen ein.
Xabi Alonso impfte Leverkusen als Trainer das Siegergen ein.APA / AFP / Lukas Barth

Gelingt dem geerdeten Xabi Alonso gerade die Verwandlung zu „Meisterkusen“? Ist aus Bayer ein Stück weit Bayern geworden? Das kann gut sein, nur verkünden würde es der frühere Paradestratege beim FC Liverpool, bei Real Madrid und beim FC Bayern nicht. „Es ist nur ein Sieg, aber wir wollen weitermachen“, sagte der spanische Trainer nach dem erfolgreichen Auftakt 2024. „Jetzt genießen wir den Sieg ein wenig und legen den Fokus ab Montag voll auf das Spiel in Leipzig.“

Gereift und geradlinig

Unaufgeregt und gleichzeitig strategisch handelt Xabi Alonso. Der Vollspannschuss des argentinischen Weltmeisters Exequiel Palacios (90. + 4 Minute) löste aber auch bei ihm einen Jubelsprung aus. „Das ist das Schönste im Fußball, wenn man es versucht, versucht, versucht und dann im letzten Moment trifft. Es ist ein euphorischer Moment für alle“, sagte der Coach. Dann sprach er einen wichtigen Faktor im Spiel der gereiften und geradlinigen Leverkusener Mannschaft an: „Die Jungen hatten den Glauben, es bis zum Ende zu versuchen. Das letzte Tor war kein Glück, sondern eine Belohnung für ein gutes Spiel.“

Es wäre vielleicht noch besser gewesen, wenn Stammkräfte wie Victor Boniface (Adduktoren), Edmond Tapsoba oder Odilon Kossounou (beide Afrika-Cup) dabei gewesen wären. Ein solcher Start trotz aller personeller Probleme lässt aber das Selbstvertrauen wachsen. „Glaube, Wille, Zielstrebigkeit und Widerstandsfähigkeit“ des Bundesliga-Tabellenführers lobte Sportchef Rolfes. „Wir haben das auch ein bisschen erzwungen.“

Patrik Schick (r.) und seine Leverkusener Kollegen bereiten gegnerischen Tormännern aktuell große Probleme.
Patrik Schick (r.) und seine Leverkusener Kollegen bereiten gegnerischen Tormännern aktuell große Probleme.Reuters / Leonhard Simon

„Diese Siege schmecken viel besser als ein 3:0 oder 4:0“, befand Torwart Lukas Hradecky und erläuterte das veränderte Selbstbild: „Irgendwas ist durch die Siege und den Erfolg entstanden in der Mannschaft, einen gewissen Hunger auf mehr müssen wir behalten.“ Nicht zuletzt durch diesen Hunger hält der Spitzenreiter den FC Bayern aktuell souverän auf Distanz, liegt vier Punkte vor dem ersten Verfolger.

Kilometer 17 des Marathons

Bei aller Begeisterung wollen die Leverkusener aber unter keinen Umständen ihre stets in Szene gesetzte Sachlichkeit vergessen. „Für uns ist es wie bei einem Marathon. Wir sind erst bei Kilometer 17, auch wenn ein Marathon natürlich mehr Kilometer hat als 17“, sagte der deutsche Nationalspieler Jonas Hofmann nach dem 14. Hinrundensieg. „Wir bleiben uns treu, bleiben demütig und machen unseren Job. Jeder, der einen Marathon läuft, will am Ende ins Ziel rennen. Dafür tun wir alles.“

In Leverkusen kommt es aber natürlich schon auf die Platzierung an. Wo der Weg von Bayer im Mai enden kann? „Wenn wir das so seriös annehmen, dann, ja, weiß ich nicht . . .“, meinte Hradecky und musste ob seines unvollendeten Satzes selbst lachen. Bei Bayer wissen sie aber nur zu gut, welche passenden Wörter man da einfügen könnte.

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