Expedition Europa: Ich wanderte durch das römische Viertel, in dem die italienische Ministerpräsidentin aufgewachsen ist.
Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni ist Römerin, sie wuchs im Viertel Roma VIII auf. Als sie noch in Opposition war, ätzte die Postfaschistin gelegentlich gegen Roma: „Bist du ein armer italienischer Rom oder Sinto? Du stellst dich wie alle anderen in der Schlange für Sozialwohnungen an.“ Oder: „Die Zahl der Roma, die in Häuser einbrechen, ist höher als die der Italiener. Und da werden die Leute wütend.“
Nun ist auch Melonis Bezirk für Konflikte mit vorwiegend aus Rumänien zuwandernden Roma bekannt: 2013 verhinderte eine polizeiliche „Blitzaktion“ einen illegalen Markt in der Via della Vasca Navale, 2014 bestritten Demonstranten in der Via Pincherle einen „Lynchversuch“, 2020 wurden unter Einsatz einer Hundestaffel 123 illegal hausende Roma bei der Marconi-Brücke gezählt, 2022 kam von ebenda eine Verfallsreportage, in der „die Stille nur von den Kindern der verbliebenen Nomadensiedlungen unterbrochen wird“. Ich fragte mich, ob es nach eineinviertel Jahren Meloni-Regierung noch Roma in Roma VIII gibt.
Am Sonntag wanderte ich durch. Zunächst durch Melonis von Wohnblöcken dominiertes Garbatella (11C), dann durch die niedrigere Verbauung von Ostiense (11A) und Valco San Paolo (11B). Ich ging am Tiber entlang, an goliathgroßem Schilf. Eine Sackgasse im Gesträuch, am Ende ein Bretterverschlag. Linke Graffitis, manche recht tiefgründig: „Was wir Respekt nennen, ist Schuldgefühl.“