Gastbeitrag

Wer für überhöhte Dividenden haftet

Immobilienbewertungen müssen einen realen Hintergrund haben.
Immobilienbewertungen müssen einen realen Hintergrund haben. IMAGO/Zoonar.com/Andrii Yalanskyi
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Wenn Immobilienvermögen zu hoch bewertet wird, kann das für Gesellschafter, Aktionäre, Geschäftsführer und Vorstände teuer werden.

Wien. In der aktuellen Diskussion über die Insolvenz von Immobiliengesellschaften kursieren Gerüchte über angeblich zu hohe Bewertungen des Immobilienvermögens. Hier stellt sich die Frage, welche Folgen Bewertungsfehler auf die Wirksamkeit des Jahresabschlusses der jeweiligen Gesellschaft und auf bereits an die Gesellschafter bzw. Aktionäre ausgezahlte Dividenden haben können. Neben einem potenziellen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegenüber den Anteilsinhabern steht die Frage der Haftung der Organmitglieder für die Auszahlung der Dividenden im Vordergrund.

Ein Jahresabschluss einer AG und ähnlich einer GmbH ist nichtig, wenn sein Inhalt wesentliche Vorschriften verletzt, die nur oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft gelten. Um eine „wesentliche“ Bilanzinformation handelt es sich, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ihre Auslassung oder fehlerhafte Angabe wegen ihrer Größenordnung oder Bedeutung Entscheidungen beeinflusst, die Nutzer aufgrund des Jahres- oder Kon­zern­ab­schlus­ses treffen. Ohne hier auf die Bewertungsregeln nach UGB und IFRS einzugehen, wird ein Bewertungsfehler möglicherweise dann wesentlich sein, wenn erst durch eine zu hohe Bewertung der Immobilien die Dividendenausschüttung ermöglicht wurde. Auch sind die Wirkungen einer fehlerhaften Bewertung als schwerwiegend zu beurteilen, wenn dadurch eine Insolvenz oder der Verlust der Hälfte des Grundkapitals vermieden werden sollen. Als unverbindlicher Richtwert kann die Wesentlichkeit etwa angenommen werden, wenn sich der Fehler auf mindestens 10 % des Jahresergebnisses oder 5 % der Bilanzsumme auswirkt.

Wurde das Immobilienvermögen einer Gesellschaft im Jahresabschluss im obigen Sinn wesentlich überbewertet, kann daraus Nichtigkeit des Jahresabschlusses folgen. Wurden Dividenden aufgrund eines nichtigen Jahresabschlusses an Gesellschafter ausgezahlt, sind die Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft zum Rückersatz verpflichtet (§ 83 GmbHG, § 56 AktG).

Wann guter Glaube hilft

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein Anteilsinhaber beim Bezug der Dividende gutgläubig war. Der gute Glaube muss sich auf die ordnungsgemäße Ermittlung des Bilanzgewinns, auf die Rechtmäßigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses, auf die daraus folgende Höhe des Gewinnanspruchs sowie auf das Fehlen eines Aus­zah­lungs­hin­der­nis­ses beziehen.

Gegenüber der Gesellschaft haften aber nicht nur die Gesellschafter bzw. Aktionäre, sondern auch die Geschäftsführer bzw. Vorstände zur ungeteilten Hand für die Rückerstattung der zu Unrecht veranlassten Zahlung. Voraussetzung ist das Verschulden des jeweiligen Geschäftsführers. Die Möglichkeit und das Ausmaß der Inanspruchnahme eines Geschäftsführers durch die Gesellschaft hängen somit vom Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteil ab. Im In­nen­ver­hältnis unter den Geschäftsführern richtet sich im Zweifel ein allfälliger Ausgleich nach Köpfen. Für Aufsichtsratsmitglieder gilt Ähnliches. Sie haften – Verschulden vorausgesetzt – zusammen mit den Geschäftsführern solidarisch als Gesamtschuldner.

Unangenehm für GmbH-Gesellschafter ist auch die Ausfallshaftung der Gesellschafter. Kann weder vom Empfänger der Dividende noch von den Geschäftsführern die zu Unrecht bezogene Dividende rückerlangt werden, haften die anderen Gesellschafter für den Ausfall im Verhältnis ihrer Stammeinlagen, soweit die Dividende das Stammkapital vermindert hat.

Anspruchsberechtigt für die Rückforderung gegen die Gesellschafter und die (zumeist früheren) Geschäftsführer bzw. Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder ist die Gesellschaft selbst, vertreten durch ihre (jetzigen) Geschäftsführer. Jedoch können Gesellschaftsgläubiger den Rückersatzanspruch der Gesellschaft pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Darüber hinaus sieht das Aktienrecht sogar einen direkten Anspruch der Gesellschaftsgläubiger gegen die Aktionäre vor. In der Insolvenz oder im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung ist es Sache des Insolvenzverwalters, den Rückforderungsanspruch geltend zu machen.

Zum Autor

Rechtsanwalt Dr. Felix Prändl, LL.M., J.S.M. ist Partner bei Brauneis Rechtsanwälte.

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