Gastkommentar

Argwohn gegen eine Schutzallianz

Mehr als kurios: Thomas Weber lobt zwar das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz, will es aber nicht unterschreiben.

Da soll sich einer auskennen! Wie schon in seinem letzten Beitrag über das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz lobt Thomas Weber in seinem „Quergeschrieben“ vom 31. 1. die Inhalte dieses Volksbegehrens, lehnt es dann aber trotzdem ab. Die „Kritik am Status quo ist nachvollziehbar“, schreibt Weber, und: „Veraltete Praktiken, wie sie teilweise auch in den Rechtstexten festgehalten und vorgesehen sind, gehören verworfen.“

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Beispiele dafür sind die grausame Baujagd, das Fehlen von Schonzeiten zur Jungenaufzucht für mehrere Tierarten, die willkürliche Auswahl bejagbarer Tiere (inklusive gefährdeter Arten), das Aussetzen von Tieren zum Abschießen, die Trophäenversessenheit auf Kosten des Waldes etc. Die Jagd gehöre „im 21. Jahrhundert neu gedacht“ und „anhand wissenschaftlicher Fakten neu bewertet“, konstatiert Weber.

Wer sich nach dieser treffenden Analyse flammende Unterstützung für die „grundvernünftigen Anliegen“ des Volksbegehrens erwartet, reibt sich wenige Zeilen später aber die Augen, denn Weber will das Volksbegehren nicht unterschreiben. Warum? Abgesehen von persönlichen Antipathien, die ihm unbenommen bleiben, aber nicht seine Entscheidung leiten sollten, beklagt Weber, dass „die Diskussion die Erwartungen enttäuscht“.

„Jagd = Naturbeobachtung“

Da hat er zweifellos recht, was allerdings an den Landesjagdverbänden liegt, die offensichtlich mangels Argumenten die Devise ausgegeben haben, das Volksbegehren totzuschweigen, und die stattdessen eine Greenwashing-Kampagne führen, die Weber als „gelungen“ ansieht. In einem Trump’schen Sinne ist sie das wohl auch.

Dieser Kampagne zufolge hat die Jagd nichts mit Jagd zu tun, sondern ist so eine Art Naturbeobachtung. Die 200.000 Vögel jährlich in Österreichs Jagdstatistiken sterben offenbar irgendwie von selbst. Fuchsmütter sperren sich selbst in Fallen ein, während ihre Jungen verhungern. Giftiges Bleischrot regnet vom Himmel, nicht aus Flinten. Tja, Nebelgranaten zu werfen ist natürlich einfacher, als sich dem Volksbegehren zu stellen.

Verbesserungen für die Tiere

Das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz hat einen bewusst nicht populistischen Ansatz gewählt, auch wenn das nicht der herrschenden Erregungskonjunkturlogik folgt. Das 14-Punkte-Paket des Volksbegehrens ist vollständig umsetzbar. Für Tierschutzmotivierte bringt es massive Verbesserungen für die Tiere: Schluss mit Bau- und Fallenjagd, kein Aussetzen mehr von Tieren als lebende Zielscheiben, keine Verfolgung mehr von Tieren aus Neid und Konkurrenzdenken.

Für Naturschutzmotivierte bringt es ein Ende der Jagd auf gefährdete Tierarten (vor allem Vogelarten) und eine Verbesserung des Zustands unserer Wälder. Und für Jagdmotivierte bringt es eine ökologie- und gemeinwohlorientierte Jagd, die zukunftsfit ist und gesellschaftliche Akzeptanz zurückgewinnen kann.

Dass sich im Volksbegehren eine Allianz aus engagiertem Tierschutz, wissenschaftlichem Naturschutz und Ökologischem Jagdverband gebildet hat, weckt aber Webers Argwohn. Warum eigentlich? Wer, wenn nicht eine solche Allianz, sollte in der Lage sein, den Weg in eine ökologisch orientierte, zukunftsfähige Jagd mit Respekt gegenüber den Tieren aufzuzeigen?

Dass die Tierschützerinnen und -schützer deswegen nicht die 40. Jägerball-Demo mit ihren provokanten Parolen ausfallen lassen, gehört zu dieser Allianz ebenso wie, dass Öko-Jäger weiterhin Tiere schießen. Das sehen alle Beteiligten mit dem nötigen Pragmatismus, den es braucht, um Lösungen für gravierende Probleme voranzubringen. Sollte die Jagd einmal auf dem Misthaufen der Geschichte landen, liegt das nicht an dieser Allianz, sondern an der Reformunfähigkeit der Landesjagdverbände.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer (*1955) ist Bevollmächtigter des Volksbegehrens „Für ein Bundesjagdgesetz“.

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