Komplexitätsforschung

Urbane Vielfalt hilft gegen Vorurteile

 New York City
New York City(c) imago/Westend61 (imago stock&people)
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Komplexitätsforschung. Die Voreingenommenheit von Menschen ist umso geringer, je größer und vielfältiger eine Stadt ist. Wichtiges Wissen auch für künftige Stadtplanung.

Städte haben Einfluss darauf, ob und in welchem Ausmaß ihre Einwohner implizite rassistische Vorurteile haben. Das zeigen nun unter anderem Forschende des Complexity Science Hub Vienna (CSH) in einer im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Studie. Anhand von Daten aus den USA ließ sich belegen, dass die Bevölkerung weniger voreingenommen ist, wenn sie in einer großen und vielfältigen Stadt lebt.

Weiße und schwarze Gesichter

Es sei bekannt, dass die Segregation, also die ungleichmäßige Verteilung von verschiedenen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Stadtgebieten, „negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hat und zu impliziten Vorurteilen führt, die wir nicht bewusst wahrnehmen und die nur schwer zu überwinden sind“, sagt Fariba Karimi vom CSH und zudem Professorin für Social Data Science an der TU Graz. Sie hat die Studie gemeinsam mit Forschenden aus den USA und der Central European University CEU durchgeführt. Für Co-Autor Andrew Stier vom Santa Fe Institute, USA, ist es interessant, „dass es offenbar einen Teil des systemischen Rassismus gibt, der damit zu tun hat, wie Menschen lernen und wie Städte organisiert sind“. Dort müssten sich Menschen aufgrund der dichten Netze sozialer Interaktion ständig an neue Situationen anpassen und lernen.

Um diese Effekte besser zu verstehen, nutze man Daten aus einem Test in den USA, mit dem sich implizite Stereotypen erkennen lassen. Den Testpersonen wurden in Onlinetests etwa Gesichter von weißen und schwarzen Menschen sowie positive und negative Wörter vorgelegt, die diese dann kategorisieren mussten. Damit lassen sich unbewusste Vorurteile aufdecken. Genutzt wurden die Werte für rassistische Voreingenommenheit von rund 2,7 Mio. Personen im Zeitraum 2010 bis 2020. Diese verknüpfte man u. a. mit demografischen Angaben und Daten aus der US-Volkszählung. Daraus wurde ein mathematisches Modell entwickelt, das berücksichtigt, wie Individuen durch ihre sozialen Netzwerke Vorurteile erlernen.

Brücken bauen soll helfen

So ließ sich zeigen, dass implizite rassistische Vorurteile abnehmen, wenn soziale Netzwerke in Städten größer, vielfältiger und weniger aufgespalten sind. Der soziale Kontext scheint demnach wichtiger als individuelle Unterschiede bei den Einstellungen. Als „vielleicht deutlichsten Grund“ nennen die Forschenden „die Segregation verschiedener ethnischer Gruppen in verschiedenen Stadtvierteln“, verbunden mit einem Mangel an „kosmopolitischeren öffentlichen Räumen, in denen unterschiedliche Menschen positive Erlebnisse miteinander teilen können“.

Basierend auf diesem Wissen könnten Stadtplaner etwa Straßen und Brücken bauen, um die Interaktion zwischen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zu erleichtern, etwa wenn Stadtteile durch Gleise voneinander getrennt sind. (APA/gral)

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