Doppelinterview

Zwei Ex-Wissenschaftsminister diskutieren über Forschung und die FPÖ

Harald Mahrer (l.) und Heinz Faßmann, zwei ehemalige Wissenschaftsminister, diskutieren über den Wissenschaftsstandort und die Forschungsförderung in Österreich.
Harald Mahrer (l.) und Heinz Faßmann, zwei ehemalige Wissenschaftsminister, diskutieren über den Wissenschaftsstandort und die Forschungsförderung in Österreich.Clemens Fabry
  • Drucken

Harald Mahrer und Heinz Faßmann, die Präsidenten von Wirtschaftskammer und Akademie der Wissenschaften, über die Zukunft der Forschung – und warum man nicht mit der FPÖ koalieren sollte.

Die Presse: Kaum ein Land verzeichnet aufgrund der niedrigen Impfquote mehr Masernfälle als Österreich, Ähnliches gilt für die Grippe, da ist Österreich europaweit vorn bei Sterbefällen – all das in einem der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Ist das die Wissenschaftsskepsis, von der immer alle reden?

Heinz Faßmann: Das mag damit zusammenhängen. Dennoch: Es gibt ein grundsätzliches Vertrauen in die Wissenschaft, das ist erfreulich. Was der Wissenschaft von manchen vorgeworfen wird, ist der Verdacht, dass Forschung von Politik und Wirtschaft getrieben wird. Dahinter steckt auch ein Anti-Eliten-Diskurs, „die da oben steuern die Wissenschaft“. Das führt dazu, dass man den Errungenschaften, die die Wissenschaft erzielt hat, mit Skepsis gegenübersteht. Da gehören Impfungen sicher dazu.

Harald Mahrer: In einer Zeit, in der die Digitalisierung und die sozialen Medien dazu beitragen, Kommunikationskomplexität extrem zu reduzieren, ist natürlich auch ein Biotop geschaffen worden, in dem solche Umtriebe dann viel mehr wirken können als noch vor 30 oder 40 Jahren. Da wird wenig hinterfragt. Es ist ja bemerkenswert, dass Menschen, die jede Menge Nahrungsergänzungsmittel einwerfen und nicht schauen, was auf der Packung steht, zugleich impfskeptisch sind. 

Eine IHS-Studie sagt, dass es weniger um Ablehnung geht als um Desinteresse an Wissenschaft. 

Faßmann: Desinteresse und Skepsis bedingen einander, und außerdem: Man wird die Bevölkerung nie zu 100 Prozent erreichen. 

Ist es für die Forschung und damit den Wirtschaftsstandort nicht völlig egal, wenn es mit rund 15 Prozent eine relativ große Skeptikergruppe gibt?

Faßmann: Wir Wissenschaftler haben immer etwas Missionarisches, weil wir überzeugen wollen, dass das, was wir machen, sinnvoll ist. Politisch gesehen kann es uns nicht egal sein, wenn es einen gewissen Prozentsatz gibt, der sich gar nicht für Wissenschaft interessiert. Letztlich brauchen wir öffentliche Mittel. Insbesondere die Grundlagenforschung wird in allen Staaten über öffentliche Budgets finanziert, und da brauchen wir eine Allianz mit der Bevölkerung. 

Mahrer: Ich würde es dramatischer formulieren: Die Zukunft der Republik ist unmittelbar damit verbunden, dass es ein klares politisches Bekenntnis für Grundlagenforschung und angewandte Forschung gibt. Das ist essenziell für unser gesamtes liberales System eines Rechtsstaates westlicher Prägung. Wenn allerdings politisch und populistisch mit der Wissenschaftsskepsis gespielt wird, dann untergrabe ich diesen Grundkonsens. Ich war immer der Meinung, man kann gar nicht genug für Forschung ausgeben, habe aber in meiner Zeit als Wissenschaftsminister im Streit um Budgetmittel gemerkt, dass die Kreisverkehre am Ende oft wichtiger sind als das Forschungsprogramm. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.