Psychologie

Lachen ist eine universale Emotion, aber es gibt situative Unterschiede

Warum Lachen diese ansteckende Eigenschaft hat, sei eine der großen offenen Frage in der Forschung.
Warum Lachen diese ansteckende Eigenschaft hat, sei eine der großen offenen Frage in der Forschung.Clemens Fabry
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Menschen lachen in einer großen Bandbreite von Situationen. Lachen ist einerseits unkontrolliert, andererseits spielt es eine wichtige Rolle in sozialen Interaktionen.

Mit unterschiedlichsten Methoden untersucht ein Forschungsteam vom University College London das Lachen – ist es doch auf vielen Ebenen spannend. Also sind Gehirn-Scans ebenso im Einsatz wie interkulturelle Studien und physiologischen Untersuchungen. Neurowissenschafterin Sophie Scott erzählte im Gespräch mit der Austria Presse Agentur von den Ergebnissen, die viel mit Gemeinschaft zu tun haben. Etwa: Das Lachen diene nicht nur dem Ausdruck von Freude, sondern ist für die menschliche Entwicklung und die Etablierung von sozialen Beziehungen extrem wichtig.

Die Wurzeln des Lachens liegen in der menschlichen Evolutionsgeschichte weit zurück und es wird, wie bei anderen Säugetieren auch, mit Spielen und sozialen Bindungen assoziiert: „Aber bei uns Menschen ist daraus dieses hochkomplexe Netz zur Lenkung von Interaktionen mit anderen, bekannten und unbekannten, Personen gewachsen“, so Scott.

»Mit Lachen kommunizieren wir Zugehörigkeit, Zuneigung, Zustimmung und Verständnis, verbergen aber auch Emotionen oder verarbeiten stressreiche Situationen“«

Sophie Scott

Gute Witze und ein besonders ausgefeilter Humor seien demnach nicht der zentrale Grund dafür, wenn in einer Gruppe Gelächter ausbricht. Vielmehr machen sich Menschen Lachen in einer großen Bandbreite von Situationen zunutze: „Um soziale Beziehungen herzustellen und aufrecht zu erhalten, um Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu signalisieren, Zuneigung auszudrücken, Zustimmung und Verständnis zu kommunizieren, aber auch um Emotionen zu verbergen oder stressreiche Situationen zu verarbeiten“, sagte Scott.

Viele Aspekte des Phänomens seien noch unerforscht. Gerade weil es einerseits affektiv und unkontrolliert ist, aber andererseits eine wichtige und intentionale Rolle in sozialen Interaktionen einnehmen kann, wenn man etwa aus Höflichkeit lacht, biete es für Forschende auch einen direkten Weg vom emotionalen Innenleben hin zur sozialen Welt. „Wir sollten Lachen ernster nehmen“, appellierte die Forscherin deswegen.

In Thailand lacht man bei schlechten Nachrichten

Zwar ist das Lachen eine universale Emotion, die auch von Personen unterschiedlicher Kulturen mit hoher Wahrscheinlichkeit erkannt und zugeordnet werden kann, aber es bestehen trotzdem situative Unterschiede. Ein Beispiel dafür sind regionale Tabus: Während in Japan schallendes Gelächter am Arbeitsplatz verpönt ist, stellt in Großbritannien das Lachen eines Angeklagten im Gerichtssaal einen Fauxpas dar. „Demgegenüber wird unter anderen auf den Philippinen oder in Thailand das Lachen benutzt, wenn man wirklich schlechte Nachrichten bekommt - es gilt dort oft als bezeichnend für die Ernsthaftigkeit der Situation“, so Scott.

„Interessant ist, dass in Regionen, in denen es historisch viel Migration gab, eine Assoziation mit häufigerem, weniger uneindeutigen Gelächter und Lächeln im sozialen Umgang besteht“, erklärte Scott. Wo nicht immer eine geteilte Sprache bestand, sei eine sozial nützliche, positive Ausdrucksform wichtig gewesen, so die Vermutung der Forschenden.

Sophie Scott

Sophie Scott ist Direktorin des Instituts für kognitive Neurowissenschaften am University College. Für ihre Verdienste in der Disziplin wurde sie 2020 zum „Commander of the Order of the British Empire“ ernannt. Kürzlich war sie für einen Vortrag auf Besuch an der Universität Wien.

Selbst wenn kein besonderes kommunikatives Ziel vorliegt, lacht man manchmal einfach nur, weil andere um einen herum dasselbe tun. Warum Lachen diese ansteckende Eigenschaft hat, sei eine der großen offenen Frage im Feld, erklärte Scott. Zwar gibt es sowohl beim Menschen als auch bei Tieren eine hohe Bandbreite an übertragbarem Verhalten: Papageien lassen sich etwa vom Gähnen ihrer Artgenossen anstecken und dasselbe Phänomen sei bei unterschiedlichen Spezies etwa auch beim Kratzen, Husten oder Blinzeln festzustellen, die bei Tieren der Signalisierung von Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe dienen. Aber obwohl Säugetiere, vom Schimpansen bis zur Ratte, lachähnliche Geräusche machen, etwa wenn sie gekitzelt werden, lassen sich nur Menschen gegenseitig, und oft auch gegen ihren Willen, vom Lachen anstecken.

Wie entstand Humor? Mit dem ansteckenden Lachen?

„Das ansteckende Lachen könnte die Basis der Entwicklung des menschlichen Humors sein“, sagte Scott. Kürzlich hatten Kognitionsbiologen vom Max-Planck-Institut mit dem gegenseitigen Necken den Ursprung einer Urform des Humors vor mindestens 13 Millionen Jahren datiert und bei vier Arten von Menschenaffen festgestellt. „Dieses Necken als Signal der Provokation oder Aufforderung zum Spiel ist auch das Ähnlichste, was man in der Natur zu unserem Konzept von Humor findet, aber auf Necken reagieren Schimpansen nicht mit Lachen. Es gibt meiner Ansicht nach keine überzeugenden Beweise für Humor bei wilden Tieren. Interessanterweise wird er nur von solchen entwickelt, die engen Kontakt zu Menschen haben“, erklärte die Forscherin. Ein Beispiel dafür seien Zootiere, die Besucher aufs Korn nehmen und sich darüber amüsieren.

„Gerade interessiert mich die kindliche Entwicklung des Lachens besonders. Babys beginnen schon mit drei Monaten damit und nach einem Jahr setzen sie es in sozialen Situationen gezielt ein, noch bevor sie sprechen können. Sie erkennen etwa das Lachen der Eltern und können so entscheiden, ob sie in einer Situation nervös sein sollten oder nicht, oder bringen ihre Eltern zum Lachen“, sagte Scott zu ihren aktuellen Forschungsbemühungen. Es deute also vieles daraufhin, dass es schon vor der Sprache einen sehr variablen Stellvertreter darstelle, auf dessen Rücken sich Kommunikation entfaltet - „und es bleibt dann auch, wahrscheinlich für das ganze Leben, eine der wichtigsten kommunikativen Aktivitäten“, resümierte die Forscherin. (APA/red.)

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