Hirt on Management

Umgang mit Fehlern und Scheitern

Fehler passieren.
Fehler passieren.Imago / Anke Waelischmiller/sven Simon
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Kolumne "Hirt on Management": Folge 222. Jenseits von „alles bestens, alles super”.

In vielen Unternehmen und bei zahlreichen Managerinnen und Managern ist noch immer der klassische Umgang mit Fehlern und Scheitern, die Vertuschung, das Aussitzen, die Abschiebung der Verantwortung auf andere oder die Sozialisierung der Verantwortung zu bemerken.

Fehler machen immer nur die anderen

Wie hat schon John F. Kennedy nach der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht 1961 gesagt: „victory has 100 fathers and defeat is an orphan“ („Der Sieg hat 100 Väter und die Niederlage ist ein Waisenkind.“).

Fehlerkosten steigen exponentiell

Das Problem dabei ist, dass Fehlerkosten exponentiell steigen. Ignoriert man kritische Fehler und stoppt den Fehlerverlauf nicht, steigen die Fehlerkosten exponentiell.

Ein Fehler bei Design und Forschung ist eigentlich einfach nur ein Learning, genauso bei der Entwicklung. Je weiter man voranschreitet, umso dramatischer ist aber die Auswirkung von Fehlern.

Fehler bei der Industrialisierung, bei der Produktion und bei der Qualitätsprüfung („end of line“) beginnen schon richtig weh zu tun.

Dramatisch wird es natürlich bei Fehlern bei verkauften Produkten und entsprechenden Gewährleistungen und Schadenersatzforderungen.

Dann kann es zu massiven Umsatz- und Ertragsverlusten und Vertrauensverlust im Markt kommen, die letztendlich zum Marktaustritt vulgo Konkurs führen können.

Von Bobbos und Wildpferden

Vor kurzem musste z.B. die holländische Lastenrad-Marke Babboe den Verkauf wegen Sicherheitsmängeln in mehreren Ländern stoppen. Ob das Unternehmen das überlebt werden wir noch sehen.

Der berühmt-berüchtigte Ford Pinto, der als „rollende Bombe“ in die Automobilgeschichte einging ist wohl eines der erschreckendsten Beispiele. Insbesondere, weil Ford die Qualitätsmängel und Gefährdung der Kunden an Leib und Leben möglicherweise aus Kostengründen in Kauf genommen hat.

Auch große Namen können vom Podest fallen

Ich habe vor Jahren zwei Handstaubsauger eines führenden Herstellers gekauft. Einen davon haben wir meinen Schwiegereltern geschenkt, den anderen haben wir für unser eigenes zu Hause gekauft.

Beide Handstaubsauger haben einfach nicht ordentlich gesaugt und sind im Endeffekt, weil ich diese leider nicht Online, sondern bei einem großen Geschäft in Krems gekauft hatte, auch nie umgetauscht worden, weil wir keine Zeit mehr hatten uns rechtzeitig damit zu beschäftigen und dann schon die Gewährleistungsfrist abgelaufen war.

Beide Geräte sind im Elektroschrott gelandet.

Ach ja, und der Hersteller ist jetzt in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten, was mich ehrlich gesagt nicht wundert.

Weil, wenn man ein Produkt verkauft, das seine Kernaufgabe nicht erfüllt und insbesondere dieses Produkt es bis in die Verkaufsregale schafft, dann hat man ein ernsthaftes Problem.

“A defect is a treasure” – Toyota Production System

Früher und konstruktiver Umgang mit Fehlern macht diese zur Chance besser als der Wettbewerb zu sein, wie Toyota eindrucksvoll bewiesen hat.

Ist Schweigen wirklich Gold?

Es gibt zahlreiche Gründe warum Fehler verschwiegen werden. Oft spielen verschiedene dieser Gründe zusammen, um eine Kultur zu schaffen, in der Fehler unter den Tisch gekehrt werden:

Angst vor sozialen, finanziellen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen, mangelndes Selbstbewusstsein, erwarteter zusätzlicher Arbeitsaufwand, falsches Belohnungssystem, Zielkonflikte, Fehler werden nicht ernst genommen oder als geringfügig oder unwichtig angesehen; und wenn die Folgen behoben sind, beschäftigt man sich nicht mehr mit der Suche nach den dahinter liegenden Ursachen.

Was tun?

Was kann man tun, um mit Fehlern besser umzugehen?

So wie es zahlreiche Ursachen für die Vertuschung von Fehlern gibt, benötigt ein gut geführtes Unternehmen auch ein Bouquet von Maßnahmen, die zusammenwirken um Fehlermeldungen uns das Lernen aus Fehlern zu fördern:

  • Ein konstruktives und offenes Klima und eine klare Vorbildwirkung der Führungskräfte.
  • Sensibilisierung für Fehlermeldungen und klare Regeln für Fehlermeldungen und kritisches Feedback.
  • Sensibilisierung für Fehlerquellen, zum Beispiel durch Fehlerbesprechungen im Team und Qualitäts-Zirkel.
  • Entsprechende Weiterbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
  • Nachhaltige Fehlerabstellung, durch Analyse der dahinterliegenden Ursachen („root cause analysis“) und systematische Berechnung und Kommunikation des dadurch hergestellten Return-on-Investment.
  • Klare Sanktionen bei der Vertuschung von Fehlern.
  • Positiver Umgang mit Fehlermeldungen und Fehlern und entsprechende Transparenz und Messung.
  • Ermutigung und Belohnung für produktiven Umgang mit Fehlern.

Das Wichtigste in Kürze

Fehlerkosten steigen exponentiell und können zu massiven Umsatz- und Ertragsverlusten und Vertrauensverlust im Markt und damit letztendlich zum Konkurs führen. Manager und Managerrinnen müssen proaktiv mit Fehlern umgehen und eine Lernkultur schaffen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 4. April 2024 zum Thema: Vom Schwertkämpfer Musashi lernen.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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