Expedition Europa

„Ein normaler Russe zeigt niemals auf“

Russische Botschaft in Belgrad.
Russische Botschaft in Belgrad. Alexander Ryumin
  • Drucken

Expedition Europa: Vor dem Belgrader Wahllokal waren „so viele Leute, dass die um halb zwölf Gekommenen ih­re Stimme nicht mehr abgeben konnten“, erzählt Elena Koposova.

Neben Tiflis ist Belgrad die europäische Stadt, in der sich die größ­te putinkritische russische Diaspora an­ge­sie­delt hat. Derzeit sollen 150.000 Per­sonen mit russischem Pass in Serbien le­ben. Im vergangenen Sommer begannen die Be­hör­den des traditionell rus­so­phi­len Lan­des aber damit, ei­ni­ge öffentlich gegen Kreml und Uk­rai­ne­krieg auf­tre­tende Exi­lan­ten aus Serbien hinaus­zu­ekeln.

Dorn im Auge ist vor allem Pjotr „Peter“ Nikitin, Mit­be­grün­der ei­ner „Russischen De­mo­kra­ti­schen Gesellschaft“ (RDO), plus einige sei­ner auf­fäl­ligen Mitstreiter. Als Nikitin im Juli 2023 aus dem Por­tu­gal­ur­laub zu­rück­kehrte, wurde ihm die Einreise verweigert. Ni­kitin verharrte in der Transitzone des Bel­gra­der Flug­ha­fens, gab pau­senlos Interviews und ertrotzte sich so die Ein­rei­se.

Ei­n offener Brief ge­gen die rus­si­sche In­vasion der Uk­raine

Am schockierendsten ist der Fall von Elena Koposova, einer Peters­bur­ger Übersetzerin von Romanen aus dem Englischen, die zu Hause al­les ver­kauft hat, um sich seit 2019 ein Landhaus im mit­tel­ser­bi­schen Wald­hü­gel­land Šu­ma­dija zu bauen, aus dem später auch ei­ne fei­ne Pen­sion mit vier Zimmern werden soll. Sie spricht Ser­bisch, ihre zwei Kinder ge­hen in einen serbischen Kindergarten und ei­ne ser­bische Schule, sie war politisch nicht engagiert, ist nicht ein­mal auf ­De­mos gegangen. Am 2. Februar wur­de die 54-Jährige plötz­lich aufgefor­dert, das Land zu­sam­men mit Mann und Kin­dern inner­halb von 30 Ta­gen zu ver­lassen. Der of­fi­zi­el­le Grund: „Gefährdung der nationalen Si­cher­heit“ Serbiens. Der ver­mu­te­te Grund: Als eine von 27 Personen hatte sie im März 2022 ei­nen offenen Brief ge­gen die rus­si­sche In­vasion der Uk­raine un­ter­schrie­ben. Autor des Brie­fes war Ni­ki­tin, den sie da­mals nicht ein­mal kannte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.