Gastkommentar

Warum ein Waffenverbot ausgesprochen sinnvoll ist

Peter Kufner
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Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, im öffentlichen Raum Messer oder ähnliche Gegenstände „einfach so“ bei sich zu haben.

Fast täglich lesen wir über schwere Gewalttaten, die mit Messern oder ähnlichen Gegenständen verübt wurden. Dies spiegelt den tatsächlichen Umstand wider, dass zunehmend Stichwaffen von Menschen im öffentlichen Raum mitgeführt werden. Mitgeführt, aber nicht etwa zur Jagd, zum Angeln oder zur Sportausübung. Nein – mitgeführt, um sie gegen andere Menschen einzusetzen. Die tragischen Morde an drei Frauen im 20. Bezirk vor wenigen Wochen oder der sogenannte Machetenmord im Vorjahr sind krasse Beispiele dafür, was Messer, Hieb- oder Stichwaffen anrichten können.

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Ja, es entspricht der traurigen Realität, dass Stichwaffen oder Messer mit entsprechender Klingenlänge – gegen Menschen eingesetzt – brandgefährlich sind, meist sogar gefährlicher als Schusswaffen, deren Führen und Besitz aber streng reglementiert sind.

Somit stellt sich die Frage, wem denn das Führen von Messern und Co. im öffentlichen Raum nützt. Cui bono? Letztlich nur jenen, die sie gegen andere einsetzen wollen. Sie dienen aber nicht zur Selbstverteidigung, denn dafür sind Messer, Dolche und Macheten völlig ungeeignet.

Argumente der Kritiker

Mit der im Sommer 2018 im Sicherheitspolizeigesetz normierten Möglichkeit, sogenannte Waffenverbotszonen zu verordnen, hat der Gesetzgeber deutliche Zeichen gegen Waffen im öffentlichen Raum gesetzt. Doch beschränken sich solche Verbotszonen immer nur auf bestimmte Örtlichkeiten, an denen gefährliche Angriffe vermehrt zu befürchten sind.

Im Ergebnis zeigen solche Verbote tatsächlich Wirkung. Aber eben nur genau an jenen öffentlichen Orten, für die sie ganz konkret verordnet sind. Waffenverbote können somit zur Sicherheit beitragen. Warum daher nicht auch in ganz Österreich? Ich kann die Initiative des Innenministers für ein grundsätzliches Waffen- und Messerverbot im öffentlichen Raum, die mittlerweile quer durch die österreichische Parteienlandschaft überwiegend Zustimmung findet, nur begrüßen.

Freilich ist auch manche Kritik an diesem Vorhaben zu vernehmen. Manche stemmen sich grundsätzlich gegen Änderungen. Andere wiederum glauben, um ihre Rechte und Freiheiten bangen zu müssen. Ich orte aber, dass die meisten Kritiker sich noch nicht tiefergehend mit den Plänen auseinandergesetzt haben.

Da ist schnell einmal die Befürchtung geäußert, Brauchtum, Jagd, Angeln, Sport und selbst das Jausenbrot beim Wandern könnten bald der Vergangenheit angehören. Völlig unbegründet!

Natürlich werden die bestehenden und ausgewogenen Regelungen über Schusswaffen keine Änderung erfahren, auch Sportschützen und Jäger müssen keine Einschränkungen ihrer Berechtigungen befürchten. Für die Inhaber eines Waffenpasses oder einer Jagdkarte sollte es überhaupt keine Änderungen der bestehenden Regeln geben; sie sollten vom grundsätzlichen Waffenverbot im öffentlichen Raum ausgenommen bleiben. Ebenso muss es Ausnahmen vom Waffen- und Messerverbot für jene geben, die solche Gegenstände beruflich oder beispielsweise zu sportlichen Zwecken benötigen.

Alltagsgegenstände, die bei sozial adäquatem Verhalten ihrer Besitzer allgemeine Akzeptanz finden, weil ihr Einsatz für bestimmte Zwecke in bestimmten Bereichen von allen als richtig und selbstverständlich angesehen wird, sollen natürlich weiterhin auch im öffentlichen Raum Verwendung finden dürfen.

Kein Verbot für Jausenmesser

Kein Mensch wird ein Jausenmesser, ein Messer zum Kappen der Leinen beim Segeln oder das Fleischmesser am Grillplatz verbieten wollen. Das gilt aber nur dann, wenn das Messer auch für die seiner Eigenart entsprechenden Zwecke eingesetzt wird oder werden soll. Kein Verständnis bringe ich auf für das Mitführen von Waffen oder Messern, um diese „einfach so“ dabei zu haben. Denn für ein solches Verhalten konnte mir noch niemand eine wirklich vernünftige Begründung liefern.

Öfters wird das Recht auf Selbstverteidigung für eine Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage ins Treffen geführt. Das ist nicht wirklich stichhaltig, denn jene Gegenstände, auf die das Verbot abzielt, sind zur Selbstverteidigung denkbar ungeeignet. Kein Fachmann auf diesem Gebiet würde ein Messer zu Selbstverteidigungszwecken empfehlen, nicht zuletzt deshalb, weil die Gefahr der Selbstverletzung wohl den angestrebten Eigenschutz bei Weitem übersteigt.

Pfeffersprays stehen zudem nicht im Fokus der Regelungen. Im Übrigen gilt als polizeilicher Ratschlag umfassend: Waffen bieten nur trügerische Sicherheit und können die Bereitschaft erhöhen, Gewalt eskalieren zu lassen oder Schäden zu vergrößern.

Auch dass Industrie und Handel Einbußen hinzunehmen hätten, wie in einem Gastkommentar in der „Presse“ (23. 3.) zu lesen war, scheint bei dem von mir gezeichnetem Umfang und dem Ziel der Gesetzesinitiative keine wirklich tragfähige Argumentationsbasis.

Keine Anlassgesetzgebung

Schnell tauchen auch sogenannte Sicherheitsexperten auf, die behaupten, Messer seien ohnehin nur ein Problem von Jugendlichen, Asylwerbern und sonstigen Ausländern – und für die gelte ohnedies bereits ein Waffenverbot.

Diesem Argument halte ich entgegen: Erstens sind die meisten Messer nicht als Waffen im Sinne des Waffengesetzes definiert, sodass sie von jedermann legal getragen werden dürfen. Zweitens stimmt es zwar, dass das Mitführen von Messern bei bestimmten Ethnien, etwa aus dem nordafrikanischen Raum, dem Nahen und Mittleren Osten oder dem Balkan vermehrt zu beobachten ist, doch findet sich dieses Verhalten, wenn auch vielleicht in geringerem Maß, genauso bei Österreichern – und das nicht bloß in Gerhard Bronners legendärem „G’schupften Ferdl“.

Drittens aber ist es ein Irrglaube, dass primär Jugendliche zum Messer greifen. Dieses Erscheinungsbild kriminellen Handelns zieht sich quer durch die verschiedenen Altersschichten.

„Anlassgesetzgebung“ ist dann auch noch ein Argument, das von Kritikern zu hören ist. Davon kann aber tatsächlich nicht die Rede sein, ist doch die Initiative keine von Hektik und Hast gezeichnete überstürzte Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis. Sie fußt vielmehr auf ausreichenden Feststellungen im polizeilichen Alltag, Lagebeurteilungen und Analysen eines sich doch deutlich verändernden Bildes von Gewaltdelikten im öffentlichen Raum.

Waffenverbot zum Schutz aller

Und jenen, die meinen, das sei alles nicht polizeilich kontrollierbar, kann ich nur entgegnen, dass das Wichtigste das Zeichen des Gesetzgebers, das Zeichen der Gesellschaft ist, Waffen und Messer aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, um Gewaltauswüchsen entgegenzutreten. Kontrollen wird es, wie bisher, anlassbezogen geben. Das polizeiliche Einschreiten wird dann aber jedenfalls einfacher, weil es dieselben Regeln für alle im Land lebenden Menschen gibt.

Ein Ja zu einem solchen Waffenverbot trägt zum Schutz aller bei. Es beschneidet auch niemanden in seinen Rechten und Freiheiten.

Der Autor

Dr. Gerhard Pürstl (* 1962 in Wien) ist promovierter Jurist und trat 1988 in den Dienst der Wiener Polizei. Seit 2012 ist er Landespolizeipräsident der Landespolizeidirektion Wien. Autor zahlreicher juristischer Fachpublikationen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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