Expedition Europa

Wo sind die armenischen Mädchen?

„In den frühen Nul­ler­jah­ren kamen in Armenien 120 bis 140 Bu­ben auf ein Mäd­chen.“
„In den frühen Nul­ler­jah­ren kamen in Armenien 120 bis 140 Bu­ben auf ein Mäd­chen.“IMAGO/Alexander Patrin
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Expedition Europa: Ich begann über das Thema selektive Abtreibung zu recherchieren. ­Als Mann konnte ich daran nur schei­tern.

Armenien rühmt sich seiner frühchristlichen Zivilisation, ist aber mit einem Stigma ge­zeichnet – selektive Ab­treibungen weib­licher Fö­ten. Laut CIA Factbook lag Ar­me­ni­en 2017 nur knapp hin­ter Chi­na, gleich­auf mit In­dien und vor dem Erz­feind Aser­baid­schan: Auf 100 ge­borene Mäd­chen kamen 112 Bu­ben. Be­sonders aus­ge­prägt ist das Phä­nomen ab dem zwei­ten Kind. Für die drit­te Toch­ter ­­ha­ben alle Kau­kasus-Spra­chen spe­zielle Schimpfna­men. Sie be­deuten über­all das­sel­be: „Es reicht.“

Heute gibts mehr Tabletten anstatt rostiger Metallstücke

Ich begann das Thema, an dem ich als Mann nur schei­tern konnte, vor zweieinhalb Jahren zu recherchieren. Go­har Schah­na­sarjan, Di­rek­torin des „Center for Gen­der Stu­dies“ an der Staat­li­chen Uni­ver­sität und Co-Au­to­rin einer Stu­die zum The­ma, er­klär­te mir an ih­rem Jerewaner Arbeitsplatz, SSA (sex-se­lec­tive abor­ti­on) sei hier „nichts Ex­tre­mes, das hat es hier immer ge­ge­ben“. Heu­te werde we­niger zu Hause „mit rostigen Metallstücken“ abge­trie­ben, dafür mehr mit vom Arzt verschriebenen Tabletten. „In den frühen Nul­ler­jah­ren war Armenien führend, da kamen 120 bis 140 Bu­ben auf ein Mäd­chen.“ Weil: Der Sohn ist der Stammhalter. Auf Armenisch: „Der Hü­ter des Fa­mil­ien­rauchs“.

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