Kriminalität

„Egisto Ott hat nationale Sicherheit gefährdet“

Ott soll „systematisch“ Russlands Regimekritiker ausspioniert haben. Er sinnierte, wie man Attentate auf sie abwickeln kann.

Neue Details zu den Vorwürfen gegen den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott wurden am Donnerstag bekannt. Die Wochenzeitung „Falter“ zitierte aus der Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien, die zur Festnahme Otts am vergangenen Freitag geführt hatte. Laut der Behörde hat Ott „systematisch nicht für die Öffentlichkeit bestimmte geheime Tatsachen und Erkenntnisse sowie personenbezogene Daten aus polizeilichen Datenbanken zum Zweck der Übermittlung an Jan Marsalek (Ex-Wirecard-Vorstand, Anm.) und an unbekannte Vertreter der russischen Behörden gesammelt“.

Bereits bisher war bekannt, dass Ott für Russland den Investigativjournalisten Christo Grozev ausspioniert haben soll. Grozev hatte russische Spionageoperationen in Europa enthüllt, Russland erließ einen Haftbefehl gegen ihn. Grozev lebte in Wien, seine Adresse war im Melderegister gesperrt. Im März 2021 soll sich Ott, der damals schon als Polizist suspendiert gewesen ist und wegen Spionagevorwürfen in U-Haft gesessen hat, gegen Vorlage seines Polizeiausweises in einem Meldeamt die Adresse Grozevs verschafft haben. Die Adresse und Fotos des Wohnsitzes des Journalisten soll Ott dann an Marsalek weitergeleitet haben.

Wie der „Standard“ berichtet hat, sollen daraufhin im Juni 2022 mittlerweile in Großbritannien inhaftierte Agenten der Russen in Wien in die Wohnung Grozevs eingebrochen sein und dessen Laptop und USB-Stick geraubt haben. Anfang 2023 verließ Grozev Wien, nachdem ihn US-Dienste vor möglichen Anschlägen gewarnt hatten. Auf Otts Handy hatten die Ermittler auch eine „Fehleranalyse“ gefunden, in der Ott sinnierte, wie man Attentate auf Putin-Kritiker reibungslos abwickeln könnte: Ott erklärte dazu, das seien nur „Spielereien“ gewesen.

Partnerstaaten getäuscht

Ott war zwar eigentlich als Anti-Terror-Spezialist beim BVT abgestellt. Doch unter dem Vorwand, Extremisten zu beobachten, habe Ott in Wahrheit im Auftrag Russlands Regimegegner ausspioniert, die in Europa Schutz gesucht haben, schreibt die Staatsanwaltschaft. Dabei handelt es sich laut dem „Falter“-Bericht etwa um einen ehemaligen Mitarbeiter des russischen Geheimdiensts FSB, der in Montenegro Asyl erhalten hat. Auch ein russischer Geschäftsmann, der in Großbritannien gelebt hat, sei Zielperson gewesen. Gleiches gilt für ein Mitglied der Wahlkommission der Stadt Moskau.

Um an die Daten dieser Personen zu gelangen, soll sich Ott neben österreichischer auch britischer, kroatischer und italienischer Datenbanken bedient haben, auf welche er offenbar Zugriff hatte. Ahnungslosen Kollegen im In- und Ausland soll er vorgespielt haben, als Polizist in Extremismusfällen zu ermitteln, um an Informationen für die Russen zu gelangen. Die Daten soll Ott dann an Ex-Abteilungsleiter Martin Weiss gegeben haben, dieser leitete die Geheiminfos dann an Marsalek weiter, so der Vorwurf.

„Die Unterstützungshandlungen des Chefinspektors Egisto Ott sind geeignet, das Ansehen Österreichs innerhalb der europäischen Geheimdienste und Polizeibehörden negativ zu beeinflussen und somit konkrete vitale Interessen Österreichs negativ zu beeinträchtigen“, schreibt die Staatsanwaltschaft Wien in ihrer Anordnung. Ott habe „zur Sammlung der im Interesse Russlands gelegenen Informationen (auch) europäische Datenbanken (EUCARIS, VIS und SIS), die von der Europäischen Gemeinschaft geführt werden“ missbraucht, zitiert der „Falter“ aus dem Dokument. Ott habe „die nationale Sicherheit gefährdet“: „Der Informationsaustausch basiert auf gegenseitigem Vertrauen und wurde durch die Ersuchen des Ott im Interesse Russlands negativ beeinflusst.“ 

Otts Tätigkeit ab 2017

Auffallend ist, dass laut den nun bekannten Informationen Ott bereits im Jahr 2017 intensiv für Russland tätig gewesen sein soll. Bisher war nur bekannt, dass 2017 erste Hinweise von ausländischen Partnerdiensten über Otts mutmaßliche Spionagetätigkeiten beim BVT eingelangt waren. Die neuen Erkenntnisse legen nun jedoch nahe, dass Verfassungsschützer Egisto Ott bereits 2017 gleich mehrere Anfragen im Auftrag russischer Dienste gemacht haben soll.

Ott war nach Einlangen der Hinweise aus dem Ausland 2017 suspendiert worden. Die Suspendierung wurde 2018 gerichtlich aufgehoben, Ott wurde dann vom BVT in die Sicherheitsakademie des Innenministeriums versetzt. (dab)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.