Am Herd

Rumpelstilzen Sie da nicht herum!

Wir leben in einer Zeit des Bauchgefühls. Das heißt: Wir glauben unserem Bauch. Sollten wir aber nicht. Der Bauch ist ein genauso schlechter Ratgeber wie der Hausverstand.

„Mah, gehen mir die Leute auf die Nerven“, sagt meine Freundin. „Dauernd sind sie im Weg. Nie stehen sie bei der Rolltreppe rechts. Und der Typ vor mir an der Kassa kramt ewig in der Geldtasche nach Rabattmarken, und als er sie endlich gefunden hat, fallen ihm die Münzen auf den Boden. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, er soll gefälligst mit der Karte zahlen.“

„Ach was“, sagt meine Freundin: „Am liebsten würde ich sie umschubsen. Alle!“

Tut sie aber nicht. Und sie sagt auch nichts. Sie wartet, weicht aus, und dann ruft sie mich an und erklärt mir, wie gereizt sie im Moment doch sei, das Wetter oder PMS oder das neue Projekt, vielleicht auch alle drei oder etwas viertes, keine Ahnung.

Ich finde das beachtlich. Nicht, weil sie niemanden schubst. Aber weil sie weiß, dass es an ihr liegt. Und nicht an dem Typen an der Kassa.

Wir fallen nämlich meist allzu schnell auf den eigenen Ärger herein. Wir ärgern uns über Politiker und über Schiedsrichter, über Polizisten und über Passanten, über den Autofahrer, der zu lange gezögert hat und dann war die Ampel rot, und über die Kellnerin, die uns nicht gleich gehört hat. Wir empören uns über dies und über das, und je stärker das Gefühl ist, desto eher glauben wir, im Recht zu sein.

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