Kolumne

Traumjob Menschsein

Trotzdem Abheben zum Traumjob
Trotzdem Abheben zum Traumjob(c) Getty Images (pinstock)
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Die zunehmende Entfremdung des Menschen von der Natur hat sich in den letzten Jahrhunderten immer mehr verstärkt. In dieser Zeit hat sich unsere Arbeits- und Lebenswelt mehrmals verändert. Eine disruptive Erfindung jagte die andere, das Tempo ist ungemein, die Prozesse sind unumkehrbar und wir können nicht im Geringsten erahnen, wohin uns die Reise führt.

Dubai steht komplett unter Wasser und es wird gemutmaßt, dass die dafür verantwortlichen Regenfälle von Menschenhand, nämlich durch sogenanntes Wolkenimpfen, ausgelöst worden sind. Die Aufräumarbeiten dürften, zumindest derzeit noch in konventioneller Art und Weise erfolgen.

Also Menschen stehen mit Gummistiefeln im Dreck und räumen auf, Ärzte und Sanitäter kümmern sich um die Überflutungsopfer und irgendwann werden Bauarbeiter das Ganze wieder aufbauen. Das alles geschieht mittlerweile selbstverständlich unter Zuhilfenahme modernster Technik, die ebenfalls von Menschen erfunden wurde.

Nichtsdestotrotz steht der Mensch in diesem Fall nicht mehr nur der Natur gegenüber, sondern auch sich selbst. Aktuell und in Zukunft vielleicht noch vielmehr. Stellt sich also einerseits die Frage, wie es dazu kommen konnte und andererseits, welche Aufgaben warten auf uns in der Zukunft?

Wie kam es zu dieser Entfremdung?

Bis zum Beginn der Neuzeit stand für den Menschen die Erde im Mittelpunkt des Universums und unsere Sinneswahrnehmungen dienten, Gelehrtenstreitigkeiten mal ausgenommen, der Erforschung der Welt. Also was gesehen, gehört oder gespürt werden konnte, galt gemeinhin als wahr.

Mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften änderte sich unser Weltbild fundamental und man begann an der Unfehlbarkeit der Sinne zu zweifeln. Das wird als die sogenannte kopernikanische Wende bezeichnet. Damit einhergehend änderte sich auch unser Blick auf die Welt, besser gesagt auf die Dinge (Natur), die uns seit jeher umgeben sowie die Beziehung in der wir zu ihnen stehen.

Ganz einfach deshalb, weil niemand mehr mit Sicherheit sagen konnte, was und ob uns überhaupt etwas umgibt. Selbstredend hat diese Erkenntnis unser Verhältnis zur Natur nachhaltig (Wortwitz) schwer geprägt. Und vielleicht haben wir diesen Schock bis heute noch nicht verdaut.

Zu Anfang war dies ausschließlich Wissenschaftlern und Gelehrten bewusst und die Auswirkungen in den nächsten Jahrhunderten noch eher akademischer Natur. Erst mit dem Aufkommen der Industrialisierung gab es einen gewaltigen Umbruch, der auch die Arbeitswelt des Menschen komplett veränderte. Die Arbeit im herkömmlichen Sinn wurde notwendig, angetrieben vom technischen Fortschritt.

Unzählige Jobs und Berufe entstanden. Bis ins 20. Jahrhundert bleibt jedoch eine gewisse Trennung von Mensch und Natur erhalten, auch wenn die Beziehung bereits gestört ist. Heute wissen wir, dass wir damals bereits Kräfte entfesselt haben, deren Auswirkungen wir jetzt erst zu spüren bekommen.

Diese Weiterentwicklung erfolgt ungebremst und erreicht mit der Spaltung des Atomkerns wieder eine neue Dimension. Die Wissenschaft entwickelt ein Werkzeug, mit dem wir quasi auf Knopfdruck unseren Heimatplaneten zerstören können. KI, Gentechnik etc. sind der aktuelle Gipfel dieser Vorwärtsbewegung und es wird die Arbeitswelt abermals komplett über den Haufen werfen.

Mit Worten begreif- und beschreibbar ist das für den Menschen schon längst nicht mehr und diese Abstraktion spiegelt sich in der Arbeitswelt schon seit längerem in den uns umgebenden Jobtiteln wieder. Nicht einmal Experten haben einen genauen Überblick und es werden beinahe täglich mehr.

Den Bemühungen der HR-Abteilungen zum Trotz, die unentwegt versuchen jedem Job einen Sinn zu verleihen, wissen viele Menschen heute nicht mehr, warum sie ihren Job machen. Der Fokus liegt ausschließlich am Wie. Der Mensch handelt nur mehr und wirkt auf die Welt ein, ohne zu wissen wohin das alles führen kann und wird.

Was kann der Mensch noch arbeiten?

Eine einfache Empfehlung kann es an dieser Stelle naturgemäß nicht geben. Dazu ist unsere Welt als Ganzes zu komplex geworden und als Individuum ist diese Aufgabe ja gar nicht lösbar. Gelingen kann es nur als Kollektiv, wobei wir gerade im Moment davon meilenweit entfernt zu sein scheinen. Unsere aktuellen gesellschaftlichen Systeme (Politik, Kunst, Wissenschaft etc.) sind in der jetzigen Form wohl unzureichend, ebenso die unzählig in Erscheinung tretenden social media Apologeten. Es braucht vielleicht eine Traumjobrevolution, um dem Entgegenzutreten.

So viel sei gesagt: Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen kann immer nur der Mensch an sich sein. Und darüber hinaus vielleicht der Blickwinkel, von dem aus wir als Menschen unsere Welt betrachten. Ich persönlich denke, die Erde sollte wieder als unser Mittelpunkt ins Zentrum rücken. Sozusagen als eine Renaissance des geozentrischen Weltbildes.

Und außerdem lassen wir bewusst davon ab, nach dem archimedischen Punkt zu suchen, von dem aus wir die Welt aus den Angeln heben können. (Wenn das nicht schon längst passiert ist). Es sei denn wir wollen eines Tages in den Spiegel blicken und unseren Avatar fragen, welche Aufgaben er heute für uns zu tun hat. Das ist keine attraktive Zukunftsperspektive. Viel Vergnügen beim selber Nachdenken.

Gutes Gelingen

Michael Hanschitz

Knopp

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

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