Wohnen

Restaurierte Möbel: Es ist wieder mehr Zeit für Handarbeit

Auch im Luxussegment findet Wiederverwertung Gefallen.
Auch im Luxussegment findet Wiederverwertung Gefallen.Getty Images
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Die derzeitige Situation in der Branche hat wie jede Krise auch etwas Gutes: Statt hektischer Handwerkersuche und Erneuerung wird wieder verstärkt auf Restaurierungen und Originale gesetzt.

Schnell geht derzeit in Sachen Immobilien gar nichts. Alle warten wahlweise auf die erste Zinssenkung, den seit eineinhalb Jahren wöchentlich prognostizierten dramatischen Preisverfall oder die Nachbesserung der KIM-Verordnung. Was niemanden freut, aber wie jede Krise in manchen Nischen auch Positives hervorbringen kann. Denn derzeit erzeugt die nicht vorhandene Eile, Projekte fertigzustellen, vor allen bei historischen Objekten wieder Zeit und Muße, um den Blick auf die Wiederaufarbeitung vorhandener Materialien zu richten oder recycelte Originale zu kaufen und von Experten und Expertinnen verlegen, bespannen oder auftragen zu lassen.

Das ist in letzter Zeit auf der Strecke geblieben, wie Lisa Gasteiger-Rabenstein, Herausgeberin der Schlossseiten, berichtet: „Bis vor einiger Zeit sollte alles immer schnell, schnell gehen, weil die Handwerker ausgebucht waren und Objekte wiederverkauft werden sollten. Jetzt geht es vermehrt darum, Objekte für den Eigenbedarf authentisch und mit Anspruch herzurichten. Dafür nimmt man sich Zeit, wählt aus und ist auch bereit, entsprechend dafür zu zahlen“, sagt die Expertin. Die hat den Trend aktuell auch selbst genutzt, um gemeinsam mit der niederösterreichischen Farbenmanufaktur Cooper Colours eine eigene Wandfarben-Kollektion für historische Objekte zu entwickeln, die passenderweise auf den Namen Castle Colours hört.

Kamine, Teppiche und antike Möbel werden behutsam hergerichtet

Neben den Wänden stehen aber auch Details wie historische Kamine, Teppiche und alte Möbel hoch im Kurs. „Die gab’s bis vor Kurzem kaum, und es wollte sie auch niemand. Jetzt sieht man auf den Auktionen wieder klassische historische Teppiche, aber auch Biedermeier- und Bauernschränke, statt nur Midcentury-Modern-Mobiliar“, fügt sie hinzu. Letzteres gebe es zwar immer noch, aber inzwischen könne man für eine schöne Biedermeier-Kommode, die bis vor Kurzem fast verpönt war, jetzt wieder Geld bekommen.

Über das Revival der alten Schätze freut sich auch Tapezierer und Dekorateur Philippe Telliez, der in seinem Atelier beim Karmelitermarkt als einer der letzten Vertreter seiner Zunft textile Wandbespannungen – keine Tapeten – fertigt, antike Polstermöbel restauriert und in Handarbeit neue Bezüge nach alten Vorlagen herstellt, von Louis XV bis Koloman Moser. „Der Wind hat sich bei hochwertigen Stoffen genauso gedreht wie beim Essen und gutem Wein“, sagt der gebürtige Franzose, der das Geschäft demnächst an seinen Sohn übergeben wird.

»Wenn ich ein Fauteuil restauriere, hält das nicht nur fünf Jahre, sondern bekommt so etwas wie ein neues Leben.«

Philippe Telliez

Dekorateur

„Da geht es für die einen in Richtung McDonald’s und für die anderen in Richtung höchste Qualität. Ich habe mich entschlossen, bei der Qualität zu bleiben: Das ist zwar schwieriger, aber es zahlt sich aus. Sowohl finanziell als auch für das Ego“, betont er. Seine Kunden wüssten auch derzeit wieder, was Wert und Bestand habe, und sehen einen Auftrag an ihn als eine Investition. „Denn wenn ich ein Fauteuil restauriere, hält das nicht nur fünf Jahre, sondern bekommt so etwas wie ein neues Leben“, drückt er blumig aus, wofür seine Kundschaft zahlt – und auch bereit ist, Zeit zu investieren.

300 Jahre alte Böden

Ein neues Leben verschafft auch Patrick Kropik seinen Materialien. Er sucht, findet und restauriert historische Holzböden von Tafelparkett bis zu Dielen und vertreibt diese von Österreich bis Mallorca. „Wir demontieren historische, handgefertigte Böden aus ganz Europa, derzeit vor allem aus Frankreich, Spanien und Tschechien“, berichtet er. Die arbeitet er dann in seiner Baustoffmanufaktur in Gmünd wieder auf und ergänzt fallweise durch handgearbeitete Reproduktionen aus altem oder neuem Holz.

Ein Handwerk, das dem Zeitgeist und Wunsch nach Wiederverwertung entspricht, allerdings stagniere das Geschäft derzeit durch die Zurückhaltung in der Baubranche und die gestiegenen Preise ein wenig. Denn Handarbeit habe eben einen anderen Preis als industrielle Produktion, was aber diejenigen, die es sich leisten können, durchaus zu schätzen wissen. „Was wir produzieren, hat in über hundert Jahren noch seinen Wert“, ist er überzeugt. Und die Patina, die seine handbearbeiteten, bis zu 300 Jahre alten Böden – inzwischen bietet er auch alte Ziegel und Fliesen an – haben, sei mit einer Maschine nicht hinzubekommen. (sma)

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