Architektur und Design

Das Torfmoor bei Budapest: Naturlehrpfad statt Parkplatz

Ein rund 900 Meter langer Rundweg verbindet die einzelnen Stationen.
Ein rund 900 Meter langer Rundweg verbindet die einzelnen Stationen.Paradigma Ariadné/Szabolcs Molnár
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Zivilgesellschaftlicher Protest bewahrte das Torfmoor in der ungarischen Stadt Dunakeszi vor der Verbauung. Nun lädt ein Lehrpfad zu spannenden Erkundungen ein.

Naturlehrpfade präsentieren sich üblicherweise recht rustikal, als architektonische Aufgabe werden sie dagegen selten wahrgenommen. Anders verhält es sich beim Schildkröten-Lehrpfad von Dunakeszi in Ungarn. Dieser führt durch ein Torfmoor, außerhalb der nördlichen Stadtgrenze von Budapest, direkt neben dem Einkaufszentrum des internationalen Konzerns Auchan, der über eine Immobilientochter zugleich Bauherr ist. Es gibt eine langwierige und komplizierte Vorgeschichte, die Kurzversion lautet, dass wir ohne den langen Atem einer zivilgesellschaftlichen Protestbewegung anstelle der Moorlandschaft hier ein Parkhaus mit Tausenden Stellplätzen besichtigen müssten.

Das Moor von Dunakeszi ist einer der wenigen Überreste eines großen zusammenhängenden Feuchtgebietes in der Region um Budapest. Zu dessen Dezimierung hat schon die Donauregulierung beigetragen, viel mehr aber noch die Entwicklungen der allerjüngsten Vergangenheit, die mit Autostraßen und Gewerbe-Agglomerationen samt den damit einhergehenden Zu- und Abfahrten die Landschaft unwiederbringlich versiegelten.

»Der Star dieses Moors ist eine vom Aussterben bedrohte Sumpf­schildkröte, die hier die ideale Bodenstruktur zum Brüten vorfindet.«

Immerhin: In dem kleinen verbliebenen Gebiet gibt es eine abwechslungsreiche und dichte Vegetation, die für 50 Vogelarten geeignete Nistplätze anbietet. Selten sichtbar, aber für den Lehrpfad namensgebend und der Star des Moors ist die vom Aussterben bedrohte Sumpfschildkröte (Emys orbicularis), die hier die geeignete Nahrungsgrundlage und die ideale Bodenstruktur zum Brüten vorfindet.

Blau ist jene Farbe, die in der Natur am seltensten vorkommt.
Blau ist jene Farbe, die in der Natur am seltensten vorkommt.Paradigma Ariadné/Szabolcs Molnár

Bevor das sensible Ökosystem verschwunden war, kapitulierte der Handelskonzern Auchon schließlich und investierte statt in einen weiteren Parkplatz in den Naturlehrpfad. Ganz uneigennützig – das gibt man auch zu – ist das Engagement freilich nicht. Direkt vom Parkplatz des Shoppingcenters den Zugang zu einem einzigartigen Naturerlebnis zu haben ist ein Alleinstellungsmerkmal, und umgekehrt kalkuliert man damit, dass die Naturliebhaber sich aus dem Moor ins Kaufhaus locken lassen. Beim Lokalaugenschein an einem regnerischen Tag ist jedenfalls beides gut besucht.

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