Soziologie

Queere Menschen vermissen das Feiern in geschlossener Gesellschaft

In der LGBTQI+-Bewegung ist der Wunsch nach exklusiven Räumen und nach Partys in geschützter Gemeinschaft groß.
In der LGBTQI+-Bewegung ist der Wunsch nach exklusiven Räumen und nach Partys in geschützter Gemeinschaft groß. gettyimages
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Queere Partys werden immer mehr zum Mainstream. Was das für die Community bedeutet, hat Laura Wiesböck in einem Forschungsprojekt untersucht.

Menschen in glänzenden Lederoutfits, die sinnlich im Glitzerregen tanzen und ihre Identität jenseits gängiger Cis-Hetero-Vorstellungen zelebrieren. Solche Events – vor allem im Partykontext – spielen im Leben von queeren Menschen seit jeher eine wichtige Rolle. „Es ist ein zentraler politisch und historisch gewachsener Ort von queerer Infrastruktur, wo man – im Idealfall – nicht diskriminiert oder bewertet wird“, erklärt Soziologin Laura Wiesböck. Denn Fakt ist: Nach wie vor sind Menschen der LGBTQI+-Community höherer Diskriminierung ausgesetzt: am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem oder im öffentlichen Raum. Für diese Gruppe habe es deshalb einen hohen Stellenwert, Orte zu schaffen, die ein besseres Sicherheitsgefühl vermitteln und in denen sie Lust und Gemeinschaft feiern können. Nur werden solche Veranstaltungen immer mehr für nicht queere Menschen geöffnet und queer-exklusive Partys sukzessive durch queer-freundliche Events ersetzt. 

Auf queer gestyled

Das ist ein zentrales Thema in den Gruppendiskussionen, die Wiesböck im Zug des laufenden Forschungsprojekts „Queerdem“ zusammen mit Ekat Osipova von der TU Wien und Soziologiestudentin Ella O‘Connor mit 17 Personen geführt hat. Drei Gruppen waren involviert: Queere Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, eine Gruppe junger Flinta*-Personen (siehe Lexikon unten) und eine Gruppe junger schwuler Männer. Bewusst haben die Forschenden die thematischen Relevanzen nicht vorab definiert, man wollte beobachten, „welche Themen von den Beteiligten selbst als relevant erachtet werden“, erklärt Wiesböck. Der Mangel an Orten, wo dem „Queer Joy“ und den damit verbundenen politischen Werte frei Ausdruck verliehen werden kann, wurde in allen Gruppen als Problemstelle identifiziert. Als Gründe nannten die Personen die restriktive Clubkultur in Wien und das pandemiebedingte Clubsterben; aber auch: die Zunahme von gemischten Events, an denen Menschen teilnehmen, die die gelebte Realität des Queer-Seins nicht kennen.

»Immer mehr Menschen eignen sich queere Ästhetiken an, und bei gemischten Partys stellt eine solche Aneignung visueller Codes ein Sicherheitsrisiko dar.«

Laura Wiesböck

Senior Researcher am Institut für Höhere Studien in Wien

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