Economist-Insider

Elon Musk und die Tesla-Aktien

Mit Elon Musk verhält es sich in den USA ein wenig so wie mit dem Thema Abtreibung. 
Mit Elon Musk verhält es sich in den USA ein wenig so wie mit dem Thema Abtreibung. Reuters / Gonzalo Fuentes
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Ob man Elon Musk nun liebt oder hasst: Der Mann polarisiert und man verscherzt es sich schnell mit anderen Leuten, wenn man seine Meinung zu ihm kundtut.

             

Stefan Riecher
Economist-Korrespondent in New York

Stefan Riecher
 

Guten Morgen aus New York,

mit Elon Musk verhält es sich in den USA ein wenig so wie mit dem Thema Abtreibung. Egal, was man denkt: wenn man es laut ausspricht, macht man sich Feinde. Ob man nun ein Verbot von Abtreibungen ab der sechsten Woche gut findet, den Frauen das Recht geben möchte, die Schwangerschaft auch im letzten Drittel abzubrechen, oder irgendwo dazwischen steht, heftige Gegenmeinungen sind bei einem derart emotionalen Thema fix. Und ob man Elon Musk nun liebt oder hasst: Der Mann polarisiert und man verscherzt es sich schnell mit anderen Leuten, wenn man seine Meinung zu ihm kundtut.

In Österreich ist das anders. Da machen sich die meisten Medien seit der Musk-Übernahme von Twitter über den Unternehmer lustig und sofern man in den Chor einstimmt, ist alles gut. Es wird fest ausgeteilt und in der allgemeinen Bevölkerung ist Musk ähnlich beliebt wie eine Darmgrippe. Dabei reicht der Horizont vieler Musk-Kritiker kaum über den eigenen Tellerrand hinaus und mich stört das sehr. Hiermit oute ich mich als Musk-Fan und zwar nicht aus dem Bauch heraus, sondern nachdem ich mich ausführlich mit ihm beschäftigt habe. Falls es Sie interessiert, wie dieser Mann tickt und Sie sich eine umfassende und unabhängige Meinung bilden möchten, empfehle ich unter anderem seine vier Podcast-Auftritte bei Joe Rogan — insgesamt zehn Stunden —, die Musk-Biografie von Walter Isaacson sowie sein kürzlich geführtes Interview mit dem linksprogressiven Don Lemon. Fair enough, wenn Sie Elon Musk danach noch immer nicht mögen, aber ich wage zu behaupten, dass Sie ihn zumindest mehr respektieren werden als die allgemeine Neidgesellschaft in Österreich. Jetzt aber zum Punkt dieses Newsletters: Tesla-Aktien empfehle ich trotzdem nicht.

Dass Musk mit Tesla den wertvollsten Autohersteller der Welt aufgebaut hat, spricht für ihn. Und dass Tesla diese Woche mit einem Quartalsgewinn von 1,1 Milliarden Dollar „enttäuscht” hat, ist kaum relevant, weil die Aktie nach der Aussicht auf eine schnellere Produktion neuer Modelle zweistellig in die Höhe schnalzte. Allerdings liegt sie seit Jahresbeginn immer noch um ein Drittel im Minus, nicht zuletzt, weil die Bewertung zuvor in viel zu luftige Höhen angestiegen war. So wie die anderen Mitglieder der „Magnificent Seven” trieb der Hype um die Künstliche Intelligenz auch das Papier von Tesla an, ehe der in Texas ansässige Autobauer rückläufige Wachstumszahlen vermeldete und die Preise reduzierte.

Nun kann man durchaus der Meinung sein, dass Tesla weiter zulegen wird. Aus strategischer Sicht ist ein Kauf der Aktie allerdings kaum zu rechtfertigen. Mit einem Börsenwert von mehr als 450 Milliarden Dollar ist Tesla deutlich mehr wert als General Motors, BMW, Volkswagen und Ford zusammen. Wer bereits einen Indexfonds auf den S&P 500 hält — der in keinem Portfolio fehlen sollte —, hängt ohnehin bereits signifikant von der Fantasie um die Künstliche Intelligenz ab. Wer sich zusätzlich noch Tesla-Papiere ins Portfolio legt, setzt sich einerseits enormen Schwankungen aus und diversifiziert andererseits nicht ausreichend.

Ein intelligenter, langfristig orientierter Kleinanleger hält einen Großteil des Portfolios in Indexfonds auf relevante Märkte wie den S&P 500. Zudem versucht er, sich breit aufzustellen und in einem Umfeld, in dem sieben Aktien — Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Netflix, Meta und Tesla — knapp ein Drittel des S&P 500 Index ausmachen, macht es Sinn, sich bei Aktien außerhalb dieser Gruppe umzusehen. Wo genau, ist Geschmackssache: das kann beispielsweise der Finanzsektor, die Energiebranche oder der Gesundheitssektor sein — oder auch keine Einzelaktien, sondern bloß Indexfonds.

Ein anderes Thema ist es, sich aus Bewunderung für Elon Musk Tesla-Aktien zu kaufen. Können Sie machen, jedoch nur mit einem überschaubaren Teil des Kapitals. Sie müssen es ja nicht laut herumerzählen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine interessante nächste Woche.

Stefan Riecher

stefan.riecher@diepresse.com

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