Nahost-Konflikt

Razzien nach Schließung von Al-Jazeera in Israel

Das Hauptquartier von Al-Jazeera in Doha. Katar gilt als finanzieller Unterstützer der Hamas.
Das Hauptquartier von Al-Jazeera in Doha. Katar gilt als finanzieller Unterstützer der Hamas.Reuters / Naseem Zeitoon
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Der arabische Sender, der kritisch über den Krieg im Gazastreifen berichtete, wird in Israel nicht mehr aufrufbar sein. Kritiker werfen Al-Jazeera vor, als Sprachrohr der Hamas zu fungieren. Die UNO ruft dazu auf, das Verbot rückgängig zu machen.

Nach der Schließung von Al Jazeera in Israel ist das Büro des arabischen Fernsehsenders in Ostjerusalem durchsucht worden. Laut israelischen Medienberichten vom Sonntag wurden TV-Ausrüstungen beschlagnahmt. Al Jazeera zufolge nahmen israelische Kabel- und Satellitennetzanbieter den Sender aus ihren Angeboten.

Die israelische Regierung will die Tätigkeit des im Golfemirat Katar ansässigen TV-Netzwerks in Israel unterbinden, weil dieses „der Sicherheit Israels geschadet und gegen israelische Soldaten gehetzt“ habe. Al Jazeera wies Vorwürfe der Voreingenommenheit indes zurück.

Netanjahu: „Sprachrohr“ der Hamas

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warf dem Sender vor, ein „Sprachrohr“ der radikalislamischen Terrorgruppe Hamas zu sein. Es sei an der Zeit, dieses „aus dem Land zu werfen“. Netanyahu hatte bereits vor mehr als einem Monat eine rasche Schließung des im Golfemirat Katar ansässigen TV-Netzwerk in Israel angekündigt. Es hatte den Sender vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs schon mehrmals bezichtigt, „aktiv am Massaker am 7. Oktober teilgenommen“ zu haben. Auch Israels nationalreligiöse Regierung sprach bezüglich des Senders schon länger von einer voreingenommenen Berichterstattung

Das Parlament hatte Sonntagvormittag das sogenannte Al-Jazeera-Gesetz gebilligt. Dieses ermöglicht eine Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die Staatssicherheit eingestuft werden. Der israelische Kommunikationsminister Shlomo Karhi unterzeichnete daraufhin die Schließungsanordnung. Damit könnten nach Medienberichten Büroräume in Israel geschlossen, die Sendeausrüstung beschlagnahmt, der Sender aus dem Programm der Anbieter von Kabel- und Satellitenfernsehen entfernt und seine Internetseite blockiert werden.

Al-Jazeera spricht von „Verleumdung“

Al-Jazeera hat seit Beginn des Gaza-Kriegs ausführlich über die katastrophale Lage im Gazastreifen berichtet und Bilder von Tod und Zerstörung gezeigt, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind. Der Sender zeigt auch regelmäßig Videos des militärischen Hamas-Arms, der Qassam-Brigaden, von Angriffen auf israelische Soldaten.

Al-Jazeera wurde 1996 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Doha. Er galt als einer der ersten arabischen TV-Sender, der auch kritische Berichte über die Region veröffentlichte und gewann daher schnell an Popularität in der arabischen Welt. Kritiker werfen Al-Jazeera dagegen vor, als Sprachrohr der Hamas zu fungieren. Katar selbst galt vor Ausbruch des Gaza-Kriegs als einer der wichtigsten finanziellen Unterstützer der Terrororganisation. In Doha leben auch Spitzenvertreter der Hamas. (APA/dpa/Reuters)

Der Senders sprach nach der Verbotsverfügung der Regierung am Sonntag in einer Stellungnahme von „Verleumdung“: „Das Al-Jazeera-Medien-Netzwerk verurteilt diesen kriminellen Akt aufs Schärfste, der die Menschenrechte und das grundlegende Recht auf Zugang zu Informationen verletzt.“ Zugleich behielt sich der Sender rechtliche Schritte vor. Der Nachrichtenkanal pochte darauf, „der Öffentlichkeit unser Angebot weltweit zur Verfügung zu stellen, so wie es in internationalen Übereinkommen verankert ist.“ Man werde mit allen Mitteln gegen den Schritt vorgehen und die Rechte des Senders sowie die Mitarbeiter verteidigen.

UN-Menschenrechtsbüro kritisiert Entscheidung

Die im israelischen Sicherheitskabinett vertretene Partei Nationale Union von Benny Gantz zeigte sich mit der Schließung einverstanden, kritisierte aber den Zeitpunkt. Es handle sich um ein „schreckliches Timing“, das die gegenwärtig laufenden indirekten Verhandlungen mit der Hamas über eine Freilassung von Geiseln und Waffenruhe im Gaza-Krieg torpedieren könnte, erklärte die Mitte-Rechts-Partei.

Das vom Österreicher Volker Türk geleitete UNO-Menschenrechtsbüro kritisierte die Schließung. „Wir bedauern die Entscheidung des Kabinetts, Al Jazeera in Israel zu schließen“, hieß es auf der Plattform X. „Freie und unabhängige Medien sind wichtig, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten. Dies gilt umso mehr angesichts der strengen Beschränkungen für die Berichterstattung aus Gaza.“ Freie Meinungsäußerung sei ein zentrales Menschenrecht. „Wir fordern die Regierung dringend auf, das Verbot aufzuheben.“ Die US-Regierung hatte schon zu Anfang irritiert auf die Pläne des engen Verbündeten reagiert. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, man unterstütze die freie Presse überall auf der Welt.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

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