Büros

Raus aus dem Homeoffice: Firmen locken weiter mit Begegnungszonen

Gemeinschaftsflächen rücken in den Vordergrund: Etwa in der neuen Büro- bzw. Erlebniswelt bei Magenta.
Gemeinschaftsflächen rücken in den Vordergrund: Etwa in der neuen Büro- bzw. Erlebniswelt bei Magenta.Tecno Office Consult/Ewald Stückler
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Wenig Neubau: Auf dem Wiener Büromarkt wird es immer enger, die Leerstandsquote sinkt noch tiefer. Zeitgleich reagieren Unternehmen auf die neuen Gewohnheiten ihrer Mitarbeiter.

Lediglich 45.800 Quadratmeter wurden im Jahr 2023 an Büroflächen entwickelt. „2024 wird die Neuflächenproduktion wieder leicht steigen“, sagt Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. Aber selbst die prognostizierten rund 110.000 Quadratmeter werden nicht reichen: Da die Vermietungsleistung 2023 bereits bei 170.000 Quadratmetern lag, wird es eng auf dem Büromarkt. Die ohnehin tiefe Leerstandrate ist noch einmal von 4,1 auf 3,6 Prozent gesunken. „Die Schaffung größerer neuer Büroflächen in Wien ist stark rückläufig und beschränkt sich auf eine Handvoll Projekte“, berichtet Thomas G. Winkler, CEO der UBM Development. „Dies wird sich als echter Standortnachteil erweisen und ist auch nicht so schnell korrigierbar.“

»Die Schaffung größerer neuer Büroflächen in Wien ist stark rückläufig. Dies wird sich als echter Standortnachteil erweisen.«

Thomas G. Winkler

CEO der UBM Development AG

Die UBM Development entwickelt zwar das Leopold-Quartier-Office, den ersten Bauteil von Europas erstem Stadtquartier in Holz-Hybrid-Bauweise – allerdings erfolgte im April erst die Grundsteinlegung. „Unternehmen, die zusammenhängende Büroflächen von mehr als 2000 m² an einem der Topstandorte suchen, müssen Vorlaufzeiten von gut zwei Jahren einplanen“, so Wernhart.

Grundsätzlich befindet sich „der gesamte Wiener Immobilienmarkt in einem beschleunigten Transformationsprozess“, analysiert Michael Klement, CEO der United Benefits Holding. Die Pandemie war in diesem Zusammenhang jener Impulsgeber, der große Veränderungen in den Bürowelten der Unternehmen eingefordert hat. „Die Akzeptanz von Homeoffice und Desksharing in Unternehmen war zuvor schwierig bis unmöglich durchzusetzen“, weiß Ewald Stückler, Gesellschafter der Tecno Office Consult.

Auslastung in den Büros variiert stark

Jetzt sieht die Situation ganz anders aus, denn die Ansprüche nach Flächen haben sich verändert – ebenso die Arbeitszeiten. „Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sind alle Büros in der Regel zu 100 Prozent belegt, montags und freitags sind viele Büros verwaist. Oft sind nicht einmal 30 Prozent der Belegschaft im Büro“, meint Stückler. „Geht man im Jahr 2024 durch Bürolandschaften, sind diese meist geprägt von Leerstand und der Suche nach einzelnen Mitarbeitern auf den Büroflächen der Firmen.“ An vielen Tagen werden fast keine Bürotische benötigt, an wenigen reichen dafür nicht einmal die gesamten 100 Prozent der Arbeitsflächen aus.

Weniger Schreibtische, rotierende Arbeitsplätze, mehr Begegnungszonen

Konzerne haben dies erkannt und verändern die sogenannten Arbeits- und Erlebniswelten für ihre Mitarbeiter. „Bürotische werden entfernt und stattdessen entstehen Flächen zur Kollaboration, also Begegnungszonen für Mitarbeiter in einer neuen Aufenthaltsqualität“, erzählt Stückler, der erst kürzlich das Headquarter von Woom fertiggestellt und Magenta in eine neue Bürowelt begleitet hat.

In Deutschland ist die Entwicklung ähnlich. „Die Ticketgrößen bei den Anmietungen verändern sich in dem Sinn gar nicht“, sagt Peter G. Neumann, geschäftsführender Gesellschafter der Rock Capital Group aus München. Unternehmen verzichten mit Blick auf rotierende Arbeitsplätze zwar insgesamt auf etwas Fläche pro Mitarbeiter. Die eingesparten Quadratmeter geben sie jedoch für mehr Qualität bei den Gemeinschaftsflächen und bei der Lage aus.

Ähnlich wie in Österreich sind New-Work-Bürowelten gefragt, die zudem das Thema Nachhaltigkeit bedienen. „Wenn mietende Firmen ihre Klimabilanz erreichen wollen, kommen sie um energieeffiziente Objekte nicht herum“, weiß Neumann. Wernhart bestätigt die Entwicklung auf dem heimischen Büromarkt: „Energieeffizienz, die Verwendung nachhaltiger Energiequellen, ein attraktives und begrüntes Arbeitsumfeld sowie eine optimale Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind in Zeiten von ESG zu den wichtigsten Entscheidungskriterien geworden, dieser Trend ist bereits unumkehrbar.“

Büroprojekte Wien, Fertigstellung 2024

47.700 m2 Francis, 9. Bezirk, Althanstraße

22.500 m2 Central Hub, Twenty One, 21., Siemensstraße 87–89

13.000 m2 Carré Muthgasse, 19., Muthgasse 105

12.500 m2 Grand Central, 21., Schloßhofer Straße 17

10.100 m2 Robin Seestadt, 22. Bezirk

Quelle: EHL Immobilien

„Nachhaltigkeit ist ein Buzzword (oft verwendetes Schlagwort, Anm.), aber eben auch nicht mehr wegzudenken“, bestätigt Klement. „Sie bleibt zentral, ob bei Bestand oder Neubau.“ Er ist überzeugt, dass selbst nachhaltige Neubauprojekte in peripheren Lagen sich sukzessive füllen werden, da man innerstädtisch nicht so schnell nachhaltig neu- und umbauen könne, wie die Nachfrage in den nächsten Jahren steigen werde.

Assetklasse Büro: Chancen für Entwickler

Büros, die nachhaltig nicht funktionieren, erhalten ein „Redevelopment“, werden also umgenutzt bzw. neu entwickelt. Aber nicht nur Bürogebäude, merkt Klement an: „Große Handelsimmobilien wie das Ekazent Hietzing werden neu gedacht und zu Mixed-Use-Immobilien umgenutzt.“ Wo früher auf drei Etagen ein Modehändler seine Waren verkauft hat, können in ausgewählten Lagen auf ein, zwei Etagen künftig Büro und Wohnen einziehen – „wenn das sinnvoll und baurechtlich möglich ist“.

In der Assetklasse Büro gibt es zwar Unsicherheiten durch Umbrüche auf den Märkten, die Konjunkturabkühlung oder die Zinslandschaft, „aber gleichzeitig ergeben sich daraus interessante Chancen, da viele Branchenplayer dieses Segment derzeit meiden“, sagt Klement: „Wer sich an das Asset heranwagt, kann entsprechend belohnt werden.“

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