„Ich habe ein Problem, wenn Menschen ihre Biografie hier nur als Diskriminierung erzählen“, sagt der Integrationsexperte Kenan Güngör. Er zog mit sechs Jahren von einem kurdischen Bergdorf nach Köln und lernte zuerst Türkisch, dann Deutsch.
Ihr Büro ist gar nicht so leicht zu finden.
Kenan Güngör: Ja, und das war in der Vergangenheit manchmal gar nicht so schlecht.
Warum?
Wenn ich über schwierige Themen spreche, etwa, wenn ich das autoritäre Regime in der Türkei kritisiere, bekomme ich sehr viel „Liebespost“ von türkischen Nationalisten und Erdoğan-Fanatikern, die mich als Landbeschmutzer und Vaterlandsverräter bezeichnen. Oder wenn ich über den IS gesprochen habe, über den ich viel geforscht habe. Das ist natürlich ein Risiko. Da war es gut, dass die Büroräumlichkeiten von außen nicht leicht erkennbar sind.
Gab es Zeiten, in denen Sie Angst um sich und Ihre Familie hatten?
Angst nicht, Sorge schon. Eine Zeit lang habe ich vermieden, in bestimmte Lokale mit meiner Familie gemeinsam hinzugehen. Es kommt immer wieder vor, dass mich Leute ansprechen, die meisten freundlich, aber auch durchaus kritisch. Sie sagen: „Herr Güngör, ich schätze, was Sie machen, aber warum kritisieren Sie uns in diesem und jenen Punkt?“ Das ist völlig in Ordnung. Manchmal aber habe ich, wenn ich in einem Café gesessen bin, vom Nachbartisch Blicke bekommen, die nicht freundlich sind. Diese angespannte Stimmung nehme ich ganz genau wahr. Und es ist ja nicht so, dass Leute deshalb noch nie angegriffen worden sind.
Sie auch?