USA - Nahost: "Harte, unsentimentale, brutale Verhandlungen"

Sowohl US-Präsident Bush als auch sein Herausforderer Kerry wollen sich nur dann im Nahost-Friedensprozess engagieren, wenn es eine neue PLO-Führung gibt.

WASHINGTON. Mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat werde es keine Verhandlungen, keine Bewegung, nicht einmal den Versuch einer Annäherung im Nahost-Konflikt geben. In diesem Punkt sind sich in den USA Demokraten wie Republikaner einig. "Arafat wird niemals Frieden schließen, der endlose Kampf ist sein Leben", heißt es in Kreisen rund um US-Präsident George W. Bush. "Gibt es keine neue Führungspersönlichkeit, wird nicht verhandelt", erklären auch Berater des Bush-Herausforderers John Kerry.

Bei kaum einem anderen Thema stimmen Demokraten und Republikaner so überein wie in der Nahost-Frage. Bush spekuliere dabei allerdings nicht mit den Stimmen der jüdischen Gemeinschaft, meint Judith Kipper, Direktorin des Nahostforums im Center for Strategic and International Studies in Washington D. C. Bush könne auch im besten Fall nur mit maximal 35 Prozent der Stimmen der traditionell demokratisch wählenden Juden rechnen. Es sei die große Masse an christlichen Fundamentalisten, die eine harte Linie gegenüber den Palästinensern befürworte, meint Kipper. Und diese Stimmen zählen.

Experten in Washington sind alarmiert. Sollte der künftige US-Präsident die Nahostpolitik nicht zur Priorität machen, drohe ein Szenario, das niemand bisher habe wahrhaben wollen, meint etwa Aaron David Miller, Direktor des Instituts "Seeds for Peace" in Washington, D. C. "Das bedeutet, dass es niemals Frieden in dieser Region geben wird." Miller spricht von einem Paradigmenwechsel; es gebe nicht einmal mehr einen Verhandlungsrahmen. "Die Road-Map ist tot." Gesprächsbereitschaft sei nicht mehr vorhanden, beide Seiten seien "traumatisiert" und beanspruchten das Monopol auf "größtmögliches Leid". "Und wer nass ist, hat auch keine Angst mehr vor Regen."

Der neue US-Präsident müsse mit "brutaler Ehrlichkeit" handeln, fordert der Nahost-Experte. Denn in der Vergangenheit seien viele Fehler passiert, räumt Miller ein. Er selbst hat in den vergangenen 20 Jahren insgesamt sechs US-Außenminister in Nahost-Fragen beraten. "Auch ich habe vor vier Jahren Camp David als mögliche Lösung empfohlen."

Doch es sei damals ein "monumentaler Fehler" gewesen, den Nahost-Gipfel einzuberufen. Er habe seine Lektion gelernt, meint Miller: Es gehe nicht darum, sich Verdienste um den Friedens-Prozess zu erwerben, indem man keiner Seite zu nahe trete. "Was nötig ist, sind harte, unsentimentale, brutale Verhandlungen."

Eine eigene unabhängige US-Linie, die "beide Seiten mit Härte" behandle, sei unumgänglich. "Wir haben in der Vergangenheit zu sehr auf die Israelis gehört." In Zukunft müsse eine bessere Balance gefunden werden. Der neue Präsident müsse entweder einen Sonderbeauftragten ernennen oder seinem künftigen Außenminister klar machen, dass der Nahostfriedensprozess keine Sache für "Wochenend-Diplomatie" sei. Miller: "Will man etwas weiterbringen, muss Tag und Nacht daran gearbeitet werden."

Arafats Stellung unter den Palästinensern als "Symbol ihrer Identität" müsse indessen als Realität akzeptiert werden, so umstritten der PLO-Chef auch sei. "Solange er unter Hausarrest steht, bekommt er nur noch mehr Sympathien". Dadurch könnten sich auch keine möglichen Herausforderer herausbilden.

Darüber hinaus, so Miller, dürften die USA nach der Erfahrung im Irak "niemals mehr den Eindruck in der Welt erwecken, als wollten wir die Führung eines Landes bestimmen".

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