Der Rekordzeit-Machthaber

Der Altrevolutionär soll weitere fünf Jahre Kubas politische Geschicke leiten.

WIEN. 76 Jahre und offenbar kein bisschen müde. Aber der kubanische Machthaber Fidel Castro war doch einigermaßen erschöpft, als er zu Beginn der Woche von einer ausgedehnten Asienreise heimkehrte. Schon heute, Donnerstag, aber will es der Welt dienstältester Staatschef allen wieder zeigen.

Der Volkskongress, Kubas Einparteienparlament, tagt. Er soll für die nächsten fünf Jahre einen neuen Staatsratsvorsitzenden wählen. Fidel Castro, wen sonst? 2008 wäre Castro 81 Jahre alt und fast fünf Jahrzehnte im Amt (am 1. Jänner 1959 kam der bärtige Revolutionsführer die Macht). Er hätte dann schon den zehnten oder gar elften Amtsinhaber im Weißen Haus politisch überlebt - ein Weltrekord.

Aber diese eindrucksvollen Zahlen markieren nur die äußere Fassade eines inzwischen völlig versteinerten kommunistischen Regimes. Schon seit dem Kollaps des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa predigt Castro die Parole von "Socialismo o muerte" - Sozialismus oder Tod - die freilich sein Elf-Millionen-Land keinen Schritt weitergebracht, sondern wirtschaftlich und sozial immer weiter zurückgeworfen hat.

Da half auch nichts, dass er vergangenes Jahr den Sozialismus als "irrevocable", als unwiderruflich in der Verfassung festschreiben ließ. Was das lethargische, reformresistente Land in den vergangenen Jahren noch einigermaßen über Wasser gehalten hat, waren in erster Linie die Überweisungen der Exilkubaner und Deviseneinnahmen aus dem Tourismus. Die verrosteten amerikanischen Straßenkreuzer aus den fünfziger Jahren auf Kubas ramponierten Verkehrswegen sind wie ein Symbol für den Stillstand und die Perspektivlosigkeit im Geschehen auf der Insel. Echte, tiefer greifende Reformen hat Castro nie gewagt - oder nach kurzen Experimentierphasen stets wieder abgeblasen.

Der m¡ximo l­der hat mit seinem außergewöhnlichen Charisma und revolutionärer Rhetorik immer wieder über die prekäre wirtschaftliche und soziale Lage seines Landes hinwegtäuschen können. Was aber wird aus dem "unwiderruflichen Sozialismus", wenn Castro einmal nicht mehr ist? Ist ein "Castrismus ohne Castro" überhaupt möglich sein?

Castro glaubt, insofern vorgesorgt zu haben, als er seinen um fünf Jahre jünger Bruder Raul als Nachfolger designiert hat. Aber manche Kuba-Kenner glauben keineswegs an die "Unsterblichkeit des Castro-Sozialismus" nach dem Ableben des Altrevolutionärs. Die Szenarien für die Post-Castro-Ära reichen von einer gewaltlosen Implosion des Systems wie in der Sowjetunion 1991 bis zu blutigen Bürgerkriegswirren; dies vor allem dann, wenn Exilkubaner in Scharen aus Florida zurückkehren und ihren vor über 40 Jahren verstaatlichen Besitz zurückverlangen.

Viel wird davon abhängen, wie sich die Armee verhalten wird: ob sie eine politische Liberalisierung und wirtschaftliche Öffnung nach Castro zulassen oder sich seiner solchen Entwicklung mit Waffengewalt entgegenstellen wird.

Es wird in jedem Fall schwer genug: Denn nach über vier Jahrzehnten Castro-Sozialismus ist Kuba eine geistige Wüstenlandschaft, in der Werte wie Arbeitsmoral, politische Toleranz, Zivilcourage, Eigeninitiative weitgehend ausgetrocknet sind.

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