"Nirgendwo wird mehr gelogen als bei Gegengeschäften"

Eurofighter-Tag. Auf drei Pressekonferenzen sonnten sich Minister und Chefs des Eurofighter-Produzenten im Scheinwerferlicht. Transparenz heißt das Zauberwort - wenn es nicht gerade um Hintergründiges geht.

Er ist der ganze Stolz des Verteidigungsressorts: der Eurofighter Typhoon in Miniaturausgabe. Bei der Pressekonferenz von Verteidigungsminister Herbert Scheibner steht das Modell absolut im Mittelpunkt. Denn statt Fragen der Journalisten zu beantworten, lassen sich Scheibner und Aloysius Rauen, Chef der Sparte Militärflugzeuge des Eurofighter-Produzenten European Aeronautic Defence and Space Company (EADS), lieber ablichten.

Das Blitzlichtgewitter rund um den Auftritt Scheibners blieb am Mittwoch allerdings nicht das einzige in Sachen Abfangjäger: Zu insgesamt drei verschiedenen Pressekonferenzen hatten EADS, Regierungsmitglieder und Interessenvertreter geladen. Nachdem sich Österreich für Exklusiv-Verhandlungen mit der EADS entschieden hat, ist offenbar ein neuer Kampf entbrannt: jener um den besten Platz im Scheinwerferlicht.

Punkt neunhundertdreißig (9.30 Uhr) verkündet Scheibner im Ministerium, daß die Verhandlungen nun "rasch, zügig und kompetent" beginnen. An seiner Seite hat Rauen ebenfalls "Sensationelles" zu berichten: Er sei "stolz" und "glücklich" über den Zuschlag. Viel mehr haben die beiden nicht zu erzählen, das Pulver soll nicht verschossen werden.

So geht's nach ausgedehntem Photo-Shooting zur nächsten Pressekonferenz. Das EADS-Konsortium läßt in die schicke Skybar über den Dächern Wiens bitten. Diesmal ohne Minister, sogar Fragen sind erlaubt. Mit von der Partie auch ein Ex-Politiker, der sein Comeback feiert: Gernot Rumpold, der bekanntlich als FP-Bundesgeschäftsführer eine recht unglückliche Hand bewies. Er ist als Eisbrecher für die EADS unterwegs.

In der Skybar bemüht sich die EADS sichtlich um Offenheit: "Nirgendwo wird mehr gelogen als bei Offsetgeschäften (Gegengeschäften, Anm.) und bei Belobigungsreden auf Beerdigungen. Wir wollen mehr Transparenz hineinbringen", so Rauen. Transparenz scheint überhaupt der neue PR-Schlachtruf in der Abfangjäger-Debatte zu sein.

So betont auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bei seiner Pressekonferenz um die Mittagsstunde am Stubenring, wie wichtig eben diese Transparenz sei. Freilich ist dies nicht ganz einfach: Schließlich geht es um eine Menge Geld, um das sich heimische Firmen raufen werden. "Bei uns stehen die Firmen regelrecht Schlange", bestätigen die mit Bartenstein erschienenen Lorenz Fritz von der Industriellenvereinigung (IV) und Christian Domany von der Wirtschaftskammer.

In Summe geht es um knapp fünf Milliarden Euro, die über Aufträge an Österreichs Firmen zurückfließen sollen. Das Potential scheint freilich vorhanden: So stehen hinter EADS nicht nur die Länder Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien, sondern auch das Airbus-Konsortium und der Autokonzern DaimlerChrysler.

Rauen weiß natürlich, in welche Kerbe er zu schlagen hat: So werde gerade jetzt intensiv darüber verhandelt, ab 2005 den neuen Jeep Cherokee bei Magna in Graz und nicht in den USA fertigen zu lassen. "Und darüber reden wir nur aufgrund der Abfangjäger-Anschaffung", versichert Rauen. Beweis wie Gegenbeweis dürften wohl nur sehr schwer zu erbringen sein.

Klar, daß nur wettbewerbsfähige österreichische Unternehmen bedient werden sollen. Zwischen den Zeilen wird aber offensichtlich, daß es für die Firmen entscheidend sein wird, von Beginn mit an Bord zu sein: So soll laut Domany ein möglichst hoher Anteil der auf 15 Jahre ausgelegten Gegengeschäfte baldigst fixiert werden.

Mit 20 Firmen sind die Verhandlungen bereits weit gediehen, der Rest ist mehr oder weniger offen. Wer diese 20 Firmen sind, wird vom Minister offiziell unter Verschluß gehalten. Ein Teil ist allerdings bereits bekannt (siehe untenstehenden Artikel).

Richtig unbequem kann Transparenz jedenfalls dann sein, wenn es um die vielen "Gschichteln" geht, die im Hintergrund laufen. Während die Wirtschaftskammer mit Augenmerk auf mögliche Gegengeschäfte für den Eurofighter votiert hat, war etwa die Industriellenvereinigung bis zuletzt hin- und hergerissen. Schließlich gab es doch einen leichten Drall in Richtung Gripen. Dabei soll Magna, Nicht-Mitglied der IV und einer der potentiellen Gewinner bei den Eurofighter-Kompensationen, zuvor noch alle Register gezogen haben: Selbst der Beitritt Magnas zur IV sei offeriert worden. Letztendlich womöglich alles vergebene Liebesmüh, der Eurofighter wird ohnehin gekauft.

Die reichlich angetretene Journalistenschar wußte freilich, daß "offiziell" nur Banaleres zu erfahren war. Etwa, wie es denn nun mit dem Preis für die 24 Abfangjäger stehe. Stimmen nun die von Scheibner angepriesenen 1,79 Milliarden Euro oder doch die von der "Presse" anhand von Dokumenten publizierten 2,4 Milliarden Euro? "Der Verteidigungsminister kennt unser Angebot", lautet die nicht gerade aufschlußreiche Auskunft von Seiten der EADS. Sicher ist sich derzeit nur die Opposition: So spricht die SPÖ bereits nur mehr von den "Teurofightern".

Beschlossene Sache ist aus Rauens Sicht allerdings, daß 24 Eurofighter - und nicht etwa 20 oder gar nur 18 - nach Österreich geliefert werden sollen. Die ersten beiden sollten Ende 2004 landen, zehn weitere ein Jahr später, fünf Exemplare im Jahr 2006 und die letzten sieben Ende 2007.

Ob der Deal überhaupt noch scheitern kann? Kann er, so alle Beteiligten. Allerdings ist diese Variante eine höchst theoretische. "Der Vertrag ist dann fix, wenn beide Seiten unterschrieben haben", so Rauen. Und das dürfte frühestens im September so weit sein.


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